DIPLOMATISCHE BEZIEHUNGEN .
Nicht nur Peking fehlt beim Appell
China ist nicht das einzige Land, das keine diplomatischen Beziehungen zum Hl. Stuhl unterhält. Noch 17 andere Staaten befinden sich aus verschiedenen Gründen in dieser Situation. Von Afghanistan bis Vietnam.
von Gianni Cardinale
1978 belief sich die Zahl der Staaten, zu denen der Hl. Stuhl volle diplomatische Beziehungen unterhält, auf 84. Nach dem 18. November 2002, als die Anknüpfung diplomatischer Beziehungen – dieses Mal zu Qatar – angekündigt wurde, waren es schon 174. Dazu kommen noch die Russische Föderation und die PLO, zu denen diplomatische Beziehungen besonderer Natur bestehen (in Moskau und in Rom residieren nur „Repräsentanten“: das fehlende Bestehen voller diplomatischer Beziehungen scheint auf seitens der orthodoxen Hierarchie ausgeübten Druck zurückzuführen sein). Der Hl. Stuhl unterhält auch Beziehungen zur Europäischen Union und zum Souveränen Malteser-Ritterorden; hat Ständige Beobachter bei den wichtigsten internationalen Organisationen, beispielsweise der UNO (Sitz New York und Genf), der FAO, UNESCO, OSZE, der WHO und auch der Liga der Arabischen Staaten und der Organisation der Afrikanischen Einheit. Zu den 174 Ländern, die mit dem Hl. Stuhl in diplomatischen Beziehungen stehen, gehört auch China-Taiwan, wo jedoch seit 1979 kein Nuntius mehr residiert, sondern nur ein einfacher „Geschäftsträger ad interim“. Und das in Erwartung des Zeitpunkts, zu dem die Nuntiatur endlich nach Peking verlegt werden kann.
Abgesehen von dem jüngst hinzugekommenen Montenegro gibt es also noch 18 Staaten, zu denen der Hl. Stuhl noch keine diplomatischen Beziehungen unterhält. Staaten, die sich zum Großteil in Asien, aber auch in Afrika und Ozeanien befinden, mit größtenteils islamischer Mehrheit; meist Staaten, die von einem kommunistischen Regime oder einer Diktatur regiert werden. 10 dieser Länder haben nicht einmal einen vatikanischen Gesandten: Afghanistan, Saudi-Arabien, Bhutan, Volksrepublik China, Nordkorea, Vereinigte Arabische Emirate, Malediven, Oman, Tuvalu und Vietnam. In acht anderen Ländern dagegen gibt es lediglich Apostolische Delegaten (päpstliche Repräsentanten bei den lokalen katholischen Gemeinschaften, nicht aber bei den Regierungen): vier in Afrika (Botswana, Komoren, Mauretanien und Somalia) und vier in Asien (Brunei, Laos, Malaysia, Myanmar).
Außer China gibt es also noch 17 andere Länder, zu denen der Hl. Stuhl keine vollen diplomatischen Beziehungen unterhält. Einige davon haben dennoch eine Delegation zu den offiziellen Zeremonien geschickt, die das Ausklingen des Pontifikats Wojtylas und den Anbruch des Pontifikats Ratzingers bezeichnet haben. So waren bei der Messe zum Beginn des Pontifikats von Benedikt XVI. beispielsweise die Repräsentanten Afghanistans, Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Malaysias, Omans und Vietnams vertreten. Am Trauergottesdienst für Johannes Paul II. nahmen dagegen die Repräsentanten Bruneis und Somalias teil. Außer China (trotz reservierter, diesbezüglicher Verhandlungen zwischen der chinesischen Botschaft und dem Quirinal und anderen hohen Würdenträgern des Staatssekretariats) ließen noch neun andere Länder dagegen nichts von sich hören: Bhutan, Botswana, Komoren, Nordkorea, Laos, Malediven, Mauretanien, Myanmar und Tuvalu. Man muß noch anfügen, daß es auch Länder gibt, wie Afghanistan und Somalia, die bereits Interesse an diplomatischen Beziehungen zum Hl. Stuhl zeigten. Vietnam hat diesen Wunsch sogar öffentlich zum Ausdruck gebracht; seitens der Papstdiplomatie wurden bereits diesbezügliche Schritte in Sachen Vereinigte Arabische Emirate und Oman eingeleitet. Unbeugsam dagegen scheinen islamische Staaten wie Saudi-Arabien zu sein, wo der katholische Kult noch immer verboten ist, oder die Malediven, wo nicht einmal Priester einreisen dürfen, um den vielen katholischen Touristen auf der Inselgruppe beizustehen. Derzeit beläuft sich die Zahl der Länder mit residierendem Botschafter in Rom auf ca. siebzig. Die anderen werden normalerweise durch Diplomaten mit Residenz in anderen europäischen Hauptstädten repräsentiert. Es ist bekannt, daß der Hl. Stuhl keine Botschafter akzeptiert, die auch am Quirinal akkreditiert sind.
Hier wäre es vielleicht angebracht, einen kleinen Überblick über das Diplomatische Korps des Hl. Stuhls zu geben. Mit der am 13. April bekannt gemachten Ernennung von Leopoldo Girelli zum päpstlichen Repräsentanten in Indonesien, beläuft sich die Zahl der weltweit eingesetzten Apostolischen Nuntien derzeit auf 102, von denen einige mehrere Länder „abdecken.“ Die Hälfte davon (51) sind Italiener, was jedoch unter dem in der Vergangenheit erreichten Schnitt liegt (1961 stellte Italien 48 von 58 Nuntien, also 83%; 1978 waren es 55 von 75, also 73%). Immerhin kommen aus Italien jedoch die Nuntien in kirchlich und/oder politisch so bedeutenden Ländern wie Frankreich. USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Kolumbien. Mexiko, Philippinen, Israel-Jerusalem und Palästina, Russland und Italien. Die anderen Nuntien kommen hauptsächlich aus dem übrigen Europa (30, 7 davon Spanier, 6 Franzosen, 5 Polen, 3 Schweizer), aber auch aus Asien (14, 6 davon aus Indien und 3 von den Philippinen), aus Nordamerika (6, alles Amerikaner), und Afrika (1, aus Uganda). Alle Nuntien gehören dem Weltklerus an, nur drei nicht: der aus Venetien stammende Scalabrinianer Silvano Tomasi (UNO-Sitz Genf), der dem Verbiten-Orden angehörende Amerikaner Michael A. Blume (Benin) und der englische Afrika-Missionar Michael L. Fitzgerald (Ägypten). 9 von 10 kommen von der Päpstlichen Diplomatenakademie des Hl. Stuhls. Außer den 3 Ordensmännern stellen noch 7 andere, derzeit tätige Nuntien eine Ausnahme dar: die Libanesen Mounged El-Hachem (Kuwait) und Edmond Fahrat (Österreich), der Spanier Felix del Blanco Prieto (Malta), der Venezianer Claudio Gugerotti (Georgien), der Pole Jozef Kowalczyk (Polen), der aus Kampanien stammende Angelo Mottola (Iran), der Kraoate Martin Vidovic (Weißrußland).
Eine interessante Bemerkung am Rande: unter den 51 italienischen Nuntien, sind besonders zahlreich die aus der Lombardei und Venetien (jeweils 8) vertreten, gefolgt von denen aus Apulien (6), Kampanien und Piemont (jeweils 5), und denen aus den Marken und Sizilien (jeweils 4). Nach dem Rücktritt des kolumbianischen Erzbischofs Gabriel Montalvo von seinem Amt als Nuntius in den Vereinigten Staaten am 17. Dezember vergangenen Jahres steht derzeit kein lateinamerikanischer „Botschafter“ im Dienst des Papstes.