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Aus Nr. 03 - 2007

Die Erwartungen des Christenvolkes sind nicht enttäuscht worden



von Kardinal Salvatore De Giorgi



Mir wurde die Gnade zuteil, am Konklave teilzunehmen, bei dem Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst gewählt wurde: eine unvergessliche Erfahrung, die mich in der Gewissheit bestätigt hat, dass es der Heilige Geist ist, der die Kirche Jesu leitet nach den Plänen des Vaters.
Als Priester hatte ich Prof. Ratzinger bereits durch seine zahlreichen und erleuchteten Publikationen als bedeutenden Theologen kennen gelernt. Als Bischof lernte ich ihn persönlich kennen, als ich den damaligen Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre 1985 in Foggia und 2000 in Palermo willkommen heißen durfte. Die zahlreich in der Kathedrale erschienenen Gläubigen waren begeistert von diesem Kardinal, der es verstand, schwierige und tiefgründige Konzepte in einer für alle verständlichen Sprache auszudrücken. Besonders beeindruckend war seine einfache Treue zum Evangelium, offensichtliches Zeichen seiner Größe.
Lassen Sie mich noch eine Episode erzählen, die mit meiner Mutter zu tun hat, die noch lebte, als Kardinal Ratzinger zu uns nach Foggia kam. Abends, während meine zwei Schwestern das Abendessen zubereiteten, zog es Seine Eminenz vor, mit meiner Mutter im Korridor der Bischofswohnung den Rosenkranz zu beten.
Diesen Besuch hat der Kardinal nicht vergessen: wann immer wir uns begegneten, sprach er davon. Sogar beim Konklave, wo wir am ersten Tag beim Essen am selben Tisch saßen.
Die Generalkongregationen, die dem Konklave vorausgingen, gaben allen Kardinälen die Gelegenheit, die außergewöhnlichen Fähigkeiten des Dekans des Kardinalskollegiums zu bewundern, seine tiefe Frömmigkeit, große theologische Kompetenz, die Aufgeschlossenheit für den Dialog. Aber auch seine Freundlichkeit, seine Bereitschaft, zuzuhören, seine Herzlichkeit, seine Konsequenz, wenn es darum geht, getroffene Entscheidungen auch durchzuführen.Und seinen feinen, geistreichen Humor. Das alles erklärt die kurze Dauer des Konklaves.
In der Messe pro eligendo Romano Pontifice hatten wir den Herrn gebeten, seiner Kirche einen Hirten nach seinem Herzen zu schenken; einen, der ihm gefällt wegen der Heiligkeit seines Lebens. der bereit ist, sein Volk mit der Wahrheit des Evangeliums zu erhellen und mit dem Zeugnis seines Lebens zu erbauen.
Wie ich den sizilianischen Gläubigen am Tag nach der Wahl schrieb, hatten wir uns einen Papst gewünscht, der ein Mann des Gebets ist, beseelt von einem ehrlichen Streben nach Heiligkeit, ein Lehrmeister des Glaubens, gegründet auf Jesus Christus, einziger und universaler Retter des Menschen.Ein Glaube, der in einer tiefen Theologiekenntnis wurzelt und von einem lebendigen Geist der Kontemplation beseelt ist. Wir haben uns einen Hirten gewünscht, der ein offenes Ohr hat für die Probleme der Kirche und die Anforderungen, die die Geschichte an uns stellt. Einen, der sich bereits durch eine direkte pastorale Aktion inmitten des Volkes und in den Organen der Römischen Kurie bewähren konnte. Kurzum: einen Papst, der das lebendige Bild der Barmherzigkeit des Vaters ist, der Hingabe des Sohnes, der Kraft des Heiligen Geistes.
Mit der Wahl Kardinal Joseph Ratzingers sind unsere Bitten erhört worden. Seine tiefe Frömmigkeit, seine grenzenlose Liebe zu Christus, dem Retter, sind beispielhaft. Ganz zu schweigen von seiner umfassenden Bildung – vor allem, was die Theologie betrifft –, die er während seines langen Dienstes als Professor an namhaften Hochschulen erlangen konnte. Oder die pastorale Erfahrung in der Erzdiözese München, der mehr als 25 Jahre lange Dienst als Mitarbeiter des Dieners Gottes Papst Johannes Paul II. im heikelsten und wichtigsten Dikasterium des Hl. Stuhls mit der Aufgabe, mit der Kraft und Sanftmut des Evangeliums „die Lehre des Glaubens und die Sitte im ganzen katholischen Erdkreis zu fördern und bewahren“: das alles sind die wichtigsten Züge des neuen Papstes, den die Gläubigen jeden Tag mehr ins Herz schließen.
Aber auch die Nicht-Glaubenden lassen sich in den Bann ziehen von der intellektuellen Faszination und dem moralischen Prestige von Benedikt XVI., der die Wahrheit des Evangeliums unermüdlich und mit aller Kraft verteidigt und vorschlägt. Das gilt ganz besonders für die Menschenwürde, die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens und die Authentizität der auf die Ehe gegründeten Familie. Getrieben wird er dabei von der doppelten und bedingungslosen Treue Gott und dem Menschen gegenüber. Und schließlich war die Treue ja auch schon in seinen bischöflichen Wahlspruch eingeschrieben: „Mitarbeiter der Wahrheit.“
In der Homilie der Messe pro eligendo Romano Pontifice, bei der er als Dekan des Kardinalskollegiums den Vorsitz führte, blieb sein Aufruf zu einem klaren, erwachsenen, reifen Glauben nicht unbeachtet. Einem Glauben, der „nicht den Wellen der Mode und der letzten Neuheit folgt“, sich nicht vom Windstoß irgendeiner Lehrmeinung Hin-und-hertreiben läßt in einer „Diktatur des Relativismus, die nichts als endgültig anerkennt und als letztes Maß nur das eigene Ich und seine Gelüste gelten läßt“, sondern einen fest in der Freundschaft mit Christus verwurzelten Glauben, „Maß des wahren Humanimus“, der aus der Wahrheit in der Liebe die grundlegende Formel der christlichen Existenz macht.
Die einzigartige Erfahrung des Konklaves habe ich selbst mit erleben dürfen, die wir als die „Geburt“ eines neuen Papstes bezeichnen könnten, im Klima des Geheimnisses, von dem es geprägt ist. Es war, als würde die Kirche unter dem Wirken des Heiligen Geistes und durch die Mitarbeit der Wählerkardinäle aus ihrem Schoß denjenigen gebären, den der Vater als Stellvertreter seines Sohnes zum Hirten der Weltkirche erwählt hat.
Bei der Messe zur Übernahme seines Petrusamtes wird Benedikt XVI. das Pallium um die Schultern gelegt ( 24. April 2005).

Bei der Messe zur Übernahme seines Petrusamtes wird Benedikt XVI. das Pallium um die Schultern gelegt ( 24. April 2005).

Nie werde ich vergessen, wie bewegend der Einzug in die Sixtinische Kapelle war, unter dem Jüngsten Gericht von Michelangelo; den Gesang der Allerheiligenlitanei und des bedeutungsvollen Veni Creator, die Bitte um den Heiligen Geist, dem sich ein jeder der Kardinäle anvertraut, vor allem in dem feierlichen Moment, wenn man, nach dem auf das Evangelium geleisteten Eid, den Namen des Gewählten auf den Wahlzettel schreibt, ihn in die Urne wirft und dazu laut die Worte spricht: „Ich rufe Christus, der mein Richter sein wird, zum Zeugen an, dass ich den gewählt habe, von dem ich glaube, dass er nach Gottes Willen gewählt werden sollte.“ Unbeschreiblich war das Gefühl, als sich nach dem vierten Wahlgang Kardinal Joseph Ratzinger als derjenige erwies, der laut Gott gewählt werden sollte: Papst Benedikt.
Wie alle anderen Kardinäle kniete ich vor dem nun weiß Gekleideten nieder, um ihm mit dem Kuss des Ringes meine Huldigung zu erweisen und meinen Gehorsam dem Stellvertreter Christi gegenüber zu leisten: doppelt spontan war es da, ihm im Glauben zu sagen: „Benedikt, der da kommt im Namen des Herrn“. Aber ich kam gar nicht dazu, es ihm zu sagen, weil er mich spontan umarmte und sagte: „Da kommt Palermo, da kommt Sizilien“. Auf Aufforderung des Kardinal Camerlengos war dann, nach dem Abendessen, die Reihe an mir, zum ersten Mal anzustimmen: „Oremus pro pontifice nostro Benedicto.“
Zwei Jahre Pontifikat haben gezeigt, dass die Erwartungen des Christenvolkes nicht nur keineswegs enttäuscht wurden, sondern sich dank der lichtreichen Lehre und des gnadenreichen Dienstes Benedikts XVI. neue Horizonte der Hoffnung eröffnen.Nicht nicht nur für die Kirche, sondern für die ganze Menschheit.
Der schönste Glückwunsch, den ich unserem großen Hirten aussprechen kann, ist das jahrhundertealte, aber stets aktuelle: „Dominus conservet eum et vivificet eum et beatum faciat eum in terra, et non tradat eum in animam inimicorum eius.“


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