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LEKTÜRE
Aus Nr. 07 - 2003

Warum schließen wir uns zusammen? Um uns vom Bösen zu befreien! Christus befreit uns


XXV. Fußwallfahrt Macerata-Loreto, 14. Juni 2003


von Luigi Giussani


Seite gegenüber, Verabschiedung Mariens von Johannes, Duccio di Boninsegna, Museo dell’Opera metropolitana, Siena.

Seite gegenüber, Verabschiedung Mariens von Johannes, Duccio di Boninsegna, Museo dell’Opera metropolitana, Siena.

Wann schließt man sich zusammen? Ja, warum schließen wir uns zusammen?
Wir tun es, um den Freunden, und wenn möglich der ganzen Welt, das Nichts zu entreißen, in dem sich ein jeder Mensch befindet. Denn unsere Beziehung hat „Berufungscharakter“.
Wann hat eine Beziehung den Charakter einer Berufung? Dann, wenn jemand, der uns begegnet – und sei es die eigene Mutter, die uns begegnet, ja die eigene Mutter, ein Mann oder eine Frau, jemand, der unser Alter hat oder aber auch jünger ist als wir, – wenn also dieser jemand, der uns begegnet, sich in seinem Innersten ergriffen fühlt, aufgewühlt wird von seiner scheinbaren Nichtigkeit und Schwäche, seiner vermeintlichen Schlechtigkeit oder Verwirrung, und sich unversehens so fühlt, als sei er eingeladen zur Hochzeit eines Königs.
Die Gottesmutter ist wie diese Einladung zur Hochzeit des Königs.
Je mehr einer die Entdeckung dieser Tiefe in sich zuläßt, desto höher wird der Grad sein, in dem er sein eigenes Herz und sein eigenes Fleisch und dann auch seine eigenen Gedanken als das Herz, das Fleisch und die Seele eines ganzen Volkes entdecken wird, in das er verwickelt ist - er der vielleicht traurig und verwirrt ist, dabei aber doch nie so selbstvergessen oder so unfähig ist, dass er sich darin ganz verlieren oder vergessen würde: gerade in den ganz schlimmen Momenten, wenn das Ich sich seiner Ohnmacht und Nichtigkeit ganz sicher zu sein scheint, ist es, dass uns das Blut, aus dem ein Volk hervorgeht, mitunter beinahe gewaltsam mit dem ureigenen Bedürfnis nach Sehnsucht, Freiheit und Glück versorgt.
„Und Du Kind wirst Prophet des Höchsten heißen“: Die Leidenschaft für das Leben, um dessentwillen ein Mensch es über sich ergehen lassen muß, geboren zu werden, hinzuschauen und hinzuhören sowie Durst und Hunger zu leiden, läßt dem Propheten des Höchsten keine Ruhe mehr.
In der Arbeit verdinglicht sich die Zeit, in ihr setzen wir unsere Zeit ein und gewinnen Ausdauer in unseren Mühen, denn in der Arbeit gehen wir dem Herrn voran und „bereiten Ihm den Weg“, bahnen einem Volk, das wirklich Volk ist, Wege in neue Lande.
Doch wie wird diese ganze seelische Unrast zur unzähmbaren Feier einer Neuheit im Leben, die wie ein Neu-Geboren-Werden ist?
Eine Gestalt ragt hervor in all den Wechselfällen des Lebens, die den vereinzelten Menschen zu ersticken drohen – wenngleich sie ihn nicht auszulöschen vermögen, selbst wenn wir in unserer Arbeit behindert würden: Es ist die Gestalt der Gottesmutter, die das Vehikel der Neuheit ist und das Alte zum Schweigen bringt, das da ruft „Nieder mit allem!“.
Jeden Morgen muss man sich der Einladung, die sie bereithält, entsinnen, jeden Morgen sich ihrer als erster erinnern, schon ab morgen früh, bei jedem Versuch, den wir unternehmen, immer wenn wir wieder Sicherheit gewinnen und sie erneut erleben wollen, um so wieder ein Volk hervorzubringen: die Gottesmutter! Ganz durchdrungen müssen wir sie uns vorstellen von jener Leidenschaft, die den Wiederaufbau heiligt!
„Du wirst dem Herrn vorangehen und Ihm den Weg bereiten“.
So ist das Leben nicht mehr eine Leere, in die wir uns vortasten, indem wir uns vordergründige Gründe geben.
Der Gedanke an die Gottesmutter und die menschliche Zuneigung, die ihn uns zuträgt und verinniglicht, möge uns Tag für Tag einer Caritas befähigen, die erstaunt.


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