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EDITORIAL
Aus Nr. 09 - 2008

Lang lebe der Papst!


Es scheint mir sehr bedeutungsvoll, dass es zum 50. Todestag von Pius XII. außer den üblichen offiziellen Feiern auch kleine Blumengrüße gab, die Unbekannte an der Statue dieses Papstes vor der Basilika San Lorenzo niedergelegt haben. Jenem Ort, wohin sich der Papst – zur Überraschung aller – sofort nach der unerwarteten, dramatischen Bombardierung vom Juli 1943 begeben hatte.


Giulio Andreotti


Die Statue von Pius XII. vor der Basilika Sankt Lorenz vor den Mauern.

Die Statue von Pius XII. vor der Basilika Sankt Lorenz vor den Mauern.

Es scheint mir sehr bedeutungsvoll, dass es zum 50. Todestag von Pius XII. außer den üblichen offiziellen Feiern auch kleine Blumengrüße gab, die Unbekannte an der Statue dieses Papstes vor der Basilika San Lorenzo niedergelegt haben. Jenem Ort, wohin sich der Papst – zur Überraschung aller – sofort nach der unerwarteten, dramatischen Bombardierung vom Juli 1943 begeben hatte.
Ein anderes denkwürdiges Ereignis war die beeindruckende Massenkundgebung auf dem Petersplatz am Tag der Befreiung Roms, Zeichen der dankbaren Anerkennung der mutigen Entschlossenheit dieses einzigen Fixpunktes in einem Kontext, in dem man die Flucht der Mächtigen und die Verzweiflung des Volkes erlebt hatte. Unter den Teilnehmern waren auch Tausende von (vor allem jüdischen) Männern und Frauen, die die Verfolgung durch die Besatzer nur dank der mutigen Gastfreundschaft von Kirchen und Klöstern überlebt hatten.
Dem – wenngleich schmerzlichen – Umstand, dass dieser Chor der Dankbarkeit nicht immer ganz einstimmig war, sollte man nicht allzu viel Beachtung schenken. Der ein oder andere wollte Pius XII. die Entschlossenheit einfach nicht verzeihen, mit der er dem Kommunismus die Stirn bot, der im Zuge des Antifaschismus auch in Rom Fuß zu fassen drohte, ja diesen – zu Unrecht – sogar für sich monopolisieren wollte.
Was diese turbulenten Jahre betrifft, muss ich keine Texte oder Zeugnisse aus zweiter Hand heranziehen. Da die ad-limina-Besuche im Zuge der zu Kriegszeiten allgemein eingeschränkten Bewegungsfreiheit suspendiert worden waren – die Bischöfe aus aller Welt dem Heiligen Vater also keine Besuche mehr abstatten konnten –, stand dem Papst nun mehr Zeit zur Verfügung. Auch die mir gewährten Audienzen waren dementsprechend länger – und so hatte ich das Glück, ausführliche und aufschlussreiche Gespräche mit ihm führen zu können.
Dass sich der Krieg so lange hinzog, bereitete ihm große Sorgen, und ich hatte den Eindruck, dass er es schätzte, als ich einwarf mich daran zu erinnern, wie eindringlich er vor dem Unheil gewarnt hatte, das dieser Krieg mit sich bringen würde – ohne auch nur die geringste Aussicht auf eine positive Entwicklung. Eine Warnung, die leider auf taube Ohren gestoßen war.
Die Verehrung, die ich für diesen Papst empfinde, hat nichts mit Lokalpatriotismus zu tun, obwohl es natürlich stimmt, dass er, wie ich selbst auch, aus einer römischen Familie stammt.
Gleich neben unserer Wohnung in der Via dei Prefetti, wo ich geboren wurde und 16 Jahre lang gelebt habe, befand sich die Wohnung der Familie des Commendatore Rossignani, der mit Elisabetta Pacelli verheiratet war. Und wenn der illustre Monsignore sie besuchen kam, war das für uns immer ein Fest, weil dann auch wir Kinder in den Genuss der Pralinen kamen, die er großzügiger Weise mitzubringen pflegte.
Nie hätte ich mir träumen lassen, diese alten Bekannten eines Tages als Nebenkläger bei einem Gerichtsprozess wiederzutreffen, mit dem den törichten Angriffen auf das Andenken von Papst Pius XII. Einhalt geboten werden sollte.
Die Zeitspanne, die sich die Kirche für die Erhebung eines Kandidaten zur Ehre der Altäre vorbehält, ist klugerweise lang und arbeitsaufwändig. Vielleicht wäre es – man vergebe mir diese Überlegung – zur Vermeidung falscher Schlussfolgerungen angebracht, bei Päpsten eine entsprechend längere Zeit verstreichen zu lassen, bevor derartige Prozeduren eingeleitet werden. Ich bin mir aber sicher, dass Papst Pacelli diese irdische Anerkennung ohnehin zuteil werden wird. Und ich wäre wirklich sehr glücklich, wenn ich das noch erleben dürfte!


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