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HL. STUHL
Aus Nr. 09 - 2008

Italiener in der Minderheit


Die Internationalisierungswelle erfasst nun auch die Vatikandiplomatie. Der Großteil der Apostolischen Nuntien kommt längst nicht mehr aus „Bella Italia.“ Und die päpstlichen Repräsentanzen in Afrika sind stark im Kommen.


von Gianni Cardinale


Benedikt XVI. mit den Priestern der Päpstlichen Diplomatenakademie, Saal der Päpste, 9. Juni 2008. [© Osservatore Romano]

Benedikt XVI. mit den Priestern der Päpstlichen Diplomatenakademie, Saal der Päpste, 9. Juni 2008. [© Osservatore Romano]

Die Internationalisierung des Personals des Hl. Stuhls macht sich nun auch in dem Bereich spürbar, der bisher eine Art „Kirchen-Reservat“ Italiens war: in der Papstdiplomatie. Mit den zuletzt ernannten drei Apostolischen Nuntien (dem Argentinier Luis Mariano Montemayor in Senegal [19. Juni]; dem Nigerianer Jude Thaddeus Okolo in der Zentralafrikanischen Republik [2. August]; dem Deutschen Martin Krebs in Guinea [8. September]), sind die 104 päpstlichen Vertreter längst nicht mehr größtenteils Italiener. Die Nicht-Italiener haben sie inzwischen eindeutig überholt: es steht 53 zu 51. Anfang des Jahres waren die italienischen Nuntien noch in der Überzahl (50 zu 96), wenn auch zu einem geringeren Prozentsatz als in der Vergangenheit (1961 kamen 48 von 58 Nuntien aus Italien, also 83%; 1978 waren es 55 von 75: 73%; Ende 1999 56 von 102: 55%). Vielleicht holen die Italiener ja mit den für dieses Jahr vorgesehenen Ernennungen für verschiedene Nuntiaturen (Österreich, Äthiopien, Portugal, Syrien) wieder auf; auf lange Sicht ist eine zunehmende Internationalisierung jedoch nicht mehr aufzuhalten. Eine Tendenz, die sich vor allem unter Johannes Paul II. spürbar gemacht hat, wenn man bedenkt, dass 1978 noch sechs von neun Kandidaten für die Päpstliche Diplomatenakademie Italiener waren, 1980 aber nur noch fünf von 19. Schon seit geraumer Zeit stellen die Italiener unter den Absolventen der Päpstlichen Diplomatenschule eine Minderheit dar (im vergangenen Jahr waren es nur drei von 13, dieses Jahr einer von sechs).
Das Land, das nach Italien die meisten Nuntien stellt, ist derzeit Spanien (sieben), gefolgt von Indien und den Vereinigten Staaten (jeweils sechs), Frankreich und Polen (jeweils fünf), den Philippinen (vier) und der Schweiz (drei). Mit der Ernennung Montemayors stellt nun auch die lateinamerikanische Kirche wieder einen dieser weltweit eingesetzten päpstlichen Vertreter. Seit dem Rücktritt des kolumbianischen Erzbischofs Gabriel Montalvo vom Amt des Nuntius in den USA (am 17. Dezember 2005) hat es keinen lateinamerikanischen „Papst-Botschafter“ mehr gegeben. Und das, obwohl in Lateinamerika immerhin die Hälfte der Katholiken weltweit beheimatet ist.
Was die Italiener angeht, sind die Regionen, die die meisten päpstlichen Vertreter stellen, die Lombardei (acht), die Region Veneto (sieben), Kampanien (sechs), Piemont und Apulien (jeweils fünf), Sizilien (vier) und die Marken (drei). Aus Italien kommen aber immerhin die Nuntien kirchlich und/oder politisch gesehen so wichtiger Länder wie Italien, Frankreich, USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Israel-Jerusalem und Palästina, Nigeria und Russland.
Bemerkenswert ist auch das zunehmende Gewicht, das Afrika in der Papstdiplomatie erlangt hat, was vielleicht auf den Umstand zurückzuführen ist, dass der Schwarze Kontinent immer mehr Gläubige und Berufungen verzeichnen kann. Okolo ist nämlich schon der dritte Nuntius, der aus Afrika stammt. Bis1998 hatte es keinen einzigen gegeben. Und nicht nur das: Der Hl. Stuhl hat innerhalb von zwei Jahren zwei neue Nuntiaturen errichtet.Letztes Jahr in Burkina Faso (zuvor war der päpstliche Vertreter der residierende Vertreter in der Elfenbeinküste), dieses Jahr in Liberia (was eine Abtrennung vom Sitz in Guinea bedeutet). Und dann wäre da noch zu sagen, dass auch der 2007 ernannte Protokollchef des vatikanischen Staatssekretariats zum ersten Mal ein Afrikaner ist: der aus Nigeria stammende Msgr. Fortunatus Nwachukwu. Noch eine interessante Bemerkung am Rande: das einzige afrikanische Land, das die automatische Dekanswürde der Botschafter des Papstes anerkennt, ist Elfenbeinküste. Bis vor ein paar Monaten war das auch in Ruanda der Fall, nun aber nicht mehr.


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