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NEUE SELIGE
Aus Nr. 12 - 2008

KUBA. Die erste Seligsprechungszeremonie in der Perle der Karibik.

Ein Geschenk für alle Bewohner der Insel


So definierten die kubanischen Massenmedien die Seligsprechung von José Olallo Valdés, Mönch des Krankenhausordens des hl. Johannes von Gott. Der Bericht von Kardinal José Saraiva Martins, der die Feier als Gesandter des Papstes leitete.


Interview mit Kardinal José Saraiva Martins von Gianni Cardinale


Prozession mit den Reliquien von Pater José Olallo Valdés bei der Seligsprechungszeremonie im Beisein 
von Kardinal José Saraiva Martins (Camagüey, Kuba, 29. November 2008). [© Associated press/LaPresse]

Prozession mit den Reliquien von Pater José Olallo Valdés bei der Seligsprechungszeremonie im Beisein von Kardinal José Saraiva Martins (Camagüey, Kuba, 29. November 2008). [© Associated press/LaPresse]

„Ich muss sagen, dass sich die Intuition Benedikts XVI., die Seligsprechungszeremonien sozusagen zu de-zentralisieren, als prophetisch erwiesen hat; als etwas, das großen kirchlichen und ekklesiologischen Wert hat. Es ist ein Vorteil für die gesamte Ortsgemeinschaft – und das gilt nicht nur für jene Gemeinschaften, die nach Rom hätten kommen müssen, um die Erhebung eines ihrer Mitglieder zur Ehre der Altäre zu feiern. Es ist eine privilegierte Gelegenheit zur Katechese.“ Der portugiesische Kardinal José Saraiva Martins ist der emeritierte Präfekt der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, jenes Dikasterium, das er von 1998 bis Juli 2008 leitete. Er nahm als Vertreter des Papstes nicht nur an der Seligsprechung der 188 japanischen Märtyrer am 24. November in Nagasaki teil (siehe vorherige Seiten), sondern auch an der von José Olallo Valdés, Mönch vom Krankenhausorden des hl. Johannes von Gott, die am 29. November in Kuba stattfand. Eine kleine Weltreise in weniger als einer Woche: der jet lag scheint für den Kardinal kein Problem zu sein. Die Zeremonie in Kuba hatte einen ganz besonderen historischen Beigeschmack; war dieses Mal doch auch – mit nie dagewesenem Handkuss für den päpstlichen Gesandten – Präsident Raúl Castro höchstpersönlich dabei.

Eminenz, was für ein Mensch war Bruder Olallo Valdés?
JOSÉ SARAIVA MARTINS: Er war eine ganz wunderbare Persönlichkeit, die im Kuba des neunzehnten Jahrhunderts auf mutige und kreative Weise die Nächstenliebe gelebt hat. In mehr als einem halben Jahrhundert unermüdlichen Schaffens verwandte der neue Selige all seine physische und moralische Energie darauf, den Armen zu helfen – „seinen liebsten Brüdern und Schwestern“ wie er sie nannte –, den Sklaven und den Kriegsversehrten des erbarmungslosen Krieges um die Unabhängigkeit von der spanischen Krone. Deshalb wurde Bruder Olallo Valdés von seinen Zeitgenossen auch als ein „Musterbeispiel der christlichen Liebe“ definiert, als „Vater der Armen.“ Auch aus diesem Grund hat ihn die Kirche nun in die Schar der Seligen einreihen wollen.
Es handelte sich um die erste Seligsprechungszeremonie auf kubanischem Boden…
SARAIVA MARTINS: Bruder Olallo ist der zweite kubanische Selige, und er ist in der Tat der erste, der auf der Karibikinsel zur Ehre der Altäre erhoben wird. Und ich darf sagen, dass die ganze Bevölkerung starken Anteil daran genommen hat, die Katholiken ebenso wie die Behördenvertreter. An der Zeremonie, die in Camagüey abgehalten wurde, nahmen mehr als 30.000 Gläubige aus dem ganzen Land teil. Auch die Medien sprachen diesbezüglich von „einem Geschenk für die Menschen der ganzen Insel“, von einem „Meilenstein“, einer „denkwürdigen Etappe“ und einem „historischen Ereignis“.
Bei der Messe war auch Staatsoberhaupt Raúl Castro anwesend.
SARAIVA MARTINS: Ja, er saß in der ersten Reihe. An seiner Seite war der Vizepräsident des Staatsrats, Esteban Lazo, und Frau Caridad Diego, Verantwortliche des Büros für religiöse Angelegenheiten der kommunistischen Partei Kubas, die mich freundlicherweise während meines Kuba-Aufenthalts begleitet hat. Auch die Gegenwart von Raúl war eine Art historisches Ereignis: zum ersten Mal, seit er die Nachfolge seines Bruders Fidel angetreten hat, nahm der Präsident an einem katholischen Gottesdienst teil. Obwohl auch der russische Präsident Dmitri Medwedew gerade in Havanna weilte, wollte Raúl nach Camagüey kommen, das mehr als 500km von der Hauptstadt entfernt ist. Zu Beginn der Zeremonie überreichte ein Diakon – natürlich mit der gebotenen Diskretion – Präsident Raúl eine Bibel. Eine sehr bedeutungsvolle Geste, die die Anwesenden nicht wenig überrascht hat.
Einige haben die Gegenwart Raúls als Zeichen der Entspannung in den Beziehungen zwischen Kirche und Regierung interpretiert…
SARAIVA MARTINS: Es steht mir nicht zu, solche Urteile abzugeben – das überlasse ich der Ortskirche, wenn ich auch sagen muss, dass es meiner Meinung nach in der letzten Zeit keine besonderen Spannungen gegeben hat. Ich muss jedoch betonen – und ich tue es mit Dankbarkeit –, dass die öffentlichen Behördenvertreter bei der Vorbereitung der Seligsprechung große Bereitschaft gezeigt haben, mit der Kirche zusammenzuarbeiten.
Hatten Sie Gelegenheit, mit Raúl Castro zu sprechen?
SARAIVA MARTINS: Sowohl vor als auch nach der Zeremonie hatten wir Gelegenheit, ein paar Worte miteinander zu wechseln. Der Präsident war sehr liebenswürdig und sagte mir vor unserer Verabschiedung – als er mir die Hand küsste –: „Richten Sie dem Heiligen Vater bitte einen herzlichen Gruß aus.“ Was ich dann am Morgen des 22. Dezember bei der Audienz des Papstes für die Kurienmitglieder zum Austausch der Weihnachtsgrüße auch getan habe.
Sie haben erzählt, welch großes Echo die Zeremonie in den kubanischen Medien gefunden hat…
SARAIVA MARTINS: Ja, das stimmt: Granma, das offizielle Organ des Zentralkomitees der kommunistischen Partei, hat am Tag vor der Seligsprechung ausführlich über den neuen Seligen berichtet. Wie auch die Zeitung Juventud rebelde. Ganz zu schweigen von der Live-Übertragung der Zeremonie im kubanischen Fernsehen und anderen späteren Fernsehberichten. Aber auch CNN und internationale Fernsehsender waren hier.
Eigentlich widmen die von der politischen Macht streng kontrollierten kubanischen Medien kirchlichen Ereignissen keinen großen Raum…
SARAIVA MARTINS: Ich kenne dieses Problem. Wir hoffen und beten, dass das an der Seligsprechung gezeigte Medieninteresse auch für die Zukunft ein gutes Zeichen ist; dass Bruder Olallo auch dieses Wunder vollbringt…
Und was sagen Sie zu den Einreiseproblemen von Priestern und Ordensleuten nach Kuba?
SARAIVA MARTINS: Ich muss sagen, dass an der und der politischen Rechte auf der Insel, und zum Problem des Embargos, sagen?
SARAIVA MARTINS: Ich wiederhole, dass ich mich zu diesen Themen nicht äußern möchte und auf das verweise, was von der kubanischen Kirche und vom Staatssekretariat diesbezüglich in aller Klarheit festgehalten wurde.


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