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CHRISTENTUM
Aus Nr. 03 - 2009

Die Auferstehung Jesu: Unendliche Freiheit der Liebe


Eine Meditation Seiner Heiligkeit Bartholomaios I., Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, zum Osterfest.


von Bartholomaios I., Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel


Bartholomaios I., Ökumenischer Patriarch von Kontantinopel. [© Associated Press/LaPresse]

Bartholomaios I., Ökumenischer Patriarch von Kontantinopel. [© Associated Press/LaPresse]

Die Kirche feiert, bekennt und verkündet, dass Christus gestorben und von den Toten auferstanden ist und dass seine Auferstehung den Tod für alle Menschen besiegt hat.
Wie realistisch ist diese Verheißung und Hoffnung der Kirche? Kann die menschliche Sprache sie auf Daten der Erfahrung, also auf die Logik, gründen, die es uns erlaubt, die menschliche Erfahrung weiterzugeben, ohne in imaginären Ideologien zu fabulieren?
Im Lauf der Jahrhunderte hat die Kirche eine äußerst empirische, und daher konsequent realistische Sprache angenommen. Eine Sprache, die all das bezeugt, was sie an Greifbarem und Offensichtlichem kennt: „Was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir“ (1Joh 1, 1).
„In der Person Jesu Christi“ rührt die Kirche an die reale, unendliche Freiheit Gottes: Gott frei von aller Prädetermination seiner Existenz, von aller Notwendigkeit das zu sein, was er ist. Gott, würden die Griechen sagen, ist frei gegenüber seiner eigenen Göttlichkeit, ja selbst seiner göttlichen Natur und seines göttlichen Wesens: Daher wird er in der Inkarnation Mensch, ohne dadurch aufzuhören, Gott zu sein. Außerdem bleibt er, obwohl er Mensch wird, frei von den Grenzen der menschlichen Natur. Und daher steht er von den Toten auf.
Die Griechen haben die Logik in die Menschheitsgeschichte eingebracht, die Gewissheit im Gebrauch der Sprache als prioritäre Bedingung der empirischen Feststellung. Dennoch stellte die empirische Feststellung für die Griechen den individuellen persönlichen Zugang zur allgemein in der Welt anerkannten logischen Evidenz dar. Und diese Evidenz überzeugt von der Tatsache, dass jede existierende Realität vom logos-modo, auf unerklärliche Weise gesetzt, vorherbestimmt ist, von ihrer Teilhabe an der Wirklichkeit, d.h. von ihrem Wesen, von ihrer Natur. Selbst Gott kann nicht etwas anderes sein als das, was vom logos-modo der Göttlichkeit bestimmt ist. Es ist notwendig, dass Gott der Erste Beweger, geistliche Natur ist, die aus sich heraus handelt, „ehrwürdiger Genus“, unendlich, zeitlos.
Wenn jedoch die Quelle und die Ursache der Realität von der Notwendigkeit prädeterminiert ist, dann ist keinerlei Eventualität realer Freiheit mehr möglich, keine Schöpfung ex nihilo, keine Möglichkeit für das Unvorhergesehene, die Vielfalt und die Geschichte. Dann fällt jede Existenz, die nicht göttlich ist, unweigerlich der Prädetermination des Raumes, der Zeit, der Vergänglichkeit, des Todes anheim.
Die historische Person Christi ist die Gewissheit der Kirche, Gewissheit, gestützt auf Erfahrung, dass die Existenz Gottes, Ursache und Quelle des Seins, keine Begrenzungen kennt: Keine Vernunft, Regel oder Konvention kann sie prädeterminieren. Gott ist nicht gezwungen, das zu sein, was er ist. Er existiert, weil er aus freien Stücken existieren will. Er erfüllt seinen Willen zu existieren in der Wirklichkeit, indem er den Sohn „zeugt“ und den Geist „in zeitloser und liebevoller Weise“ „von sich ausgehen lässt.“ Gott existiert in dem Modus der absoluten realen Freiheit, die die Liebe ist, existiert in dem Modus der Liebe, existiert, weil er liebt.
<I>Jesus sprengt die Tore der Unterwelt</I>, Fresko aus dem 12. Jh., Karanlik Kilise, Göreme, Kappadokien, Türkei.

Jesus sprengt die Tore der Unterwelt, Fresko aus dem 12. Jh., Karanlik Kilise, Göreme, Kappadokien, Türkei.

Die Liebe ist keine moralische Eigenschaft Gottes; sie ist sein modus existendi: „Gott ist Liebe“ (Joh 4, 16). Er ist keine mit göttlichen Eigenschaften ausgestattete Monade-Entität (Existenz in sich, Allmacht, Weisheit, Zeitlosigkeit). Er ist hypostatische Liebe: er ist Dreieinigkeit von Hypostasen, die das Sein als die Individualität transzendierende Beziehung in konkrete Existenzen hypostatisieren: nämlich als Liebe. Die Namen der drei Hypostasen stehen nicht für Individualität, sondern für Beziehungen: Vater, Sohn, Heiliger Geist.
Der Sohn und Logos wird Mensch, indem er den gemeinsamen Willen, bzw. die Liebe der Dreieinigkeit, verwirklicht. Mit seiner Menschwerdung enthüllt der Logos die Potentialität, mit der die „dem Bild Gottes“ nach geschaffene menschliche Natur ausgestattet ist: Also nach dem Modus des ungeschaffenen Gottes zu existieren – zu existieren als Freiheit der Liebe. Sein Leben („er hat gelebt, indem er Gutes tat und heilte“) und sein Tod am Kreuz „haben uns seine Liebe zu uns gezeigt“, haben uns den Weg, die Möglichkeit zur Unsterblichkeit, Vergöttlichung des Menschen geöffnet. Der von den Toten auferstandene Christus ist zum Anfang der Auferstehung des Menschen von der Notwendigkeit des Todes geworden.
Unsere Natur ist sterblich, die Befreiung von der Sterblichkeit ist Gnadengabe der Liebe Gottes. Die Annahme der Gabe ist ein Akt der Freiheit, ist Liebe, die aktiv auf die Liebe unseres Bräutigams und Geliebten Christus antwortet.


(mit herzlichem Dank für die freundliche Mitarbeit von Nikos Tzoitis)


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