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PRIESTERJAHR
Aus Nr. 05 - 2009

Der Pfarrer von Ars und die Beichte



von Gianni Valente


Jean-Marie Vianney vor seinem Beichtstuhl,  Ölgemälde von Paul Borel im Heiligtum von Ars.

Jean-Marie Vianney vor seinem Beichtstuhl, Ölgemälde von Paul Borel im Heiligtum von Ars.

„Das Leben von Jean-Marie Vianney spielte sich im Beichtstuhl ab.“ So beschrieb ihn Abbé Alfred Monnin, der den Pfarrer mehr als fünf Jahre lang frequentierte und später sein Biograph werden sollte. Einige Merkmale der Seelsorge, die der heilige Patron der Priester im diskreten Schatten des Bußsakraments betrieb, wurden unlängst von Philippe Caratgé, Leiter der „Société sacerdotale Saint Jean-Marie Vianney“ zusammengefasst. Anlass: die internationale Studientagung, die Ende Januar in Ars stattfand und deren Akten kurz vor der Veröffentlichung stehen.
Für den Pfarrer von Ars musste eine gute Beichte – wie man aus seinem Katechismusunterricht ersehen kann – demütig sein, schlicht, umsichtig und vollkommen. Man musste „all jene unnützen Anklagen vermeiden, all jene Skrupel, die einen hundertmal dasselbe sagen lassen, was den Beichtvater letztendlich nur unnötig Zeit kostet und denen, die vor dem Beichtstuhl warten, zum Ärgernis gereicht.“ Man muss „das, was ungewiss ist, als ungewiss beichten, und das, was gewiss ist als gewiss.“ Wichtig ist es, „dass nichts gespielt ist: ihr sollt euer Herz auf den Lippen tragen. Ihr könnt euren Beichtvater hinters Licht führen, niemals aber den lieben Gott, der eure Sünden besser sieht und kennt als ihr selbst.“ Er selbst gestand jenen, die in seinem Beichtstuhl niederknieten, immer nur soviel Zeit zu, dass es für alle ausreichte. Es waren kurze, wortarme Beichten. Und doch gab es keinen einzigen Pönitenten, der nicht das Gefühl hatte, dass ihm eine besondere Aufmerksamkeit zuteil wurde, eine Zuwendung, die allzeit offen war auch für das kleinste Wirken des Geistes, der „wie ein Gärtner niemals müde wird, das Land zu bestellen“ (Caratge), und der auch in besonders verhärteten Herzen wirken kann. „Ich will euch mein Rezept verraten“, sagte Jean-Marie im Bezug auf die Besserung, die die Pönitenten geloben sollen: „Ich gebe ihnen nur eine kleine Buße auf, den Rest übernehme ich an ihrer Stelle.“ Was zählt ist – so der Pfarrer –, dass man zumindest ein wenig Reue zeigt über seine Sünden. Mit einer vollkommenen Reue erlangt man die Vergebung „noch bevor man die Absolution erhält.“ Man muss also „mehr Zeit darauf verwenden, um Reue zu bitten als darauf, sein Gewissen zu erforschen.“
Für den Pfarrer war die Beichte das unaussprechliche Geschenk, das uns Gott überraschend macht, um seine Kinder zu retten, wenn diese in Gefahr geraten sind: „Liebe Kinder, man kann die Güte nicht verstehen, mit der Gott dieses große Sakrament eingerichtet hat. Wenn wir unseren Herrn um eine Gnade hätten bitten müssen, hätten wir uns nie träumen lassen, ihn um diese zu bitten. Er aber hat unsere Zerbrechlichkeit und fehlende Beharrlichkeit im Guten vorausgesehen, und seine Liebe hat ihn dazu veranlasst, das zu tun, worum zu bitten wir niemals gewagt hätten.“
Darüber hinaus ist es ein Geschenk, das auf die innigste Weise die Natur des Geheimnisses der Dreifaltigkeit offenbart. Im Beichtstuhl spürt das einfache Herz des Pfarrers auf unvergleichliche Weise das Herz Gottes. Die unvollkommene Vergebung der Menschen erscheint manchmal wie ein Geschenk, das zu einem hohen Preis gewährt wurde, und dann, wenn wir gut erscheinen wollen. Die Vergebung Gottes ist eine andere Sache. „Wie könnten wir über seine Barmherzigkeit verzweifeln, wo es doch sein größtes Vergnügen ist, uns zu vergeben“, schrieb der Pfarrer. Aus diesem Grund ist der Schatz der göttlichen Barmherzigkeit auch unerschöpflich, und niemand darf meinen, die Gaben der Gnade „aufrechnen“ zu können. Als wären es Schulden, die man früher oder später begleichen muss, die wir mit unserem eigenen Tun wettmachen können. Für Gott ist es nämlich der höchste Genuss, zu vergeben. Und deswegen bettelt er um das Herz des Menschen. „Seine Geduld erwartet uns,“ bekräftigt der Pfarrer. Und weiter: „Nicht der Sünder kehrt zu Gott zurück, um ihn um Vergebung zu bitten – Gott läuft dem Sünder nach und bewegt ihn dazu, zu ihm zurückzukehren.“


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