NOVA ET VETERA
Aus Nr. 10/11 - 2009

Archiv 30Tage

Einführung



von Gianni Valente


Benedikt XVI. bei der heiligen Messe auf dem Platz „Paolo VI“ in Brescia (Sonntag, 8. November 2009), bei seinem Pastoralbesuch in Brescia und Concesio. <BR>[© Osservatore Romano]

Benedikt XVI. bei der heiligen Messe auf dem Platz „Paolo VI“ in Brescia (Sonntag, 8. November 2009), bei seinem Pastoralbesuch in Brescia und Concesio.
[© Osservatore Romano]

„Viele erwarten vom Papst großartige Gesten, ein energisches und entscheidendes Eingreifen. Der Papst betrachtet es jedoch nicht als seine Pflicht, eine andere Linie einzuschlagen als die des Vertrauens in Jesus Christus, dem seine Kirche mehr als jedem anderem am Herzen liegt.“ Das sagte Paul VI. bei seinem Besuch im Lombardischen Seminar am 7. Dezember 1968. Und fügte an, dass „es sich dabei nicht um unfruchtbares oder untätiges Warten handelt, sondern um ein wachsames Warten im Gebet. Diese Haltung hat Jesus für uns gewählt, damit er in Fülle wirken kann.“ Benedikt XVI. griff diese Worte seines Vorgängers am 8. November in seiner Predigt in der Kathedrale von Brescia wieder auf. 30Tage hat sie für die Titelseite gewählt, weil sie heute auf fast schon unglaublich aktuelle Weise die Befindlichkeit der Kirche und der Welt zu beschreiben scheinen. Aus demselben Grund wollten wir unseren Lesern auch die Geschichte von Cecilia Eusepi neu unterbreiten, die Stefania Falasca in einem Artikel von 1997 (Nr. 4) erzählt hat.
Cecilia, deren Seligsprechungsprozess gerade im Gang ist, lebte Anfang des letzten Jahrhunderts in einem kleinen Dorf bei Rom. Ein italienisches Bauernmädchen, das im Alter von nur 18 Jahren an Tuberkulose starb und in seinem kurzen Leben nichts Außergewöhnliches vollbracht hat. Eine von denen, die Charles Péguy in die Gilde der „untrainierten Heiligen“ einreihen würde: jene, „denen gar nicht erst in den Sinn kam, zu trainieren (und das musste ihnen ja auch nicht in den Sinn kommen), weil sie bereits von Gott mehr als gut trainiert worden sind“. Jene, die für ihre Berufung „nicht einen Funken wahren Trainings“ brauchten, weil sie bereits alles als Geschenk erhalten hatten und demütig gemacht worden waren.
Cecilia sollte der hl. Therese von Lisieux schon bald auf ihrem kleinen Weg folgen. Besonders überraschend ist vor allem die „kindliche und vertrauliche“ – so heißt es in dem Artikel – Art und Weise, in der Cecilia zu Jesus spricht. Das Vertrauen ist Zeichen und Frucht der Vorliebe, die der Herr für seine Heiligen hat. Nicht in Form einer Absicht oder Neigung, sondern vielmehr als Wirkung, ja Widerschein, des In-den-Arm-genommen-Werdens von dem, der uns zuerst geliebt hat. Es ist jenes Vertrauen, das schon der hl. Bernhard von Clairvaux im Memorare erwähnt, wenn er sich an die Jungfrau Maria wendet („Ego tali animatus confidentia“). Dasselbe Vertrauen, von dem Therese von Lisieux schreibt („Confiance! C’est la main de Jésus qui conduit tout! Confiance! La confiance fait des miracles!“). Und es ist auch jenes, das die passio der ersten christlichen Märtyrer durchzieht. Das Vertrauen, von dem der hl. Johannes Chrysostomos gesagt hat, dass es in unverkennbarer und inniger Weise von einer gewissen Wehrlosigkeit begleitet wird, die demütig und sanft ist und die alle irdischen Geschicke des Gottesvolkes geprägt hat: „Solange wir Lämmer sind, siegen wir. Mögen auch unzählige Wölfe uns umgeben, wir siegen doch und gewinnen die Oberhand. Wenn wir dagegen selbst zu Wölfen werden, unterliegen wir; es fehlt uns dann eben die Hilfe des Hirten. Er weidet ja nicht Wölfe, sondern Schafe; deshalb verlässt er dich und zieht sich von dir zurück. [...] Der Sinn seiner Worte aber ist der:Seid nicht verzagt, dass ich euch mitten unter die Wölfe sende und euch befehle, wie Lämmer und Tauben zu sein. Ich hätte auch das Gegenteil tun können und nicht erlauben, dass euch etwas Böses widerfahre, euch nicht wie Schafe in die Gewalt von Wölfen fallen lassen, sondern machen können, dass ihr schrecklicher geworden wäret als Löwen. Indessen ist es gut für euch, dass es so geht;denn das macht euch nur berühmter und das kündet auch laut meine Macht. So sprach der Herr auch zu Paulus: ‚Es genügt dir meine Gnade;denn meine Macht wird in der Schwäche vollendet‘ (2Kor 12, 9). Ich bin es also, der euch befahl, so zu sein. Das ist es ja, was der Herr mit den Worten andeutet: ‚Ich sende euch wie Schafe‘ (Lk 10, 3). Verlieret darum den Mut nicht. Ich weiß ja recht wohl, dass ihr gerade so für alle unbezwingbar sein werdet (Bibliothek der Kirchenväter, Johannes Chrysostomos, Kommentar zum Evangelium des hl. Matthäus, Verlag der Jos Köselschen Buchhandlung, Kempten und München 1916, S. 235).


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