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CHRISTENTUM
Aus Nr. 12 - 2004

Der Hymnus Akathistos.

Der sanfte sieg Mariens


Er gilt als der schönste Marienhymnus aller Zeiten. Seit 15 Jahrhunderten beten ihn die Christen der Kirchen byzantinischer Tradition, um der Jungfrau Maria Dank zu sagen und darum zu bitten, im Glauben der Apostel bewahrt zu bleiben. 30Tage hat Bartholomaios I., ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, gebeten, den Hymnus Akathistos zu kommentieren. Interview.


von Gianni Valente


Dir, der für uns
kämpfenden
Heerführerin,
bringen wir, als deine
von den Übeln erlöste
Gemeinde, dankerfüllte
Siegeslieder,
o Gottesgebärerin!

Du nun aber,
da du unüberwindliche
Macht hast, errette
uns aus allen Gefahren,
auf daß wir
dir zurufen:
Freue dich,
du nie vermählte Braut!


ERZÄHLTER TEIL

1. Der unter den Ersten stehende Engel
ward vom Himmel gesandt,
zu sagen der Gottesgebärerin das:
„Freue dich!“.
Und mit der unkörperlichen Stimme,
da er dich körperlich werden sah, o Herr,
staunte er, und stand, indem er ihr zurief dieses:

„Freue dich, durch welche die Freude ausstrahlt;
Freue dich, durch welche der Fluch schwindet!
Freue dich, des gefallenen Adam Wiederberufung;
Freue dich, Erlösung der Eva von den Tränen!
Freue dich, für menschliche Fassungskraft unerklimmbare Höhe;
Freue dich, selbst für die Augen der Engel unabsehbare Tiefe!
Freue dich, weil du bist der Sitz des Königs;
Freue dich, weil du trägst den Träger des Alls!
Freue dich, Stern, der die Sonne erleuchtet;
Freue dich, Schoß der göttlichen Fleischwerdung!
Freue dich, du, durch welche die Schöpfung erneuert wird;
Freue dich, du, durch welche der Schöpfer ein Kind wird!
Freue dich, du nie vermählte Braut!

2. Da die Heilige sich selbst in Unschuld sah,
sprach sie freimütig zu Gabriel:
Das Unglaubliche deiner Rede erscheint meiner Seele unannehmbar:
denn wie sprichst du von einer Schwangerschaft
aus samenloser Empfängnis?
Rufend:
„Alleluja!“.

3. Die unerkennbare Erkenntnis zu erkennen suchen
sagte die Jungfrau zu dem Diensttuenden:
„Wie ist es möglich,
aus unschuldigem Schoße einen Sohn zu gebären
Sage mir!“. Zu ihr sprach jener in Furcht,
gleichwohl also rufend:

„Freue dich, in den unaussprechlichen Ratschluß Eingeweihte;
Freue dich, Vertrauen derer, welche der Ruhe bedürfen.
Freue dich, Anfang der Wunder Christi;
Freue dich, du lnbegriff seiner Lehren!
Freue dich, himmlische Leiter, auf welcher Gott herabstieg;
Freue dich, Brücke, welche die Bewohner der Erde zum Himmel führt!
Freue dich, vielbesprochenes Wunder für die Engel;
Freue dich, tränenbringende Wunde der Dämonen!
Freue dich, die du unaussprechlich das Licht gebarst;
Freue dich, die du das Wie niemanden lehrtest!
Freue dich, die du die Erkenntnis der Weisen überschreitest;
Freue dich, die du den Sinn der Gläubigen erleuchtest!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

4. Die Kraft des Allerhöchsten überschattete damal
zur Empfängnis die mit der Ehe Unbekannte,
und erwies ihren fruchtbaren Schoß
als leiblichen Acker für alle,
welche ernten wollen das Heil,
indem sie also singen:
„Alleluja!“.

5. Nachdem sie im Mutterschoß Gott
empfangen hatte, eilte die Jungfrau zu Elisabeth:
das ungeborene Kind jener aber,
sofort ihren Gruß erkennend,
freute sich;
und mit Springen, wie mit Singen,
rief es zur Gottesgebärerin:

„Freue dich, Weinstock der unverwelklichen Rebe;
Freue dich, Erwerb der unversehrten Frucht!
Freue dich, die du den menschenliebenden Ackerer beackert hast;
Freue dich, die du den Erzeuger unseres Lebens erzeugt hast!
Freue dich, Feld, das erblühen läßt die Frucht der Erbarmungen;
Freue dich, Tisch, welcher trägt die Fülle der Gnaden!
Freue dich, weil du die Weide der Wonne aufsprießen lässest;
Freue dich, weil du den Hafen unserer Seelen bereitest!
Freue dich, angenehmes Rauchwerk der Fürbitte;
Freue dich, Versöhnung der ganzen Welt!
Freue dich, Wohlgefallen Gottes gegen die Sterblichen;
Freue dich, Zuversicht der Sterblichen zu Gott!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

6. Den Wogenschwall zweifelnder Gedanken im Innern habend,
ward der weise Joseph bestürzt,
als er auf dich, die UnvermähIte blickte,
und argwöhnte,
du habest dich unsittlich vermählt, o Untadlige;
als er aber erfahren hatte
deine Empfängnis aus dem Heiligen Geiste,
sprach er:
„Alleluja!“.

7. Es vernahmen die Hirten von den
lobsingenden Engeln
die Ankunft Christi im Fleische;
und eilend zu ihm, als zu dem Hirten,
erblicken sie denselben als ein fehlloses Lamm,
welches geweidet wird auf dem Schoße Mariens,
welche besingend sie sprachen:

„Freue dich, Mutter des Lammes und der Hirten;
Freue dich, Hürde der vernünftigen Schafe!
Freue dich, Schutzwehr gegen die unsichtbaren Feinde;
Freue dich, Erschließung der Tore des Paradieses!
Freue dich, weil die Himmlischen frohlocken mit der Erde;
Freue dich, weil die Irdischen jubeln mit den Himmeln!
Freue dich, nie schweigender Mund der Apostel;
Freue dich, unbesiegbarer Mut der den Kampfpreis Erringenden!
Freue dich, starke Stütze des Glaubens;
Freue dich, strahlende Erkenntnis der Gnade!
Freue dich, du, durch welche der Hades entblößt ward;
Freue dich, du, durch welche wir bekleidet wurden mit Herrlichkeit!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

8. Den zu Gott eilenden Stern betrachtend,
folgten die Magier seinem Glanze nach;
und ihn wie eine Leuchte benutzend,
erkundeten sie durch ihn den machtvollen König;
und zuvorkommend ihm,
dem niemand zuvorkommen kann,
freuten sie sich,
indem sie ihm zuriefen:
„Alleluja!“.

9. Es sahen die Söhne der Chaldäer
in den Händen der Jungfrau den,
der mit der Hand die Menschen schuf;
und als Gebieter ihn erkennend,
trotzdem er Knechtsgestalt annahm,
eilten sie, durch Geschenke (ihm) zu dienen,
und zu rufen der Gesegneten:

„Freue dich, des unnahbaren Sternes Mutter;
Freue dich, Glanz des geheimnisvollen Tages!
Freue dich, die du löschest den Flammenofen des Truges;
Freue dich, die du erleuchtest die in die Geheimnisse der
Dreifaltigkeit Eingeweihten!
Freue dich, die du den unmenschlichen Gewaltherrscher aus
der Herrschaft gestoßen,
Freue dich, die du den menschenliebenden
Herrn geneigt hast, Christum!
Freue dich, du Befreierin vom heidnischen Religionsdienste;
Freue dich, du Retterin von den Werken der Unreinigkeit!
Freue dich, die du die Anbetung des Feuers beseitigtest,
Freue dich, die du die Glut der Leidenschaften entfernst!
Freue dich, Wegweiserin der Klugheit der Gläubigen;
Freue dich, Freude aller Geschlechter!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

10. Die zu gotttragenden Verkündigern
gewordenen Magier
kehrten nach Babylon zurück,
deinen Auftrag vollziehend,
und dich allen als den Gesalbten verkündigend,
nachdem sie den Herodes
als Toren zurückgelassen hatten,
welcher nicht zu singen wußte:
„Alleluja!“.
11. Indem du strahlen ließest in Ägypten
die Erleuchtung der Wahrheit,
verfolgtest du das Dunkel der Lüge;
denn die Götzenbilder derselben,
o Heiland, fielen,
da sie deine Kraft nicht ertrugen.
Die von ihnen Befreiten aber riefen zur Gottesgebärerin:

„Freue dich, Wiederaufrichtung der Menschen;
Freue dich, Fall der Dämonen!
Freue dich, die du den Irrwahn des Truges zertreten hast;
Freue dich, die du die Verlockung der Götzenbilder
zuschanden gemacht hast!
Freue dich, Meer, welches versenkt hat den geistigen Pharao;
Freue dich, Fels, welcher getränkt hat die Dürstenden mit Leben!
Freue dich, Feuersäule, welche den Weg weiset
den in der Finsternis Befindlichen.
Freue dich, Decke der Welt, breiter denn eine Wolke!
Freue dich, nachfolgende Nahrung des Manna;
Freue dich, Tafeldienerin des heiligen Lustmahles!
Freue dich, du Land der Verheißung;
Freue dich, du, aus welcher Honig und Milch fließt!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

12. Als Symeon im Begriff war,
aus dem gegenwärtigen trügerischen Zeitalter
in das Jenseits hinüberversetzt zu werden,
wurdest du ihm als Säugling übergeben,
aber erkannt von ihm auch als vollkommener Gott.
Deswegen staunte er über deine unaussprechliche
Weisheit,
indem er ausrief;
„Alleluja!“.


THEMATISCHER TEIL

13. Eine neue Schöpfung zeigte uns der Schöpfer,
erscheinend uns, den durch ihn Gewordenen,
aufblühend aus unbesätem Mutterschoße,
und denselben unversehrt, wie er war, bewahrend;
auf daß wir, das Wunder sehend sie besingen mögen,
indem wir rufen:

„Freue dich, du Blume der Unverweslichkeit;
Freue dich, du Kranz der Enthaltsamkeit!
Freue dich, die du hervorstrahlen lässest ein Vorbild
der Auferstehung;
Freue dich, die du darstellst das Leben der Engel!
Freue dich, herrliche Frucht tragender Baum, von
welchem die Gläubigen ernährt werden;
Freue dich, mit schattigem Laub geschmücktes Holz,
von welchem viele überdeckt werden
Freue dich, welche du im Schoße trägst den,
der den Verirrten den Weg weist;
Freue dich, die du den Befreier geboren hast,
den Kriegsgefangenen!
Freue dich, du Besänftigung des gerechten Richters;
Freue dich, du Vergebung für viele Sünden!
Freue dich, du Kleid der von Zuversicht Entblößten;
Freue dich, du alles Liebessehnen besiegende Zärtlichkeit!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

14. Die fremdartige Geburt sehend,
werden wir entfremdet der Welt,
indem wir den Sinn in den Himmel hinüberversetzen.
Denn deshalb erschien der hocherhabene Gott auf Erden
als demütiger Mensch,
da er emporziehen wollte zur Höhe die zu ihm Rufenden:
„Alleluja!“.

15. Gänzlich war bei den Unteren, und von den Oberen
durchaus nicht entfernt das unbeschreibliche Wort.
Denn eine göttliche Herabkunft,
nicht eine räumliche Entfernung war es,
und Geburt aus der Jungfrau,
welche Gott empfing und dieses hörte:

„Freue dich, Raum des über den Raum erhabnen Gottes;
Freue dich, des ehrwürdigen Geheimnisses Tor!
Freue dich, der Ungläubigen zweifelhafte Kunde;
Freue dich, der Gläubigen zweifelloser Stolz!
Freue dich, allheiliger Wagen des über d
en Cherubim Thronenden;
Freue dich, allervorzüglichstes Gemach des über
den Seraphim Thronenden!
Freue dich, die du die Gegensätze zu Einem zusammenführst;
Freue dich, die du Jungfräulichkeit und Mutterschaft vereinigst!
Freue dich, vergänglich geworden ist durch dich unser Vergehen;
Freue dich, du, durch welche das Paradies geöffnet wird!
Freue dich, du Schlüssel des Reiches Christi;
Freue dich, Hoffnung der ewigen Güter!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

16. Die ganze Natur der Engel
staunte über das große Werk deiner Menschwerdung
Denn ihn, den als Gott Unnahbaren,
sahen sie als allen nahbaren Menschen,
welcher mit uns lebte,
von allen aber hörte also:
„Alleluja!“.
17. Die wortreichen Redner
sehen wir stumm wie Fische
über dich, Gottesgebärerin;
denn sie vermögen nicht zu sagen,
wie du Jungfrau bliebst
und doch imstande warst zu gebären;
wir aber rufen,
indem wir das Geheimnis bewundern, gläubig:

„Freue dich, Gefäß der Weisheit Gottes;
Freue dich, Schatzkammer seiner Vorsehung!
Freue dich, die du die Weisen als Unweise erweisest;
Freue dich, die du die Kunstverständigen als
Unverständige zuschanden werden lässest!
Freue dich, weil zu Narren wurden die schrecklichen Grübler;
Freue dich, weil vernichtet wurden die Märchenerfinder!
Freue dich, die du die listigen Anschläge der Athener zerrissen hast;
Freue dich, die du die Netze der Fischer gefüllt hast!
Freue dich, die du emporziehst aus der Tiefe der Unwissenheit;
Freue dich, die du viele in der Erkenntnis erleuchtest!
Freue dich, du Boot für die, welche gerettet werden wollen;
Freue dich, du Hafen der Schiffer des Lebens!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

18. Da der Ordner des A11s
die Welt erlösen wollte,
kam er im eigenen Auftrage zu derselben;
und obwohl er Hirt war als Gott,
erschien er unsertwegen als Mensch nach unserer Art;
denn durch Gleiches das Gleiche rufend,
hörte er als Gott:
„Alleluja!“.

19. Eine Mauer bist du der Jungfrauen,
Gottesgebärerin, Jungfrau,
und aller derer, die zu dir ihre Zuflucht nehmen,
denn der Schöpfer des Himmels
und der Erde überschattet dich, Allreine,
Wohnung nehmend in deinem Mutterschoße,
und alle lehrend, zu dir zu rufen:

„Freue dich, du Säule der Jungfräulichkeit;
Freue dich, du Pforte der Erlösung!
Freue dich, Urheberin der geistigen Wiederherstellung;
Freue dich, Spenderin der göttlichen Gütigkeit!
Freue dich, denn du hast wiedergeboren
die in Schande Empfangenen;
Freue dich, denn du hast mit Vernunft begabt
die der Vernunft Beraubten!
Freue dich, die du den Verderber der Herzen vernichtet hast;
Freue dich, die du den Säer der Unschuld geboren hast!
Freue dich, Brautgemach der unbesäten Vermählung;
Freue dich, die du die Gläubigen dem Herrn verbindest!
Freue dich, du vorzügliche Pflegerin der Jungfrauen;
Freue dich, du Brautschmückerin der heiligen Seelen!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

20. Kein Lobgesang, der sich bemüht, sie darzulegen,
kommt gleich der Fülle deiner vielen Erbarmungen
denn wenn wir auch Lieder
an Zahl dem Sande gleich darbrächten,
heiliger König,
nichts würden wir vollbringen, würdig dessen, das
Du uns gabst,
die wir zu dir rufen:
„Alleluja!“.

21. Als lichtbringenden Leuchter,
welcher den in der Finstemis Befindlichen glänzt,
sehen wir die heilige Jungfrau;
denn indem sie das übersinnliche Licht angezündet,
führt sie alle zur göttlichen Erkenntnis,
durch den Strahlenglanz die Vernunft erleuchtend,
gepriesen aber durch diesen Zuruf­:

„Freue dich, Strahl der geistigen Sonne;
Freue dich, Pfeil des unnahbaren Lichtes!
Freue dich, Blitz, der die Seelen erleuchtet;
Freue dich, die du wie im Gewitter die Feinde niederschmetterst!
Freue dich, weil du das helle Licht hervorgebracht hast;
Freue dich, weil du den reichfließenden Strom hervorquellen ließest!
Freue dich, die du die Gestalt des Bades geformt hast; Freue dich, die du die Unreinigkeit der Sünde hinwegnahmst!
Freue dich, Waschgefäß, das die Gewissen reinigt; Freue dich, Mischkrug, der Freude spendet!
Freue dich, Duft des Wohlgeruches Christi;
Freue dich, Du Leben des geheimnisvollen Gastmahls!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

22. Indem der Schuldentilger aller Menschen
Gnade geben wollte für die Schulden der Vorzeit,
ward er deshalb heimisch bei denen,
welche die Heimat seiner Gnade verlassen hatten. Und nachdem er den Schuldschein zerrissen hat,
hört er von allen also:
„Alleluja!“.

23. Indem wir dein Kind besingen,
preisen wir dich alle
als den beseelten Tempel,
o Gottesgebärerin!
Denn, der in deinem Mutterschoße wohnte,
der Herr, der alles mit der Hand zusammenhält,
heiligte, verherrlichte dich,
lehrte alle, zu dir rufen:

„Freue dich, Zelt Gottes und des Wortes;
Freue dich, Heilige, größer als die Heiligen!
Freue dich, durch den Geist vergoldete Lade;
Freue dich, unerschöpflicher Schatz des Lebens!
Freue dich, kostbares Diadem der frommen Könige;
Freue dich, ehrwürdiger Ruhm der gottesfürchtigen Priester!
Freue dich, unerschütterlicher Turm der Kirche;
Freue dich, unzerstörbare Mauer des Reiches!
Freue dich, du, durch welche die Siegeszeichen erweckt werden;
Freue dich, du, durch welche die Feinde niedersinken!
Freue dich, du Heilung meines Leibes;
Freue dich, du Erlösung meiner Seele!
Freue dich, du nie vermählte Braut!“.

24. O allbesungene Mutter,
die du das heiligste Wort
aller Heiligen geboren hast,
erlöse jetzt, die Darbringung annehmend,
alle von allem Unglück,
und befreie von der zukünftigen Strafe diejenigen
welche zusammen rufen:
„Alleluja!“.


Als die Barbaren Konstantinopel belagerten, flehten die Bewohner die Schutzpatronin dieser Stadt, Maria, um Hilfe an. Und nachdem ihnen tatsächlich ihr Schutz zuteil geworden war, dankten sie ihr mit Gesängen und Gebetswachen. Stehend sang das Volk die ganze Nacht das Akathistos, den Hymnus eines unbekannten Autors an die Gottesmutter. Als das byzantinische Reich dann unterging, wandte sich Patriarch Georg Scholarios an Maria mit dem Versprechen, daß sie die Gläubigen nie mehr bitten würden, diese Stadt zu retten, sondern vielmehr, den Glauben der Väter stets zu bewahren.
Auch heute richten die Christen der Ostkirchen byzantinischer Tradition durch den Hymnus Akathistos ihre Bitt- und Dankgebete an Maria. Und so ist das individuelle und gemeinschaftliche Gebet des Hymnus nun schon seit 15 Jahrhunderten ein wertvolles Werkzeug für ihre Bewahrung im einfachen Glauben der Apostel, auch heute noch, wo es keine christlichen Reiche gibt.
In dem folgenden Interview hat 30Tage Bartholomaios I., ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, gebeten, diesen Marienhymnus zu kommentieren, den viele als den schönsten aller Zeiten betrachten. Einen, in dem alle Geheimnisse betrachtet werden, die die Liturgie in der Weihnachtszeit anbietet.

Seliger Vater, was bedeutet der Hymnus Akathistos für Sie?
BARTHOLOMAIOS I.: Es ist der Hymnus, der als einer der schönsten der orthodoxen Kirche gilt, das Herz eines jeden Gläubigen anrührt. In den heiligen Klöstern wird er jeden Tag während des Stundengebets der Complet verlesen, die meisten Mönche und auch viele fromme Laien kennen ihn auswendig, beten ihn in allen – freudvollen oder schmerzensreichen – Lebenslagen in ihren Herzen. Er ist vor allem ein Loblied, Ausdruck eines Gefühls des Staunens, der Verehrung, Hoffnung, Zuversicht und Liebe zur hochheiligen Gottesmutter.
Was der Hymnus Akathistos für jeden orthodoxen Gläubigen ist, das ist er auch für mich persönlich. Er ist an keine Zeit gebunden. Zwar wurde er, wie die Überlieferung besagt, zum ersten Mal in einem bestimmten historischen Moment komponiert und vom Volk Konstantinopels gesungen, während einer Gebetswache (akathistos bedeutet nämlich „nicht sitzend“), als Dank dafür, daß die – damalige – Regierungsstadt vor dem Einfall der Feinde bewahrt worden war. Aber das fromme Herz eines jeden Gläubigen erkennt auch, daß dieses Gebet bei jedem glücklichen oder traurigen Ereignis gültig ist, sei es nun ein persönliches oder die Gemeinschaft betreffendes. Man b


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