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Aus Nr. 01/02 - 2012

SPIRITUELLE LEKTÜRE/45


Begegnung als Gnade



<I>Der auferstandene Jesus mit den Aposteln am Tiberias-See</I>, Basilika Sant’Angelo in Formis, Capua (Caserta).

Der auferstandene Jesus mit den Aposteln am Tiberias-See, Basilika Sant’Angelo in Formis, Capua (Caserta).

Einführung

 

Lesen Sie hier Kapitel I sowie die Kanones 1 und 5 des Dekrets Cum hoc tempore über die Rechtfertigung des Konzils von Trient, das sich aus 16 Lehrkapiteln und 33 Kanones zusammensetzt.

Die erste Niederschrift erfolgte im Juni 1546, in der ersten Phase dieses Konzils, das im Dezember 1545 begonnen hatte. Dabei stand man vor der nicht gerade geringen Schwierigkeit, einen angemessenen Text über ein Thema abfassen zu müssen, das nach den Protesten der Reformatoren überaus umstritten war. Und das alles vor dem Hintergrund der ohnehin schon kritischen Phase, die in Deutschland die Beziehungen zwischen den Reformatoren und Kaiser Karl V., und – im katholischen Lager – zwischen Kaiser und Papst (Paul III.) auf eine harte Probe stellte.

Nachdem man diese beiden Schwierigkeiten zumindest zweitweise überwunden hatte, wurde der Text in der feierlichen Sitzung vom 13. Januar 1547 approbiert und nach Abschluss des Konzils von Trient von Papst Pius IV. am 26. Januar 1564 gemeinsam mit allen anderen Konzilsdekreten promulgiert.

Die Geschichte berichtet uns nicht nur von diesem iter, sondern auch von dem Umstand, dass man die Approbation des Dekrets im Januar 1547 unbedingt beschleunigen wollte, damit es für die bevorstehenden Fastenpredigten zur Verfügung stünde. Im Namen des Seelenheils sozusagen. Man fürchtete nämlich, dass – sollte die Approbation hinausgezögert werden – „die Seelen vieler Schaden nehmen könnten“ (zitiert nach H. Jedin, Storia del Concilio di Trento, Bd. II, S. 358 Anm. 10).

Als Kommentar (denn etwas anderes ist und kann es nicht sein) veröffentlichen wir in dieser Ausgabe von 30Tage als Editorial einige Gedanken, die Don Giussani 1964 mit einfachen, der Heiligen Schrift und dem Leben entnommenen Worten beschreibt.

Die Begegnung, „die Begegnungen, die Er geschaffen hat, um die Menschen an Seinem Reich teilhaben zu lassen, sind ein reines Geschenk, das jede Fähigkeit unseres Lebens übersteigt, Gnade […]. Aber auch die Fähigkeit, den Ruf zu verstehen, ist ein Geschenk der Gnade […]. Und auch die Fähigkeit, diesen Ruf zu ergründen, seinen Wert zu erkennen, ist Geschenk der Gnade […]. Und die Fähigkeit, den christlichen Vorschlag anzunehmen und umzusetzen, ist Geschenk der Gnade.“ Eine Gnade, der gegenüber man nur eine „Haltung der Bitte, des Gebets annehmen kann […] und die selbst wiederum nur durch ein Geschenk des Schöpfers möglich geworden ist“.

 

 

Dekret des Konzils von Trient De Iustificatione

 

De naturae et legis ad iustificandos homines imbecillitate

Cap. I Primum declarat sancta Synodus, ad iustificationis doctrinam probe et sincere intellegendam oportere, ut unusquisque agnoscat et fateatur, quod, cum omnes homines in praevaricatione Adae innocentiam perdidissent (cfr. Rm 5, 12; 1Cor 15, 22), «facti immundi» (Is 64, 5) et (ut Apostolus inquit) «natura filii irae» (Ef 2, 3), quemadmodum in decreto de peccato originali exposuit, usque adeo servi erant peccati (cfr. Rm 6, 20) et sub potestate diaboli ac mortis, ut non modo gentes per vim naturae (can. 1), sed ne Iudaei quidem per ipsam etiam litteram Legis Moysi inde liberari aut surgere possent, tametsi in eis liberum arbitrium minime exstinctum (can. 5) esset, viribus licet attenuatum et inclinatum (Denzinger 1521).

Can. 1 «Si quis dixerit, hominem suis operibus, quae vel per humanae naturae vires, vel per Legis doctrinam fiant, absque divina per Christum Iesum gratia posse iustificari coram Deo: anathema sit» (Denzinger 1551).

Can. 5 «Si quis liberum hominis arbitrium post Adae peccatum amissum et exstinctum esse dixerit, aut rem esse de solo titulo, immo titulum sine re, figmentum denique a satana invectum in Ecclesiam: anathema sit» (Denzinger 1555).

 

 

Dekret des Konzils von Trient über die Rechtfertigung

 

Die Ohnmacht der Natur und das Gesetz, das die Menschen rechtfertigt

 

Kap. I Zuerst erklärt das heilige Konzil, dass es zum rechten und aufrichtigen Verständnis der Lehre von der Rechtfertigung gehört, dass ein jeder anerkennt und bekennt: Nachdem alle Menschen in der Übertretung Adams die Unschuld verloren hatten (Röm 5, 12; 1Kor 15, 22), „unrein geworden“ (Jes 64, 5) und (wie der Apostel sagt) „von Natur Kinder des Zorns“ (Eph 2, 3), waren sie – wie es im Dekret über die Ursünde dargelegt wurde – so sehr Sklaven der Sünde (vgl. Röm 6, 20) und unter der Macht des Teufels und des Todes, dass nicht nur die Heiden (nicht) durch die Kraft der Natur, sondern nicht einmal die Juden selbst sogar durch den Buchstaben des Gesetzes Mose davon befreit werden und sich erheben konnten; gleichwohl war in ihnen der freie Wille keineswegs ausgelöscht worden, auch wenn er in seinen Kräften geschwächt und gebeugt war.

 

Kan. 1 Wer sagt, der Mensch könne durch seine Werke, die durch die Kräfte der menschlichen Natur oder vermittels der Lehre des Gesetzes getan werden, ohne die göttliche Gnade durch Christus Jesus vor Gott gerechtfertigt werden: der sei mit dem Anathema belegt.

 

Kan. 5 Wer sagt, der freie Wille des Menschen sei nach der Sünde Adams verloren und ausgelöscht worden, oder es gehe nur um eine Bezeichnung, ja, eine Bezeichnung ohne Inhalt, schließlich um eine vom Satan in die Kirche eingeführte Erdichtung: der sei mit dem Anathema belegt.



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