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ZEUGNISSE
Aus Nr. 05 - 2005

21 Kardinäle über den neuen Papst



1 Teil


Bernardin Gantin

Bernardin Gantin

ICH BIN SEHR FROH

von Kardinal Bernardin Gantin
emeritierter Dekan des Kardinalskollegiums

Ich bin sehr froh darüber, daß mich Benedikt XVI. vor meiner Rückkehr nach Benin, wo ich weiterhin als römischer Missionar in Afrika wirken werde, empfangen hat. Und es freut mich sehr, daß der Papst auch Kardinalvikar Camillo Ruini und die Leiter des CELAM empfangen hat. Rom, Afrika und Lateinamerika an einem Vormittag– alle zusammen. Ich habe dem Papst meinen Glückwunsch für ein langes und fruchtbares Pontifikat ausgesprochen. Und auch die Probleme meines Kontinents, der so oft von den Mächtigen dieser Welt vergessen wird, dem Nachfolger Petri aber doch stets am Herzen liegt. Gestern noch Johannes Paul II. und heute seinem Nachfolger. Ich habe die Kriege angesprochen, die ihre blutige Spur durch unser Land ziehen, den Hunger, der Kinder und Erwachsene dahinrafft, die Sekten, die den Glauben der Einfachen vergiften, den sich immer mehr seinen Weg bahnenden Islam, Aids, das für soviele unschuldige Menschen den sicheren Tod bedeutet. Wie hätte ich also nicht beeindruckt davon sein sollen, daß der erste Appell des Papstes in seinem ersten, vom Fenster seiner Wohnung im Apostolischen Palast gebeteten Regina Caeli den Frieden in Togo, einem Nachbarland Benins, zum Inhalt hatte? Ich bin gerührt über diese prompte Bereitschaft des Papstes, wenn ich es natürlich auch vorziehen würde, daß das nicht notwendig wäre. In der kurzen Audienz haben wir über die Gegenwart und die Zukunft gesprochen. Es war keine Zeit für wehmütige Erinnerungen. Und wie sollte ich vergessen, daß Benedikt XVI. 1977 von Paul VI. zum Kardinal kreiert wurde – damals fast schon eine Art „Minikonsistorium“, mit vier neuernannten Kardinälen? Dem Jahr, in dem auch mir die Ehre zuteil wurde, das Kardinalsbirett zu empfangen. Auch dafür bin ich dem großen Papst Montini dankbar.
Alfonso López Trujillo

Alfonso López Trujillo

EINFACH, DEMÜTIG, AUSGEGLICHEN

von Kardinal Alfonso López Trujillo
Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie

„Das erste Werk Ratzingers, das ich gelesen habe, war Einführung in das Christentum. Ein Werk, das ich wegen seiner Klarheit und der Art und Weise, vom Glauben ausgehend die Probleme unserer heutigen Welt anzugehend, ganz einfach beeindruckend fand. Zur Reflexion angeregt hat mich dann sein ekklesiologisches Werk Parola nella Chiesa. Es war, als würde man ein Fenster öffnen und die frische Luft des Glaubens einatmen. Die von ihm angelegten Kriterien sind die richtigen. Es war üblich, meinen Priestern in Medellín dieses Buch zur Priesterweihe zu schenken; es sollte in keinem Bücherschrank eines Priesters fehlen. Ich habe wohl alles gelesen, was von Kardinal Ratzinger in spanischer, italienischer und französischer Sprache veröffentlicht wurde.“ Diese Worte, geschrieben für mein 1997 auf spanisch erschienenes Buch Testimonianze, haben noch heute Gültigkeit.
Ich habe den damaligen Professor Ratzinger 1971 kennengelernt. Damals war ich erst seit kurzem Bischof, und wir hatten gerade am Sitz der kolumbianischen Bischofskonferenz einen Monat ausgerufen, der ganz im Zeichen theologischer Fortbildungskurse für die Bischöfe des Landes stehen sollte. Unter den Vortragenden war auch der heutige Papst Benedikt XVI. Ich kann mich noch gut erinnern, daß der junge Professor Ratzinger von Zeit zu Zeit „verschwunden“ war, sich in einen abgelegenen Winkel zurückgezogen hatte, um das Brevier zu beten oder den nächsten Vortrag vorzubereiten. Dabei konnte ich auch sehen, wie gut er sich auf die Stenografie verstand, mit der er seine Referate so schnell niederschrieb.
Später dann, im Jahr 1988 – ich war damals Präsident der kolumbianischen Bischofskonferenz – organisierte ich für die Bischöfe eine Begegnungswoche mit Ratzinger, der in der Zwischenzeit Kardinal und Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre geworden war.
Als Mitglied besagter Kongregation hatte ich in diesen mehr als zwanzig Jahren oft Gelegenheit, die großen menschlichen und geistlichen Gaben des neuen Papstes zu bewundern. Sein einfaches, demütiges, ausgeglichenes Auftreten. Seine Fähigkeit, zuzuhören. Seine geduldige Aufgeschlossenheit für den Dialog, ohne dabei jemals auf die Pflicht zu vergessen, alle an das zu gemahnen, was der Herr von seiner Kirche wünscht.
In meinem bereits erwähnten Buch aus dem Jahr 1977 habe ich geschrieben: „Mitansehen zu müssen, wie man ihn zu unrecht als ‚Großinquisitor‘ bezeichnet, löst in uns, die wir ihn aus nächster Nähe kennengelernt haben, eine gewisse Heiterkeit aus. Ich dagegen glaube nämlich, daß ihn allein sein vorbildlicher Gehorsam zum Glauben einer so großen Verantwortung zugeführt hat, die er mit einer Autorität ausübt, die im unverbrüchlichen Dienst einer friedlichen Wahrheit verwurzelt ist [...]. Was vielleicht nur wenige kennen, ist seine Geduld; eine Geduld, die von all jenen bezeugt werden kann, die im Rahmen seiner Ausübung der ihm von der Kirche übertragenen Ämter mit ihm zu tun hatten, die Befreiungstheologen eingeschlossen.“ Auch diese Worte sind heute – acht Jahre später – immer noch gültig... Ja, mehr als das.
Zum Abschluß meiner kurzen Stellungnahme möchte ich noch sagen, daß ich mich sehr geehrt fühle, einer der ersten gewesen zu sein, die der Papst in Privataudienz empfangen hat. Bei dieser Gelegenheit konnte ich ihn über den neusten Stand der Vorbereitungen für das Weltfamilientreffen mit dem Papst informieren, das in der ersten Juliwoche 2006 in Valencia, Spanien, stattfinden wird.


Giovanni Battista Re

Giovanni Battista Re

DER NEUE NAME

von Kardinal Giovanni Battista Re
Präfekt der Kongregation für die Bischöfe

Wenn der Name Benedikt XVI. auch viele überrascht hat, kann man – in Anbetracht der kurzen Dauer des Konklaves – nicht von einer wirklichen Überraschung über die Wahl von Kardinal Ratzinger zum Papst sprechen.
Er galt nämlich bereits vor langer Zeit als einer der am meisten geschätzten Theologen (hatte mit 31 Jahren einen Lehrstuhl an der Universität, war Konzilsberater beim II. Vatikanischen Konzil, usw.). Und schließlich war er seit 1977 – als ihn Paul VI. zum Erzbischof von München ernannt und, nur wenige Monate später, zum Kardinal kreiert hatte – dank seiner großen intellektuellen Gaben, seiner Anschauung der Probleme unserer Zeit und seines Engagements für die Verteidigung der christlichen Identität eine der bekanntesten Persönlichkeiten.
Es wäre falsch anzunehmen, daß der neue Name eine Diskontinuität mit seinen unmittelbaren Vorgängern bedeutet: Benedikt XVI. wird sicher den Kurs von Johannes Paul II. fortführen, in Kontinuität mit der zweitausendjährigen Tradition der Kirche. Das hat er selbst am Tag nach seiner Wahl bekräftigt, als er meinte, „die feste Hand“ von Johannes Paul II. „die seine drücken“ und ihn sagen zu hören: „Hab keine Angst!“ (L`Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 17/2005).
In Papst Ratzinger vereinen sich Kraft und intellektuelle Strenge mit großer Menschlichkeit und bescheidenem Auftreten. Diese Menschlichkeit bezeugen auch die Worte, mit denen er sich selbst, unmittelbar nach seiner Wahl, als „einfachen und bescheidenen Arbeiter im Weinberg des Herrn“ bezeichnete.
Die Größe eines Papstes liegt in der Tatsache, der Nachfolger Petri zu sein und folglich der Stellvertreter Christi auf Erden, dem die Aufgabe zukommt, die Brüder im Glauben zu stärken und Grundstein der Einheit der Kirche zu sein. Die Person ändert sich, nicht aber die Sendung.
Jeder Papst bringt aber natürlich auch seine Persönlichkeit mit ein, seine Herkunft, die Prägung, die von dem Umfeld herrührt, in dem sich sein menschlicher und christlicher Werdegang vollzogen hat. Deshalb wird der Stil von Benedikt XVI. auch anders sein als der seines Vorgängers, nicht aber seine Liebe zu Christus und der Wunsch, der Menschheit zu dienen, ihr dabei zu helfen, in der Brüderlichkeit zu wachsen, in der Solidarität, der Achtung der anderen, in der Liebe, der Gerechtigkeit und im friedlichen Zusammenleben.
In diesen 23 Jahren, in denen er dem Dikasterium der Römischen Kurie vorstand, das mit dem Schutz und der Förderung der Glaubenslehre in der katholischen Kirche befaßt ist, hat sich gezeigt, daß Kardinal Ratzinger ein großer Zeuge der Wahrheit über Gott und über den Menschen ist, ohne sich jemals von den wechselnden Moden mitreissen zu lassen und ohne jemals in das Erfolgsstreben dieser Welt abzugleiten.
In der Homilie des Tages, an dem das Konklave eröffnet wurde, Paulus kommentierend, der davor warnte, „sich vom Windstoß irgendeiner Lehrmeinung hin- und hertreiben zu lassen“, sprach sich Kardinal Ratzinger unmißverständlich gegen die heute so weit verbreitete „Diktatur des Relativismus“ aus, „die als letztes Maß nur das eigene Ich und seine Gelüste gelten läßt“, und schloß mit der Feststellung, daß „‚Erwachsen‘ nicht ein Glaube ist, der den Wellen der Mode und der letzten Neuheit folgt“, sondern „ein Glaube, der tief in der Freundschaft mit Christus verwurzelt ist“ (19. April, vgl. L`Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 16/2005) ). Diese Worte lassen den Horizont seines Denkens und seiner Mentalität erkennen und zeugen von einer mutigen Entschlossenheit. Als tiefgläubiger Mensch ist er zur Begegnung und zum Dialog mit einem jeden bereit, vorausgesetzt, dieser ist wirklich auf der Suche nach der Wahrheit.
Während Johannes Paul II. ein Mystiker und Philosoph war, überwiegt bei Benedikt XVI. eine in der Tradition der Kirchenväter verwurzelte Spiritualität und eine starke theologische Dimension.
Die Namenswahl liegt in dem Bemühen Benedikts XV. (1914-1922) um den Frieden begründet. Dieses Papstes, der den Krieg als „unnützes Massaker“ bezeichnete und unermüdlich auf der Suche nach friedlichen Lösungen war. Aber es ist auch ein Name, der das Erbe des hl. Benedikt wieder aufgreift, Begründer des abendländischen Mönchstums, das sich von Montecassino aus in ganz Europa verbreiten konnte und entscheidend zur Entwicklung der europäischen Zivilisation beitrug. Der Name Benedikt ist daher tief im Glauben verwurzelt, in der Kultur, der Zivilisation. Von den 16 Päpsten, die diesen Namen gewählt haben, waren 10 Römer: es findet sich hier also auch eine Wurzel der Romanitas.
Die Erfahrung lehrt uns, daß jede Epoche den Papst hat, den sie braucht, damit der Heilige Geist in der Kirche und in den Herzen wirksam wird.
Das außergewöhnlich rege Interesse, das die Welt in den vergangenen Wochen am Papsttum zeigte, ist nicht nur ein Beweis dafür, wie lebendig die katholische Kirche ist, sondern auch ein Zeichen der Hoffnung darauf, daß das Wirken des neuen Papstes – auch inmitten der Stürme und Wirren, an denen es nicht fehlen wird – der Menschheit von heute reiche Frucht der Güte, Gutes bringen wird; einer Menschheit, die von dem Verlangen nach dem Unendlichen geprägt ist, das niemand je aus den Herzen der Menschen auslöschen können wird.
Benedikt XVI. wird nun seinen Kurs abstecken, der neu und alt zugleich sein wird. In der Homilie zum Beginn seines pastoralen Dienstes als Nachfolger Petri hat Benedikt XVI. die Worte Johannes Pauls II. wiederaufgegriffen. Jenes „Öffnet Christus die Pforten!“, das am 22. Oktober 1978 erklungen war. Mit Nachdruck hat er betont, daß „wer glaubt, nie allein ist“, und daß dem, der Christus einläßt, „nichts, nichts, gar nichts verloren geht von dem, was das Leben frei, schön und groß macht“ (24. April, vgl. L’Osservatore Romano, Nr. 17/2005).
Papst Ratzinger wird nun keine Zeit mehr haben, am Klavier Mozart zu spielen. Er wird ein Papst sein, der den Glauben in der Welt verstärken wird; er wird ein großer Hirte sein, anspruchsvoll, was den Glauben und die Prinzipien angeht, aber mit einem gütigen Herzen allen gegenüber, den Nah- wie auch den Fernstehenden, in einer Welt, die es nach Liebe, nach Hoffnung und nach Leben dürstet.


Francis Arinze.

Francis Arinze.

die LITURGIE ist der AUSDRUCK
DES GLAUBENS

von Kardinal Francis Arinze
Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst
und die Sakramentenordnung
Ich lernte den damaligen Kardinal Joseph Ratzinger kennen, als er Erzbischof von München war. Es war 1977 oder 1978, ich war damals Erzbischof von Onitsha, in Nigeria und kam zu Besuch nach Deutschland. Von dem Theologen Ratzinger hatte ich bereits gehört, war ihm aber noch nicht begegnet. Später, 1984, als ich von Johannes Paul II. zum Präsidenten des Päpstlichen Rates für den interreligiösen Dialog ernannt wurde, und danach, als Mitglied der Kongregation für die Glaubenslehre, hatte ich Gelegenheit, ihn gut kennenzulernen.
Ich würde ihn als große Persönlichkeit bezeichnen. In ihm sehe ich einen Priester, einen Bischof, einen Kardinal, und jetzt einen Papst, der sich ganz Jesus Christus und der Kirche widmet; einen Mann des Glaubens, eines bedingungslosen, intelligenten katholischen Glaubens. Papst Benedikt versteht den Glauben klar und unmißverständlich auszudrücken: auf eine Weise, die den Gelehrten entspricht, aber auch nicht zu schwierig ist für die einfachen Menschen. Wenn man das Glück hat, ihm zuhören zu dürfen, so ist das, was Lehre und Spiritualität betrifft, stets eine Bereicherung. Er ist ein sehr intelligenter Mensch, nicht einer, der den anderen „überfährt“, sondern einer, der zuhören kann. Wenn der andere ein wirklich gutes Argument vorbringt, dann kann er das durchaus akzeptieren. Auch ich war schon Zeuge seiner Bereitwilligkeit, seine Position zu ändern, wenn er es mit wirklich überzeugenden Argumenten zu tun hatte.Man vergißt oft, daß es Aufgabe der Kongregation für die Glaubenslehre ist, den Glauben zu fördern und zu verteidigen, und nicht, die anders denkenden Theologen zu unterdrücken. So haben sich die Leute Kardinal Ratzinger wie einen gestrengen und kleinlichen Schiedsrichter vorgestellt, der nicht zögert, das Spiel abzupfeifen, oder nicht gültige Tore zu annullieren... Und wenn es auch richtig, ist, daß es da einen Schiedsrichter gibt – um zu vermeiden, daß das Spiel mit „zerbrochenem Geschirr“ endet –, muß man doch sagen, daß der Glaube etwas sehr viel Wichtigeres ist als ein Fußballmatch, und die Gestalt Kardinal Ratzingers, jetzt Papst Benedikt, nicht auf die eines unerbittlichen Schiedsrichters reduziert werden darf. Man muß nur den Osservatore Romano vom 24. April lesen, mit der von ihm in den letzten vierzig Jahren produzierten Bibliographie. Wirklich beeindruckend!All denen, die ihn nicht persönlich kennen, kann ich nur sagen: wartet ab, hört zu, sperrt Augen und Ohren auf; man kann nämlich nichts sehen, wenn man die Augen schließt und nichts hören, wenn man nicht zuhören will.Einige haben Angst vor der Wahrheit – und wenn sie von der Kongregation für die Glaubenslehre reden hören, klagen sie sofort über Kopfschmerzen und hohen Blutdruck –, ich aber sage ihnen, daß sie keine Angst haben dürfen: wenn ihr euch in die Texte vertieft, die dieser Papst geschrieben hat, werdet ihr erst richtig in den Genuß dessen kommen, treue Zeugen Jesu zu sein! Papst Benedikt XVI. hat, als Theologe und Kardinal, viel über die Liturgie geschrieben. „Lex credendi, lex orandi“: die Liturgie ist Ausdruck des Glaubens, und der Glauben ist es, der die Liturgie leitet. Die Liturgie ist nicht für jene, die wollen, daß immer alles nach ihrem Kopf geht, hier ist kein Platz für „Do-it-yourself“-Gehabe. Die Liturgie ist öffentlicher Ausdruck des Glaubens der Kirche, der Geheimnisse Christi, die gefeiert werden. Und Kardinal Ratzinger – heute Papst Benedikt – hatte recht klare Vorstellungen von der Liturgie, und keine Angst, diese auch zu äußern. Das ist uns, wie man sich wohl unschwer vorstellen kann, bei unserer Arbeit der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung eine große Ermutigung. Wer keine Angst hat, die Ohren aufzusperren, versteht, was ich meine!

Bernard Francis Law.

Bernard Francis Law.

ER LEBT SEIN LEBEN OHNE FURCHTvon Kardinal Bernard Francis Law
Erzpriester der Liberianischen Patriarchalbasilika Santa Maria Maggiore
Die Bücher des Theologen Joseph Ratzinger kannte ich bereits, unsere erste persönliche Begegnung geht allerdings auf die Achtzigerjahre zurück, als er Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre war, und ich kirchlicher Delegat der amerikanischen Bischofskonferenz für die pastoral provision für Mitglieder des verheirateten anglikanischen Klerus, die als Priester in die katholische Kirche eintreten wollten. Ich fungierte praktisch als trait d’union zwischen der Kongregation, die den Anglikanern die formelle Genehmigung erteilte, die Priesterweihe zu empfangen, und den einzelnen Bischöfen, die bereit waren, diesen neuen Priestern der katholischen Kirche eine pastorale Rolle zuzuteilen. Nach der außerordentlichen Bischofsversammlung von 1985 traf ich häufig mit dem damaligen Kardinal Ratzinger zusammen. Nach dieser Bischofsversammlung wünschte der Papst nämlich die Zusammenstellung eines offiziellen Katechismus der katholischen Kirche. Johannes Paul II. ernannte Kardinal Ratzinger zum Präsidenten der damit beauftragten Kommission, der auch ich angehörte. So hatte ich Gelegenheit, Seite an Seite mit ihm zu arbeiten. Und das war eine ganz außergewöhnliche Erfahrung für mich, eine wahre Bereicherung. Dabei fällt mir eine Episode ein, die mich für immer mit dem neuen Papst und seinem Vorgänger verbinden wird. Es war der 27. Mai 1994, der Tag vor der Entlassung von Johannes Paul II. aus dem Gemelli-Krankenhaus, wo er sich einer Hüftoperation hatte unterziehen müssen. An jenem Morgen erhielt der Papst, der sich noch in seinem Zimmer im 10. Stock des Krankenhauses aufhielt, vom damaligen Kardinal Ratzinger und von mir die erste Kopie der englischen Version – in typisches weißes Leder gebunden – des Katechismus der katholischen Kirche.
Gemeinsam mit Kardinal Ratzinger habe ich auch an zahlreichen Versammlungen der verschiedenen Kurien-Kongregationen teilgenommen; Gelegenheiten, bei denen ich immer wieder von seinen wertvollen Stellungnahmen beeindruckt war. Seine Fähigkeit, zuzuhören, seine Fähigkeit, eine Synthese der Beiträge zu erstellen, denen er bei diesen Versammlungen lauschte, jede Konfusion zu vermeiden, war ganz einfach bemerkenswert.Was mich an Kardinal Ratzinger schon immer beeindruckt hat ist, daß man jedes Mal, wenn man einen seiner Beiträge hört oder liest, etwas dazulernt, und daß er ein ganz besonderes, außergewöhnliches Lehr-Charisma besitzt. Aber nicht nur das. Der neue Papst ist auch ein Mensch, der sein Leben ohne Furcht lebt, weil er sein ganzes Vertrauen in Gott setzt, in Jesus und in die Jungfrau Maria. Und das hat man auch an der bescheidenen Art und Weise gesehen, wie er die alles menschliche Vermögen überschreitende, unerhörte Aufgabe des Bischofs von Rom und Nachfolgers Petri angenommen hat.
Dionigi Tettamanzi.

Dionigi Tettamanzi.

„Die kirche strahlt aus deM LICHT CHRISTI“

von Kardinal Dionigi Tettamanzi
Erzbischof von Mailand
„Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“ (Mt 16,18). Dieses Wort Jesu ist der unzerstörbare Grundstein und die tiefe Motivation, die dem recht gibt, was wir in den vergangenen Wochen erlebt haben. Diese Aussage Jesu erklärt nämlich die Liebe, die das christliche Volk für den Papst hegt, für einen jeden Papst.
Die Worte Jesu erklingen nach einem eindringlichen, immer intensiver werdenden Dialog zwischen Jesus und seinen Jüngern. Sie sind gleichzeitig wie die Antwort und das Siegel unseres Herrn Jesus auf das einprägsame Glaubensbekenntnis des Apostels Petrus: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“Und genau diese Seite aus dem Evangelium wurde am Spätnachmittag des 19. April in der Stille der Sixtinischen Kapelle verlesen, unmittelbar nachdem der neue Papst seine kanonische Wahl zum Pontifex angenommen und erklärt hatte, den Namen Benedikt XVI. gewählt zu haben. Das, was sich eines lang zurückliegenden Tages in dem bedeutungsvollen Dialog zwischen Petrus und Jesus ereignet hatte, wiederholte sich in jenem präzisen Moment, ereignete sich noch einmal zwischen dem Herrn Jesus und dem neuen Petrus mit dem Namen und dem Gesicht von Kardinal Ratzinger.Ich bin mir sicher, daß sich nach und nach, im Laufe seines Pontifikats zeigen wird, welch herausragende und facettenreiche Persönlichkeit der neue Papst ist.Es gibt da einen Aspekt der Geschichte und Persönlichkeit des neuen Papstes, auf den ich gerne noch eingehen möchte. Seine Treue zum Konzil und dessen Umsetzung.Denn auch heute ist es immer noch das Konzil, das den gerade erst begonnenen Dienst des neuen Papstes lenkt. Indem er nämlich der Linie des verstorbenen Johannes Paul II. folgt, will er den Weg ins dritte Jahrtausend beschreiten, „in den Händen das Evangelium haltend, das durch die maßgebliche vertiefte Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils auf die heutige Welt angewandt wurde“; wie er am Tag nach seiner Wahl in der Sixtinischen Kapelle bekräftigt hat.Nun „ist dort, wo Petrus ist, die Kirche Mailands“, wie bereits einer meiner Vorgänger bekräftigte, Erzbischof Luigi Nazzari von Calabiana, den bekannten Ausspruch unseres Vaters, des hl. Ambrosius’, wieder aufgreifend („Ubi Petrus, ibi Ecclesia“). Ja, auch unsere Kirche ist darum bemüht, in Treue zum II. Vatikanischen Konzil voranzuschreiten.In der Tat hat dieses Konzil den Menschen unserer Zeit Jesus Christus, das „Licht der Völker“ mit neuer Kraft aufgezeigt und den Wunsch zum Ausdruck gebracht „alle Menschen durch seine Herrlichkeit, die auf dem Antlitz der Kirche widerscheint, zu erleuchten, indem sie das Evangelium allen Geschöpfen verkündet“ (Lumen gentium, Nr. 1). Wie sagte schon der hl. Ambrosius? „Die Kirche strahlt nicht aus ihrem eigenem Licht, sondern aus dem Christi und zieht ihren Glanz aus der Sonne der Gerechtigkeit“ (Exameron IV, 32).Wer den Blick auf Christus, unseren Herrn, gerichtet hält und ihn im Glauben als den einzigen, universalen und notwendigen Retter des Menschen und der Welt erkennt, ist in die missionarische Dynamik der Kirche miteinbezogen: wird Sein Zeuge, Zeuge des Auferstandenen. Wie der Papst am Sonntag, 24. April, gesagt hat, sind wir „dazu da, den Menschen Gott zu zeigen“, um allen, mit dem Wort und mit dem Leben, zu zeigen, daß „es nichts Schöneres gibt, als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Es gibt nichts Schöneres, als ihn zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm zu schenken.“Wer den Blick auf Christus, unseren Herrn, gerichtet hält, der entspricht seinem brennenden Wunsch, seinem präzisen Willen: ut unum sint (Joh 17,21) und wandelt auf dem Weg des Ökumenismus. Und wer den Blick auf Christus gerichtet hält, öffnet sich dem interreligiösen Dialog, öffnet sich – in der Wahrheit und in der Liebe – dem Menschen, allen Menschen und einem jeden, besonders den vielen Personen, die in der Wüste leben.Beeindruckend finde ich die Bitte, die der neue Papst immer, und mit großem Nachdruck, zu wiederholen pflegt: der Bitte um die wertvolle Unterstützung unserer Gebete: „Betet für mich“: so lautet die Bitte, ja, die ganz persönliche Aufforderung, die Benedikt XVI. auch an mich richtete, in dem kurzen, aber doch so bewegenden Moment, als ich ihn unmittelbar nach seiner Wahl in der Sixtinischen Kapelle begrüßen konnte, wie auch am Morgen des Freitag, 22. April, nach der Begegnung mit allen Kardinälen, als ich vor ihm kniete und ihm versicherte, wie nah ihm die ambrosianische Kirche wäre, wie viel Zuneigung sie für ihn empfinde. Als ich die Gebete erwähnte, die ihn begleiteten, sagte er, in einem nachdrücklichen und zugleich gerührten Ton, folgende bedeutende Worte zu mir: „Dann betet für mich!“.Möge die allerheiligste Mutter Jesu und der Kirche, unsere „Madonnina“, von der Höhe des Doms aus, mit ihrem Blick und ihrem Lächeln Benedikt XVI. erreichen und ihn bei seinem Dienst als universaler Hirte begleiten.
Francis Eugene George.

Francis Eugene George.

EIN MANN KATHOLISCHEN GLAUBENS

von Kardinal Francis Eugene George
Erzbischof von Chicago
Papst Benedikt XVI. ist ein Mann des Glaubens, des katholischen Glaubens, und er ist auch ein Mann des Gebets. Eine seiner wichtigsten Aufgaben wird es sein, einem Prozess aggressiver Sälularisierung entgegenzutreten, der ganz besonders im Westen spürbar ist.
Ich hatte Gelegenheit, einen Theologie-Vortrag des damaligen Kardinals Joseph Ratzinger in Philadelphia, USA, mitzuerleben. Es war noch vor meiner Ernennung zum Bischof. Seine Bücher hatte ich bereits gelesen, nicht nur die über die Lehre der Kirche, die Fundamentaltheologie und über die Ekklesiologie, sondern auch jene, die sich mit der Spiritualität befassen und mir im Gebet sehr hilfreich waren. Nach meiner Bischofsweihe hatte ich mehrere Male Gelegenheit, ihn zu treffen und mit ihm zu sprechen. Ich hatte stets den Eindruck, daß er ein ausgeglichener und fähiger Mann ist. Fähig, zuzuhören, Punkte für einen Konsens zu finden.
Als Benedikt XVI. auf den Balkon von St. Peter trat, die Arme ausbreitend, als wolle er alle umarmen, und seinen Gruß an die versammelte Menschenmenge richtete, habe ich gedacht: das ist die Standesgnade, vorher war Kardinal Ratzinger nicht so expansiv. Und ich muß auch sagen, daß für mich der Moment sehr wichtig war, als Kardinal Ratzinger die Wahl zum Papst angenommen hat. In diesem Moment habe ich gedacht: jetzt haben wir eine vollständige Kirche, kein aus Kardinälen zusammengesetztes Komitee, sondern jemanden, der in seinen Händen die Macht der Schlüssel hält.
Beeindruckt hat mich auch die Namenswahl, dieser Bezug auf den Frieden auf der Welt (Papst Benedikt XV.), und auf die Zukunft Europas (Benedikt von Nursia). Ich glaube, daß wir einen Papst haben werden, der für die heutigen kulturellen Strömungen überaus empfindsam ist.
Und schließlich ist Benedikt XVI. auch mit der Geschichte der Liturgie gut vertraut und weiß, daß bei der sogenannten Liturgiereform etwas verlorengegangen ist. Er ist zweifellos ein Mann des II. Vatikanischen Konzils, wie es auch Johannes Paul II. war. Aber inzwischen sind 40 Jahre vergangen, und wir müssen die guten wie auch die schlechten Seiten der Reform sehen. Und vielleicht wird der neue Papst in den umstrittenen Bereich der Liturgie ein bisschen Ausgeglichenheit bringen.

Paul Shan Kuo-hsi.

Paul Shan Kuo-hsi.


GLAUBENSGEWISSHEIT UND HOFFNUNG FÜR DIE MENSCHHEIT

von Kardinal Paul Shan Kuo-hsi
Bischof von Kaohsiung (Taiwan)

Ich bin sehr glücklich, daß wir einen neuen Papst haben, der seinem Vorgänger in so vielen Aspekten ähnelt. Es ist eine Tatsache, daß er ein guter Freund von Johannes Paul II. war, seine rechte Hand, und somit werden viele große Projekte des vorherigen Papstes fortgesetzt werden können.
Der neue Papst ist ein Mann von tiefem Glauben. Und wenn es in einer säkularisierten Gesellschaft auch jede Art von doktrinären Strömungen geben mag – denen zu folgen die Menschen geneigt sind, die oft nicht wissen, wohin sie gehen sollen, weil sie die Richtung verloren haben, den Sinn des Lebens, die Bedeutung der Dinge –. weiß dieser Papst, mit seinem tiefen Glauben an Gott und an Jesus, doch sehr genau, welchen Kurs die Kirche und die Menschheit einschlagen.
Und dann ist er auch ein großer Theologe, war ein Vierteljahrhundert lang Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre und Glaubenshüter der Kirche, hat überaus klare Vorstellungen, was genau das ist, was die Kirche und die ganze Menschheit brauchen. Ich erwarte mir von diesem neuen Papst, daß er der Kirche vor allem einmal ein Gefühl der Sicherheit gibt. Er weiß, daß die Christen in den vergangenen Jahrzehnten, den verschiedenen Strömungen unterschiedlicher Lehren und Glauben, zu einer Art „Kaffeehaus“-Christen geworden sind, die sich heute für das, morgen für das andere entscheiden, das eine annehmen und das andere ablehnen, nicht mehr wissen, daß der Glaube in seiner Fülle Gültigkeit erlangt und in seiner Ganzheit angenommen werden muß, nicht zerstückelt werden darf. Dieser Papst kann uns die Gewißheit des Glaubens geben.
Zweitens kann Papst Benedikt der Menschheit Licht und Hoffnung bringen. Viele junge Menschen suchen eine Führung für ihre Zukunft, einen Lichtstrahl, eine Hoffnung, die ihnen weder ihre Professoren noch ihre Regierungen zu geben vermögen. Es gibt zuviel Verwirrung, und der Papst kann ein Licht anbieten, nicht das seine, sondern das des Herrn, Jesus Christus, der von sich gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern umhergehen“, denn nur in Jesus Christus haben wir Hoffnung und Licht.
Drittens: er hat einen schönen Namen gewählt, Benedikt, den Namen des heiligen Schutzpatrons Westeuropas. Johannes Paul II. kam aus Osteuropa, das er vom atheistischen Kommunismus befreit hat. Osteuropa ist heute sehr säkularisiert, und der Glaube ist sehr geschwächt. Ebenso wie der hl. Benedikt und seine Mönche in Europa die christliche Tradition und Kultur während des Einfalls der Barbaren aufrechterhalten haben, so kann Papst Benedikt die Traditionen und die Wurzeln der europäischen Kultur und Gesellschaft neu beleben.
Wir wissen auch, daß 1914, zu Beginn des 1. Weltkriegs, Benedikt XV. gewählt wurde, der den Krieg weder wollte noch liebte, sondern nie müde wurde, Frieden und Versöhnung zu suchen. Und erinnern wir uns auch daran, daß er das berühmte Apostolische Schreiben Maximum illud verfaßt hat – das große Auswirkungen hatte –, um nicht nur die Missionsaktivität anzukurbeln, sondern auch die Schaffung und Herausbildung des einheimischen Klerus in den Missionsgebieten zu fördern. Auch dieser Papst wird sich für die Missionen und für die neuen Berufungen vor Ort einsetzen, wird eine größere Evangelisierung in die Welt hinaustragen. Ich hoffe, daß er, wenn er sich um die Missionsländer kümmert, seinem Vorgänger Johannes Paul II. nacheifern wird, der 1995, als er in Manila zur Föderation der Bischofskonferenzen Asiens sprach, sagte, das dritte Jahrtausend sei das Jahrtausend der Evangelisierung Asiens. Was er dann auch in seinem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Ecclesia in Asia bekräftigte. Für Papst Wojtyla hatte das erste Jahrtausend die Evangelisierung des Mittelmeerraumes erlebt, das zweite die Nord- und Südamerikas, sowie eines Teils Afrikas, und das dritte Jahrtausend sollte für Asien bestimmt sein. Ich hoffe, daß das nicht nur einer seiner Wünsche oder eines seiner Gebete war, sondern auch eine Prophetie, der sich, wie ich hoffe, auch der neue Papst anschließen kann.
Und schließlich hoffe ich, daß die Theologen unter der Führung von Papst Benedikt XVI. neue Begriffe finden werden, um in einer für die moderne Welt akzeptablen und dem Normalverbraucher verständlichen Weise unseren Glauben anbieten zu können. Diese meine Hoffnung möchte ich dem Papst gegenüber zum Ausdruck bringen.


Theodore Edgar McCarrick.

Theodore Edgar McCarrick.

EIN SEGEN FÜR UNS ALLE

von Kardinal Theodore Edgar McCarrick
Erzbischof von Washington

Ich glaube, daß wir wirklich froh sein können, daß uns der Herr diesen neuen Papst geschenkt hat: Benedikt XVI. Ich glaube, daß das Konklave deshalb so schnell beendet war, weil dieser Mann nicht nur dadurch beeindruckte, wie er für unseren geliebten Papst Johannes Paul II. gebetet hat; nicht nur durch die schlichte, freundliche Art so voller Güte und Würde, in der er in den Tagen nach dem Tod des Heiligen Vaters und vor dem Konklave seine Rolle als Dekan des Kardinalskollegiums erfüllte, sondern auch, weil wir bei dieser Gelegenheit an all die außergewöhnlichen Dinge denken mußten, die er in den letzten 25 Jahren an der Seite des Heiligen Vaters für die Kirche vollbracht hat. Er war ein ganz hervorragender Theologe des Heiligen Vaters, ein hervorragender Hüter der Glaubenslehre – eine Rolle, die für Johannes Paul II. und für uns alle wichtig war.
Er und der Heilige Vater waren ein gutes Team, das es verstand, weise für das Wohl der Kirche und die Führung der Gläubigen zu wirken. Ich glaube, daß uns – als wir ihm so zuhören, ihn so betrachten konnten – wieder bewußt wurde, daß er nicht nur ein großer Theologe ist, sondern ein Mann des Glaubens.
Ich erinnere mich, seine spirituellen Bücher gelesen zu haben, seine Meditationsbücher, Bücher, die nicht nur seine große Weisheit und Intelligenz zeigen, sondern auch seine Demut, seine Frömmigkeit und seine Güte.
Als es also darum ging, den ersten Papst des dritten Jahrtausends zu wählen, war da ein Mann, der uns durch die Art und Weise beeindruckt hatte, in der er uns drei Wochen lang geführt hat und uns durch seine Güte und seine Heiligkeit wieder ins Gedächtnis rief, welche außergewöhnlichen Gaben er uns in diesen langen Jahren an der Seite von Papst Johannes Paul II. bereits geschenkt hatte.
In der heutigen Welt scheint er die Kraft und die Gnade zu besitzen, die notwendig sind, um uns in der kommenden Zeit zu führen. Das ist der Grund, warum wir alle geglaubt haben, daß der Heilige Geist gesagt hat: das ist euer Mann, wählt ihn, folgt ihm und freut euch, daß ich euch diesen neuen Leader geschenkt habe, der euer Hirte sein wird. Seid ihm treu, so wie ihr es auch seinem Vorgänger wart.
In den Vereinigten Staaten ist es üblich, daß der neu gewählte Präsident eine Rede hält, in der er seine Haltung erläutert, seine Ansicht über den augenblicklichen Stand der Dinge und seine Pläne für die Zukunft. Ich glaube, daß der Heilige Vater, mit bewundernswertem Weitblick, in seiner ersten Homilie vom 20. April genau das getan hat.
Er hat sie nicht lange vorher vorbereiten können – schließlich wußte er ja nicht, daß er Papst werden würde –, aber es war, als hätte ihm der Heilige Geist gesagt: „Sag ihnen, was die Kirche auf ihrem Weg braucht.“ Und da hörten wir dann alle Punkte, die er ansprach, besonders seinen Willen, sich um die Verwirklichung des II. Vatikanischen Konzils zu bemühen, sich auf diese bedeutenden Dokumente zu stützen.
Uns war immer klar gewesen, daß Johannes Paul II. einer der großen Konzilsväter war, eine wichtige Rolle gespielt hat – wie auch Kardinal Ratzinger, Papst Benedikt XVI., der einer der herausragendsten Theologen des Konzil war.
Es ist ein großes Glück für uns, zwei Männer zu haben, die das Konzil so getreu zu interpretieren, seinen großen Lehren, großen Gnaden, großen Anschauungen zu folgen verstanden!
Es ist meiner Meinung nach also ein großes Glück für uns, diesen bedeutenden Mann zu haben.
Manchmal geben die Medien (bestimmt nicht 30Tage!) Interpretationen über Personen ab, und oft wurde Kardinal Ratzinger als ein gestrenger, starker Mann beschrieben, nicht als einer, der mit anderen zusammenarbeitet. Dazu kann ich nur sagen, daß wir in den drei Wochen, die wir mit ihm gemeinsam erlebt haben, feststellen konnten, wie kollegial er ist, wie bereit zur Kollaboration, welch großen Teamgeist er bei der Arbeit hat und wie umgänglich und freundlich er ist: sein Verhalten seinen Mitbrüdern aus dem Kardinalskollegium gegenüber ist von einer großen Freundlichkeit, einer großen Bescheidenheit geprägt.
Wir müssen Gott dafür danken, ihn als Papst zu haben, und ich bete darum, daß der Segen des Herrn auch weiterhin auf ihm ruhen möge bei der Aufgabe, die große Herde dieser großen katholischen Kirche in den kommenden Jahren zu leiten.
Der Papst hat erklärt, den Namen Benedikt gewählt zu haben, weil Benedikt XV. ein Mann war, der sich für den Frieden und für die Versöhnung der von dem schrecklichen 1. Weltkrieg zerrütteten Völker eingesetzt hat. Und, weil der heilige Benedikt einer der großen Patrone Europas war. Europa, das nun vereint sein muß, um in den kommenden Jahren den rechten Weg einzuschlagen.
Als ich den Namen gehört habe, mußte ich daran denken, daß er für uns „Benedictus“ ist, weil er ein Segen für die Kirche, für uns alle, sein wird. Nicht, daß er den Anspruch gestellt hätte, das zu sein. Er wird es sein. Er wird ein Segen sein für uns in diesem für das Leben der Kirche und die Welt so kritischen Moment.


Desmond Connell.

Desmond Connell.

WUNDERBARES MITGEFÜHL
UND VERSTÄNDNIS

von Kardinal Desmond Connell
Emeritierter Erzbischof von Dublin
Die Wahl von Benedikt XVI. kann ich nur begrüßen. Im Moment der Ankündigung durch Kardinal Medina mag sich der ein oder andere gefragt haben, ob Kardinal Ratzinger, nun Benedikt XVI., ein Hirte oder vielmehr ein Theologe sei, vielleicht sogar ein Mann, der zu den einfachen Menschen wenig Kontakt hat. Das, was wir seit seiner Wahl sehen konnten zeigt, daß er ein wahrer Hirte ist.
Ich war sehr beeindruckt von der Homilie am Tag seiner Amtseinführung, ganz besonders von dem Bild der Wüste. Viele Menschen leben aus verschiedenerlei Gründen, einschließlich dem der Armut und der Verlassenheit, in der Wüste der modernen säkularisierten Gesellschaft. Mir scheint, daß in den Worten des Heiligen Vaters ein wunderbares Mitgefühl und Verständnis für das Leid der Menschen der modernen Welt mitschwang. Ich habe gesehen, wie der Papst dem Leid sein Herz geöffnet hat.Auch die Fragen, die ihm am Herzen liegen, haben mich beeindruckt. Er ist sehr darauf bedacht, die Kollegialität voranzutreiben. Ich denke, daß das eine wirkliche Überraschung ausgelöst hat, aber es ist klar, daß er den Wunsch hat, einen Weg zu finden, das voranzutreiben, was dem II. Vatikanischen Konzil am Herzen lag. Es ist klar, daß er, wie schon Johannes Paul II., ein Mann des II. Vatikanischen Konzils ist, der in die Kirche das Denken dieses Konzils mit einbringen will.Auch der Frieden und die Aussöhnung auf der Welt liegen ihm sehr am Herzen. Er knüpft an das Beispiel seines Vorgängers Benedikt XV. an, der während des 1. Weltkriegs die ersten großen Schritte des Hl. Stuhls einleitete im Streben nach dem Frieden und der Versöhnung, die notwendig ist, um das Leben lebenswert zu machen.Papst Benedikt XVI. engagiert sich auch sehr im Bereich der ökumenischen Sendung der Kirche, da sie wesentlicher Bestandteil der Suche nach der Einheit ist, um die Christus beim Letzten Abendmahl gebetet hat. Das sind einige meiner ersten Eindrücke.
José da Cruz Policarpo.

José da Cruz Policarpo.

BENEDIKT XVI., DIE BOTSCHAFT EINES NAMENS

von Kardinal José da Cruz Policarpo
Patriarch von Lissabon
Joseph Ratzinger war einer der bekanntesten Kardinäle. Die große Verantwortung der Sendung, die er in den fast 24 Jahren als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre erfüllte, stellte ihn in den Mittelpunkt aller brennenden Fragen der theologischen Kreativität, stets auf der Suche nach der Synthese zwischen dem Glauben der Kirche, den Kulturen und den Problemen der Welt von heute. Aber es hat auch nicht an kritischen Beurteilungen gefehlt, die in den Medien einseitig benutzt wurden und dazu tendierten, ein ganz eigenes Bild von ihm zu vermitteln.
Seine Wahl stellt die Kirche und die Welt vor ein Dilemma: wollen wir ein eben erst begonnenes Pontifikat von einem von den Medien stigmatisierten Bild ausgehend klassifizieren – einem unvollständigen und nicht immer exakten Bild – oder wollen wir die Veränderung annehmen, die nur der Geist Gottes bewirken wird?Diese Veränderung hat sich in uns Kardinälen und Wählern in dem Moment vollzogen, in dem wir, nach einem Wahlakt – bei dem er einer von uns war – vor ihm niederknieten, ihm unsere Huldigung erwiesen und das Gehorsamsversprechen gaben, weil er der Hirte war, den Gott, durch unsere Abstimmung, gerade an die Leitung Seiner Kirche gestellt hatte.Seine Fähigkeit, uns zu überraschen, zeigte sich schon in der Wahl des Namens, den er angenommen hat: Benedikt.Am Tag vor dem Tod von Johannes Paul II. befand sich der zukünftige Papst in Subiaco, im Heiligtum des hl. Benedikt, Patron der großen Evangelisierung Europas. In der großen Zivilisationskrise, die auf den Untergang des Römischen Reiches gefolgt war, hat die Kirche gezeigt, daß es, was die Evangelisierung Europas angeht, stets möglich ist, wieder neu zu beginnen, weil Jesus Christus Träger einer Hoffnung ist, die den höheren Sinn des Lebens und der Geschichte der Zivilisation vorzeichnet.Der Wunsch, die missionarische Dimension der Kirche zu entwickeln, war auch bezeichnend für einen anderen großen Papst Anfang des 20. Jahrhunderts: Benedikt XV. Der neue Papst hat den in der Sixtinischen Kapelle versammelten Kardinälen sofort erklären wollen, daß gerade die Gestalt und das Wirken von Benedikt XV. den Ausschlag für seine Namenswahl gegeben hatte. Benedikt XV. ist der Papst der Mission, der Papst des Friedens, ein Mann, der Brücken geschlagen hat.Der hl. Benedikt, Patron Europas, und der große Papst Benedikt XV. haben den neuen Papst also dazu gebracht, einen Namen zu wählen, der ein Kirchenprojekt bedeutet, eine Kirche im Dienst des Menschen und Lehrmeisterin in Menschlichkeit, weil Sakrament Jesu Christi.In seiner ersten Homilie am Tag nach seiner Wahl hat er entschlossen den Weg vorgezeichnet, der in diesen neuen Zeiten der Mission eingeschlagen werden muß. Er hat die Einheit der Christen unterstrichen, einen Weg, der „konkreter Gesten bedarf, die das Herz erfassen und die Gewissen aufrütteln“; den interreligiösen und interkulturellen Dialog, und die Kollaboration mit jenen, die über das Schicksal der Welt entscheiden, für die Suche nach dem Frieden und den Bau einer Welt mit einem menschlicheren Gesicht.Er hat das II. Vatikanische Konzil als „Kompaß, mit dem man sich orientieren kann“ aufzeigen wollen un


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