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KIRCHE
Aus Nr. 09 - 2005

Die Gegenwart Christi in der Eucharistie: wirklich, tatsächlich und substantiell


Die Präsenz Christi in diesem Sakrament beschrieb das Konzil von Trient mit drei Adverbien. In der Eucharistie ist Jesus „wahrhaft, wirklich und substanzhaft“ gegenwärtig (Denzinger-Schönmetzer 1651). Diese drei Adverbien erschließen den Zugang zur katholischen Lehre und schließen die gegensätzlichen Gesichtspunkte aus, die daher zu verwerfen sind.


von Avery Kardinal Dulles, SJ


Der hl. Erhard hebt die konsekrierte Hostie in die Höhe, Skulptur aus Lindenholz (2. Hälfte des 14. Jhs.), wahrscheinlich steirische herzogliche Schule, Slowenische Galerie Narodna, Laibach.

Der hl. Erhard hebt die konsekrierte Hostie in die Höhe, Skulptur aus Lindenholz (2. Hälfte des 14. Jhs.), wahrscheinlich steirische herzogliche Schule, Slowenische Galerie Narodna, Laibach.

Das Jahr der Eucharistie, das wir heuer begehen, ist nicht nur eine Quelle verstärkter Frömmigkeit, sondern hat auch frischen Wind in die theologische Reflexion über die verschiedenen Aspekte der Eucharistie als Opfer, Realpräsenz und Kommunion gebracht. Die Realpräsenz – ein Thema, das im Mittelalter ausgiebig diskutiert wurde – stand seit der Reformation im Zentrum der ökumenischen Kontroverse. Luther stellte zwar die Transsubstantiation in Frage, blieb aber fest bei der Meinung über die tatsächliche und substantielle Natur der Gegenwart Christi – eine Haltung, von der sich die meisten anderen Protestanten, zumindest verbal, distanzierten. In dem Wunsch, dem pastoralen Bedürfnis nach Klärung nachzukommen, veröffentlichte die amerikanische Konferenz der katholischen Bischöfe 2001 ein überaus hilfreiches Pamphlet: The Real Presence of Jesus Christ in the Sacrament of the Eucharist: Basic Questions and Answers [Die Realpräsenz Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie: grundlegende Fragen und Antworten]. In vorliegendem Artikel möchte ich die theologische Grundlage der offiziellen katholischen Lehre beleuchten.

Nach der Konsekration verkündet der Priester bei jeder Messe, daß die Eucharistie Geheimnis des Glaubens ist. Die Realpräsenz fordert den menschlichen Geist bis an die Grenzen seines Fassungsvermögens. Letzten Endes müssen wir erkennen, daß es ein unaussprechliches Geheimnis ist und nur mit Staunen und Verwunderung angenommen werden kann. Es ist eine Wahrheit, die nur der Geist Gottes vollkommen verstehen kann. Dennoch muß etwas gesagt werden, weil Gott sich selbst schließlich nicht einfach nur offenbart hat, um uns in Dunkel zu hüllen. Er will, daß wir es der heiligen Jungfrau Maria gleichtun, die über die zu ihr gesprochenen Worte intensiv nachdachte.
Vor allem einmal muß gesagt werden, daß die Kirche die Realpräsenz als Faktum des Glaubens akzeptiert, weil sie im Wort Gottes enthalten ist, wie von Schrift und Tradition belegt. Jesus hat unmißverständlich gesagt: „Das ist mein Blut.... das ist mein Blut“, und den Juden gegenüber gab er klar zu verstehen, daß er sich keiner Metapher bediente. „Denn mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, der bleibt in mir, und ich bleibe in ihm“ (Joh 6,55-56).
Viele Jünger fanden das ziemlich gewagt und entsagten ihm, aber Jesus mäßigte seine Worte nicht, um sie zurückzugewinnen.
Die Väter und Lehrer der Kirche haben die Realpräsenz Jahrhundert um Jahrhundert voller Zuversicht bekannt, trotz aller Kritiken und Mißverständnisse. Das Konzil von Trient bot 1551 schließlich eine detaillierte Darlegung der katholischen Lehre von der Eucharistie an, in der der Realpräsenz besondere Bedeutung zukommt. Die Lehre von Trient, die seit damals von vielen Päpsten und offiziellen Dokumenten wieder aufgegriffen wurde, gilt auch heute noch als normativ. Der Katechismus der katholischen Kirche scheut sich nicht, sie wortgetreu zu zitieren (Katechismus der katholischen Kirche, 1374.1376-77).

Bei der Beschreibung der Gegenwart Christi in diesem Sakrament griff das Konzil von Trient auf drei Adverbien zurück. Er ist – so das Konzil von Trient – „wahrhaft, wirklich und substanzhaft“ (Denzinger-Schönmetzer 1651) darin enthalten. Diese drei Adverbien sind die Schlüssel, die die Tür zur katholischen Lehre öffnen und gegensätzliche Gesichtspunkte ausschließen, die abgelehnt werden müssen1.
Indem vor allem einmal gesagt wird, daß Christus unter den eucharistischen Gestalten wirklich enthalten ist, verwarf das Konzil die Ansicht, nach der das Sakrament ein bloßes Zeichen oder Symbol ist, das auf einen Leib verweist, der abwesend oder vielleicht irgendwo im Himmel ist. Diese Behauptung wurde gegen den Häretiker Berengarius des 11. Jahrhunderts und einige seiner protestantischen Jünger im 16. Jahrhundert vorgebracht.
Zweitens, die Gegenwart ist eine tatsächliche. Also eine ontologische und objektive. Ontologisch, weil sie auf der Ebene des Seins stattfindet; objektiv, weil sie nicht von den Gedanken oder Gefühlen des Priesters oder der Kommunikanten abhängt. Leib und Blut Christi sind aufgrund des Versprechens Christi und der Kraft des Heiligen Geistes im Sakrament gegenwärtig, die an die rechte Ausführung des Ritus durch einen gültig geweihten Priester gebunden sind.
Indem sie das lehrt, lehnt die Kirche den Gedanken ab, daß der Glaube das Werkzeug sei, das für die Gegenwart Christi im Sakrament entscheidend ist. Laut der Lehre der katholischen Kirche macht der Glaube Christus nicht gegenwärtig, sondern erkennt diese Gegenwart dankbar an und ermöglich es, daß die heilige Kommunion ihre Früchte der Heiligkeit tragen kann. Das Sakrament ohne Glauben zu empfangen ist fruchtlos, ja, sogar sündig, aber der Mangel an Glauben macht die Gegenwart nicht irreal. Drittens sagt uns das Konzil von Trient, daß die Gegenwart Christi im Sakrament substanzhaft ist. Das Wort „Substanz“, wie es hier gebraucht wird, ist kein technisch-philosophischer Begriff, wie in der Philosophie des Aristoteles. Er wurde schon im Hochmittelalter gebraucht, lange bevor die Werke des Aristoteles bekannt wurden.
„Substanz“ bezeichnet im gängigen Sinne die grundlegende Realität der Sache; das, was die Sache an sich ist. Vom lateinischen „sub-stare“ abgeleitet, bezeichnet es das, was sich unter der Erscheinung befindet, die sich von einem Moment zum anderen ändern kann, wobei das Subjekt intakt gelassen wird.
Der Schein, bzw. die Erscheinung, kann auch trügen. Sie würden mich vielleicht nicht erkennen, wenn ich mich verkleidete, oder wenn ich ernstlich krank würde; obwohl ich doch nach wie vor dieselbe Person wäre; meine Substanz also die gleiche bleibt. Die Bedeutung des Begriffes „Substanz“ ist in diesem Zusammenhang also wirklich nichts Unklares.
Der Substanz, die bedeutet, was eine Sache an sich ist, kann der „Funktion“ gegenübergestellt werden, die sich auf die Aktion bezieht. Christus ist durch Seine dynamische Macht und Sein Wirken in allen Sakramenten gegenwärtig, in der Eucharistie ist Seine Gegenwart darüber hinaus aber auch substantiell. Aus diesem Grund gebührt diesem Sakrament der Kult der Anbetung. Es ist das bedeutendste aller Sakramente.
Wie ist Jesus in der Eucharistie gegenwärtig? Jesus Christus ist in der Eucharistie auf einzigartige und unvergleichliche Weise gegenwärtig: wirklich, tatsächlich und substantiell, mit seinem Leib und seinem Blut, mit seiner Seele und seiner Gottheit. In der Eucharistie ist also der ganze Christus, Gott und Mensch, auf sakramentale Weise gegenwärtig, das heißt unter den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein. (aus dem Kompendium des Katechismus der katholischen Kirche, Nr. 282).
Nach der Konsekration sind Brot und Wein auf geheimnisvolle Weise Christus selbst geworden. Das II. Vatikanische Ökumenische Konzil zitiert Thomas von Aquin, um zum Ausdruck zu bringen, daß dieses Sakrament den ganzen spirituellen Reichtum der Kirche enthält, weil die Kirche keine anderen spirituellen Reichtümer besitzt als Christus und das, was Er ihr vermittelt2.
Das Konzil von Trient sprach auch von der Art und Weise, in der diese Gegenwart Christi zustande kommt und stellte fest, daß Brot und Wein eine Veränderung erfahren; sie hören auf, das zu sein, was sie waren und werden das, was sie nicht waren. Die ganze Substanz von Brot und Wein verwandelt sich in die Substanz von Leib und Blut Christi, und da Christus nicht geteilt werden kann, verwandeln sie sich auch in Seine Seele und Seine Gottheit (Denzinger-Schönmetzer 1640, 1642). Der ganze Christus wird in den beiden Formen vollkommen gegenwärtig gemacht.
Die Veränderung, die in der Konsekration bei der Messe erfolgt, ist sui generis. Sie passt nicht in die Kategorien des Aristoteles, der glaubte, daß jede substantielle Veränderung eine Veränderung der Erscheinung, oder dessen, was er Akzidenzien nannte, erfordere. Wenn ich einen Apfel esse, verliert dieser sowohl seine wahrnehmbaren Eigenschaften als auch die Substanz des Apfels. Er wird ein Teil von mir. Bei der Konsekration von Brot und Wein bei der Messe dagegen bleibt die äußere Erscheinung unverändert.
Die Kirche hat den Begriff „Transsubstantiation“ geprägt, um den Prozess zu beschreiben, durch den die ganze Substanz, und nur die Substanz, in die Substanz von Christi Leib und Blut verwandelt wird. Um einen Prozess zu beschreiben, der so einzigartig und unvergleichlich ist, bedurfte es eines eigenen Wortes. Indem gelehrt wird, daß die Gestalten unverändert bleiben, weist die Kirche darauf hin, daß die physischen und chemischen Eigenschaften die von Brot und Wein bleiben. Sie sehen nicht nur genauso aus und wiegen auch soviel wie zuvor, sie haben auch denselben Nährwert, den sie vor der Konsekration hatten3. Es wäre sinnlos, die Realpräsenz mittels physikalischer Experimente nachweisen zu wollen, weil die Gegenwart Christi spirituell oder sakramental ist, und nicht physisch, im Sinne des Meßbaren.
Einer Klärung der kirchlichen Lehre zur Realpräsenz kann meiner Meinung nach das Aufdecken einiger irriger Haltungen dazu dienlich sein. Die Realpräsenz Christi kann zu fleischlich, aber auch zu mystisch verstanden werden, zu grob oder zu sanft, zu naiv oder zu figurativ.
Ein Beispiel für den naiv-realistischen Irrtum kann die Reaktion der Juden in Kafarnaum sein, die über die Worte Jesu entrüstet waren. Sie hatten offensichtlich geglaubt, Er trete für den Kannibalismus ein, den sie zu recht als verwerfliche Sünde betrachteten. Einige Christen verstehen die Gegenwart Christi in der Eucharistie auf eine allzu materialistische Weise, ohne genügend zwischen Seiner natürlichen und Seiner sakramentalen Gegenwart zu unterscheiden. Sie stellen sich manchmal vor, daß Er leiden könnte, wenn die Hostie entweiht würde oder daß er sich im Tabernakel einsam fühlen könnte. Ich habe einmal gelesen, daß ein Schulmädchen nach der Kommunion kein Eis essen wollte, weil sie fürchtete, Jesus könnte dann kalt sein.
Im Hochmittelalter bekräftigten einige Theologen im Kielwasser von Paschasius Radbertus, daß Jesus in der Eucharistie die Form von Brot und Wein als Seine wahre Erscheinung annehme. Warum hätte dem nicht so sein können – sagten sie –, nachdem er bei der Auferstehung als für Seine Jünger nicht erkennbarer Pilger und Gärtner erschienen ist? Das, was wir sehen, wenn wir die Hostie betrachten, und das, was wir bei der heiligen Kommunion zu uns nehmen, ist – wie sie uns sagen – Leib und Blut Christi in verkleideter Form. Einige gingen so weit zu sagen, daß die Elemente in der Konsekration den natürlichen Nährwert verlieren, den sie als Brot und Wein hatten4.
Um die Implikation zu vermeiden, daß Christus in Herrlichkeit wegen der Unwürdigkeit leiden könnte, behaupteten einige frühe mittelalterliche Denker, daß der Leib Christi auf dem Altar nicht derselbe sei wie der im Himmel. In der Tat sprachen sie von drei Leibern Christi: Seinem natürlichen Leib, der nun im Himmel ist; Seinem sakramentalen Leib, der in der Eucharistie ist; Seinem kirchlichen Leib, der die Kirche ist5. Diese Position wurde von der Kirche nie verurteilt, ist aber nicht mehr weit verbreitet, vielleicht, weil sie – im Gegensatz zur Meinung ihrer Befürworter – anzudeuten scheint, daß der Leib in der Eucharistie nicht der ist, den die Jungfrau Maria geboren hat. Wenn dem so wäre, könnten wir nicht singen: „Ave verum corpus, natum de Maria Vergine.“

Thomas von Aquin hat das entwickelt, was wir als eine Art „Mittlerposition“ bezeichnen können. Auf der einen Seite vermied er es, von der Eucharistie als besonderem (sakramentalen oder mystischen) Leib zu sprechen, auf der anderen bekräftigte er, daß der in den Himmel aufgefahrene und verherrlichte Leib Christi im Himmel und im Sakrament in unterschiedlicher Weise existiert. Er unterschied zwischen der Existenz Christi an sich und Seiner Existenz unter dem Schleier des Sakraments, beschrieb sie als zwei verschiedene Arten oder Befindlichkeiten des Seins. Seiner natürlichen Art der Existenz entsprechend, ist Christus im Himmel, und Seiner eucharistischen Art der Existenz entsprechend, ist Er im Sakrament6. Der Leib Christi ist wirklich in der Eucharistie gegenwärtig, aber nicht in der Art und Weise, in der sich Körper an einem bestimmten Ort befinden. Seine Teile und seine Dimensionen können nicht an anderen Körpern gemessen werden. Seine Konturen sind nicht die der Hostie.
Im Gegensatz zu den naiven Realisten bekräftigt Thomas von Aquin also, daß wir, wenn wir die Hostie betrachten, nicht die Figur und die Farben sehen, die eigentlich zum Leib Christi gehören, sondern die der Hostie selbst. Wir befinden uns nicht in derselben Situation wie die Jünger vor der Himmelfahrt, denen Christus in Seinem eigenen Leib erschienen ist. Wenn wir die Hostie oder den Kelch auf dem Altar betrachten, sind die Aspekte und sichtbaren Phänomene immer noch die von Brot und Wein.
Thomas von Aquin schlägt den Einwand vor, daß einige berichten, das Kind Jesus oder Sein kostbares Blut in einer konsekrierten Hostie gesehen zu haben. Darauf entgegnet er, daß Gott in der Lage ist, eine wundersame Veränderung in der Hostie zu bewirken, so daß sie wie ein Kind oder menschliches Blut erscheinen könne, daß aber das, was in einem solchen Fall erscheint, nicht die Eigenschaften Christi selbst sein könnten7.
Wenn wir die Hostie oder das kostbare Blut betrachten, können wir nicht sagen, daß der Kopf da und die Füße dort sind. Die Gegenwart Christi im Sakrament ähnelt der der Seele im Körper. Meine Seele ist nicht zum Teil in meinem Kopf, zum Teil in meinem Herzen, zum Teil in meinen Händen: sie ist vollkommen gegenwärtig im Ganzen und in einem jeden Teil. Und so verhält es sich auch mit Christus in der Eucharistie. Wenn eine Hostie gebrochen wird, enthält jedes Stück Hostie Christus so vollkommen wie die ganze Hostie. Ein einziger Tropfen des kostbaren Blutes enthält soviel von Ihm wie der Inhalt des ganzen Kelches. Als hilfreichen Vergleich gebrauchte Thomas von Aquin das Beispiel des Spiegels. Wenn der Spiegel gebrochen ist, kann jede Scherbe das ganze Objekt widerspiegeln, ganz genauso, wie es vorher der ganze Spiegel getan hat8.
Wenn der Ort der Befindlichkeit und die Konturen der Hostie nicht die Christi sind, stellt sich die Frage: können wir sagen, daß Christus in Prozession getragen oder im Tabernakel untergebracht wird? Essen wir nicht Sein Fleisch, und trinken wir nicht Sein Blut? Ja, sagt Thomas von Aquin, Er wird bewegt, gegessen und getrunken, aber nicht in Seinen eigenen Dimensionen. Er wird bewegt, gegessen und getrunken in Seiner eucharistischen Weise der Existenz, insofern, als Seine Gegenwart mit den greifbaren Eigenschaften oder „Akzidenzien“ von Brot und Wein zusammenfällt. Keine dem Sakrament zugefügte Gewalt kann ihm physisch schaden, weil seine Eigenschaften und Dimensionen nicht wirklich die Seinen sind.
Die Gegenwart Christi im heiligen Sakrament ist daher nur durch den Intellekt erfahrbar, der das Wort Gottes im Glauben annimmt9. Die Gegenwart kann sakramental genannt werden, weil die Erscheinungsformen von Brot und Wein darauf hinweisen, wo Christi Leib und Blut gegenwärtig sind. Sie sind Zeichen oder Sakramente einer Realität, die in ihnen gegenwärtig ist.

Kardinal Giovanni 
Battista Montini bei 
der Fronleichnamsprozession.

Kardinal Giovanni Battista Montini bei der Fronleichnamsprozession.

Die eucharistische Präsenz, so wirklich sie auch sein mag, hebt nicht die Abwesenheit auf, von der Jesus spricht, wenn er beim Letzten Abendmahl von Seinen Jüngern Abschied nimmt. Die Eucharistie ist Denkmal der historischen Gegenwart Jesu hier auf Erden und Unterpfand für Seine Rückkehr in Herrlichkeit, wenn wir in der Lage sein werden, Ihn so zu sehen, wie Er ist. Anhand dessen, was ich gesagt habe, kann man erkennen, daß die Gegenwart Christi in diesem Sakrament einzigartig und geheimnisvoll ist. Meister des Geistes warnen uns vor allzu großer Neugier, weil unser Verstand nur allzu leicht verwirrt werden kann angesichts eines derart erhabenen Geheimnisses. Da ist es schon besser, die Worte Christi einfach anzunehmen, die Worte der Schrift, der Tradition, und des Lehramts der Kirche, die uns das sagen, was wir wissen müssen: „Christus ist wirklich, wenn auch unsichtbar, in diesem Sakrament gegenwärtig.“ Seine Gegenwart ist dergestalt, daß Brot und Wein nach der Konsekration wirklich, tatsächlich und substantiell Sein Leib und Blut sind, wenn auch einer Art der Existenz nach, die anders ist als Seine Gegenwart im Himmel.

Aber kommen wir nun auf die „Herabminderungs-Irrtümer“ zu sprechen. Das Konzil von Trient wird manchmal dafür kritisiert, daß es sich zu sehr nur auf eine der Arten konzentriert hat, in denen Christus in der Liturgie gegenwärtig ist. Laut Paul VI. und dem II. Vatikanischen Konzil – so erinnern uns diese Autoren – ist Christus auf nicht weniger als fünf Weisen in der Liturgie gegenwärtig: in der Versammlung, wenn sie sich zum Gebet zusammenfindet, im Wort Gottes, wenn es verkündet wird, im Priester, wenn er die liturgische Feier leitet, in den Sakramenten, wenn sie gespendet werden, und schließlich in der Hostie und im Kelch, die bei der Messe dargeboten werden.
Die Gegenwart unter den konsekrierten Gestalten ist, wie diese Autoren behaupten, nur eine der fünf Weisen, und sollte nicht so verstanden wären, als wäre sie allein die tatsächliche. In Wahrheit, so meinen sie, sollte sie als der Gegenwart in der Kirche untergeordnet gesehen werden, deren sakramentales Zeichen sie ist. Oder haben uns Augustinus und Thomas von Aquin vielleicht nicht gelehrt, daß es der Zweck des Sakraments ist, die Einheit der Kirche als mystischen Leib Christi zu schaffen? Einige Theologen haben daher damit begonnen zu sagen, daß die erste Gegenwart Christi in der zusammengekommenen Versammlung liegt10.
Laut der Lehre der Kirche sind die vielfältigen Formen der Gegenwart Christi effektiv und wichtig, die Gegenwart in der Eucharistie aber übertrifft die anderen. Ca. 15 Jahre vor dem II. Vatikanischen Konzil hat Papst Pius XII. die Aufmerksamkeit auf vier der Weisen gelenkt, in denen Christus in der Liturgie gegenwärtig ist, nicht aber, ohne vorher klarzustellen, daß sich diese Gegenwarten nicht alle auf derselben Ebene befinden. Der göttliche Gründer der Kirche ist – wie er schrieb – „vor allem unter den eucharistischen Gestalten... gegenwärtig“11.
Paul VI. lieferte in seiner Enzyklika von 1965 eine ähnliche Auflistung, fügte an die Liste von Pius XII. aber noch ein fünftes Element an: Die Gegenwart Christi in der Verkündigung des Wortes12. Aber er ließ keinen Zweifel daran, welche Präsenz die wichtigste wäre. Nach Feststellung der vielen Formen der Gegenwart Christi erklärte er: „Aber ein anderer, ganz besonderer Grund ist es, warum Christus seiner Kirche gegenwärtig ist im Sakrament der Eucharistie und weswegen dieses Sakrament im Vergleich zu den anderen Sakramenten inniger an Andacht, schöner in seinem Sinngehalt, heiliger in seinem Wesen ist: es enthält nämlich Christus selbst und ist gewissermaßen die Vollendung des geistlichen Lebens und das Ziel aller Sakramente“ (vgl. Mysterium fidei 39).
Diese Gegenwart – so Paul VI. – wird ,,wirklich“ genannt, nicht im ausschließenden Sinn, als ob die anderen nicht ,,wirklich“ wären, sondern in einem hervorhebenden Sinn, weil sie wesentlich ist, wodurch der ganze und unversehrte Christus, Gott und Mensch, gegenwärtig wird (Mysterium fidei 39). Als substantielle Präsenz des ganzen Christus übertrifft die Eucharistie Seine vorübergehende und virtuelle Präsenz im Taufwasser, in den anderen Sakramenten, in der Verkündigung des Wortes, und in dem kirchlichen Amtsträger, der Christus in diesen Handlungen repräsentiert.
Als ob das nicht schon Autorität genug wäre, könnte man festhalten, daß das II. Vatikanische Konzil in seiner Konstitution über die Liturgie sagte, daß Christus „vor allem [maxime] unter den eucharistischen Gestalten“ gegenwärtig ist (Sacrosanctum Concilium 7). Und Papst Johannes Paul II. sagte in seiner Enzyklika über die Eucharistie (2003), daß „Christus zu betrachten bedeutet, ihn erkennen zu können, wo immer er sich zeigt, in den vielfältigen Formen seiner Gegenwart, vor allem aber im lebendigen Sakrament seines Leibes und seines Blutes“13.
Zwischen der Gegenwart Christi in der Eucharistie und in der Versammlung oder deren Mitgliedern besteht ein großer Unterschied. Die versammelten Gläubigen sind – unter bestimmten Bedingungen – durch die Gnade mystisch mit Gott verbunden. Der Heilige Geist wohnt in ihnen, aber sie behalten doch ihre eigene Identität. Sie sind nicht transsubstantiert; sie hören nicht auf, sie selbst zu sein, um sich in Christus den Herrn zu verwandeln.
Die Kirche als mystischer Leib kann niemals zur Würde Christi in Seinem spezifischen Leib emporsteigen, der aus der Jungfrau Maria geboren wurde, am Kreuz gestorben ist und in Herrlichkeit im Himmel regiert. Dieser Leib ist substantiell in der Eucharistie gegenwärtig, nicht aber in der christlichen Gemeinschaft. Es besteht ein großer Unterschied zwischen unserer Anbetung Christi in der Eucharistie und der Verehrung, die wir den Heiligen entgegenbringen.

Einige dieser Theologen, die zum Herabmindern neigen, sind, da es Zweck der Eucharistie ist, die Kirche als Leib Christi aufzubauen, der Meinung, daß Seine kirchliche Gegenwart intensiver und wichtiger ist als die unter den konsekrierten Elementen14. Der in dieser Logik liegende Irrtum wird deutlich, wenn man an die Fleischwerdung denkt. Jesus ist Mensch geworden und für die Auferstehung am Kreuz gestorben, aber daraus folgt nicht, daß Gott in der Gemeinschaft der Erlösten intensiver gegenwärtig ist als im fleischgewordenen Sohn, oder daß unsere Devotion mehr auf die Christen konzentriert sein sollte als auf Christus den Herrn.
Ein zweites Argument, mit dem manchmal versucht wird, die Kirche höher zu stellen als die Eucharistie, meint, daß die Kirche als allgemeines Sakrament die sieben einzelnen Sakramente hervorbringt, einschließlich der Eucharistie. Die Kirche kann – so wird behauptet – nichts geben, was sie nicht hat. Aber dieses Argument zieht ein Faktum nicht in Betracht; daß die Kirche die Sakramente nämlich nicht aus eigener Kraft hervorbringt. Wie die anderen Sakramente auch ist die Eucharistie ein Geschenk Gottes. Die Kirche wird darüber hinaus von der Eucharistie gebildet. Die Gläubigen sind ein Leib, weil sie an dem einen Brot teilhaben, das Christus, der Herr ist (1Kor 10,17). Und so können wir mit Papst Johannes Paul II. sagen, daß, „wenn […] die Eucharistie die Kirche auferbaut, und die Kirche die Eucharistie vollzieht, daraus folgt, daß die Verbindung zwischen der einen und der anderen sehr eng ist“ (vgl. Ecclesia de Eucharistia 26).
Eine dritte Denkrichtung, die dazu tendiert, die Realität der Gegenwart Christi in der Eucharistie herabzumindern, kommt von der personalistischen Phänomenologie, die zur Zeit des II. Vatikanischen Konzils „in“ war. Da sie auf die zwischenmenschlichen Beziehungen konzentriert ist, entspricht für diese Schule des Denkens die persönliche Existenz den menschlichen Beziehungen.
Die Theologen dieser Tendenz lehnen den Gedanken der Substanz ab, besonders, wenn er auf die Eucharistie angewandt wird, die für sie ein ganz normales Mahl ist. Auch auf natürlicher Ebene ist ein Mahl mit Freunden – wie sie sagen – schließlich sehr viel mehr als nur Essen und Trinken; es ist ein sozialer Anlaß für die Festigung menschlicher Beziehungen. Und so verhält es sich ihrer Meinung nach auch mit der Eucharistie. Indem uns der Herr zu Seinem Abendmahl lädt, gibt er Brot und Wein eine neue Bedeutung und einen neuen Zweck – als effektive Symbole Seiner erlösenden Liebe. Die Elemente sind insofern verändert, als sie eine neue Bedeutung und einen neuen Zweck erlangen. Aus diesem Grund sollten wir vielmehr von „Transsignifikation“ und „Transfinalisation“ sprechen als von „Transsubstantiation“15.
Diese neuen Begriffe mögen umstritten, auch schwerfällig sein, sind daher rhetorisch gesehen nicht besser als der der „Transsubstantiation.“ Aber zumindest sind es harmlose Begriffe. In der Eucharistie erfahren Bedeutung und Zweck eine Verwandlung: sie deuten auf geistliche Nahrung und gesellige Gemeinschaft mit Christus und mit christlichen Brüdern und Schwestern hin. Aber diese alternative Terminologie kann nicht befriedigen, weil sie uns nichts über das sagt, was mit den konsekrierten Elementen an sich geschieht.
Paul VI. stellte in seiner Enzyklika Mysterium fidei heraus, daß Brot und Wein in der Lage sind, eine vollkommen neue Bedeutung und Zweckmäßigkeit anzunehmen, weil sie eine neue Realität enthalten. Die Veränderung von Zweck und Bedeutung ist von einer vorherigen ontologischen Veränderung abhängig (Mysterium fidei 46). Wir können persönlich mit Christus im Sakrament in Beziehung treten, und Er mit uns, weil Er wirklich dort ist. Seine Gegenwart im Sakrament ist wirklich und persönlich, ganz egal, ob man es glaubt und wahrnimmt, oder auch nicht. Die Eucharistie ist nicht nur ein Zeichen, sondern eine Person, die aus eigenem Recht existiert, wie eine jede Person eben.
Hier oben, ein Priester spendet Gläubigen die Kommunion; rechts, eine antike Darstellung der Erstkommunion.

Hier oben, ein Priester spendet Gläubigen die Kommunion; rechts, eine antike Darstellung der Erstkommunion.


In den Sechzigerjahren hat ein holländischer Theologe die Frage aufgeworfen, ob die Realpräsenz auch dann in den konsekrierten Hostien bleiben würde, wenn die gesamte Menschheit auf einen Schlag durch irgendein katastrophales Desaster ausgelöscht würde. Er verneinte die Frage mit der Begründung, daß die persönliche Gegenwart nur in der gegenseitigen Begegnung von freien und vernunftbegabten Subjekten existieren könne16. Dieser Theologe scheint zwei Bedeutungen von „Gegenwart“ durcheinanderzubringen. Es gibt nämlich die innere Gegenwart, so wie die Seele im Leib gegenwärtig ist oder wie Christus unter den eucharistischen Gestalten gegenwärtig ist. Es gibt aber auch die Bedeutung für Gegenwart, die meint, für andere gegenwärtig zu sein. Von den beiden ist die innere Gegenwart die grundlegendere. Die Realpräsenz auf zweitere zu reduzieren, ist verkürzend und weicht vom Glauben der katholischen Kirche ab, der die Meinung vertritt, daß die Realpräsenz Christi in der Eucharistie objektiv ist und nicht davon abhängt, wie jemand sie wahrnimmt.
Der Begriff „Substanz“ wird immer noch hinreichend in Frage gestellt, vor allem deshalb, weil die klassische Konzeption von Substanz heute weitgehend nicht mehr akzeptiert wird. Seit der Zeit Descartes’ und Lockes steht der Begriff für etwas in sich selbst Geschlossenes und Träges, wo es doch zuvor ein aktives, beziehungsschaffendes Zentrum bedeutete, das durch seine Akzidenzien in dynamische Beziehung zu anderen Geschöpfen tritt.
Viele Menschen finden es heute verständlicherweise merkwürdig, eine Person als Substanz zu bezeichnen. Wenn aber das klassische Konzept verworfen wird, muß man irgendeinen anderen Begriff finden, der beschreibt, was eine Sache in ihrer eigenen grundlegenden Realität ist. Indem sie die eucharistische Präsenz Christi als substantiell bezeichnet, meint die Kirche, daß die Eucharistie in ihrer eigenen Realität nichts anderes ist als Christus.
Die „Transsubstantition“ ist, wie ich bereits erklärt habe, der Prozess, durch den eine Substanz, hier die von Brot und Wein, in eine andere Substanz verwandelt wird, die von Christi Leib und Blut, ohne irgendeine physisch-chemische Veränderung. Das Konzil von Trient meinte dazu, daß der Begriff sehr passend wäre (vgl. Denzinger-Schönmetzter 1652). Paul VI. sagte 1965, daß er immer noch „passend und treffend“ wäre und hielt ihn – wie bereits gesagt – für besser als andere vorgeschlagene Begriffe (vgl. Mysterium fidei 46). Aber die Kirche hat sich nicht definitiv auf einen bestimmten Begriff festgelegt.
Eine Begriffsveränderung ist theoretisch also immer noch möglich.
Zum Teil als Ergebnis der neuen eucharistischen Theologien, die während des II. Vatikanischen Konzils und kurz danach vorgeschlagen wurden, war das Interesse am allerheiligsten Sakrament zeitweise verloren gegangen. Die ganze Aufmerksamkeit hatte sich auf die Feier der Messe gerichtet. In vielen Pfarreien und Ordenshäusern wurde der eucharistische Segen unvermutet abgeschafft. In einigen Kirchen wurde für die Aufbewahrung des Allerheiligsten ein unauffälliger Ort gewählt, der eher an eine Art Kämmerchen erinnerte denn an eine Kapelle. Den Gläubigen wurde von avantgardistischen Lehrmeistern in Sachen Religion eingebläut, daß der Zweck des Allerheiligsten nicht der wäre, angebetet zu werden, sondern bei der Kommunion empfangen zu werden – als würden die beiden Dinge einander ausschließen.
Das kirchliche Lehramt hat dieser negativen Tendenz stets widerstanden, ja, sie sogar abgelehnt. Obwohl man damit einverstanden war, daß der erste Zweck der Eucharistie der war, das Kreuzesopfer gegenwärtig zu machen und den Gläubigen geistliche Nahrung zu geben, bestand das Konzil von Trient darauf, daß das Allerheiligste außerhalb der Messe geehrt und angebetet werde (vgl. Denzinger-Schönmetzer 1643.1656). Das zu leugnen würde bedeuten, die substantielle Gegenwart Christi im Sakrament zu leugnen.
Im Jahr 1965 sprach sich Papst Paul VI. unmissverständlich dafür aus, das allerheiligste Sakrament, das an einem bevorzugten Ort und mit größter Ehrfurcht den liturgischen Gesetzen entsprechend in den Kirchen aufzubewahren ist, tagsüber zu besuchen; es den Gläubigen zur feierlichen Verehrung dazubieten und in Prozessionen unter freudiger Anteilnahme des Volkes umherzutragen (vgl. Mysterium fidei 55. 66-68).
Papst Johannes Paul II. hat in seinen zahlreichen Schriften versucht, die würdevolle Feier der Eucharistie und den eucharistischen Kult außerhalb der Messe voranzutreiben. In seiner Enzyklika des Jahres 2003 brachte er seine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck, daß die Anbetung des heiligsten Sakramentes an vielen Orten täglich einen weiten Raum fände, es aber auch Orte gäbe, an denen der Kult der eucharistischen Anbetung fast völlig aufgegeben wurde (vgl. Ecclesia de Eucharistia 10).
Der Kult, welcher der Eucharistie außerhalb der Messe erwiesen wird, hat, wie er schrieb, „einen unschätzbaren Wert im Leben der Kirche. Dieser Kult ist eng mit der Feier des eucharistischen Opfers verbunden. Die Gegenwart Christi unter den heiligen Gestalten, die nach der Messe aufbewahrt werden – eine Gegenwart, die so lange andauert, wie die Gestalten von Brot und Wein Bestand haben –, kommt von der Feier des Opfers her und bereitet auf die sakramentale und die geistliche Kommunion vor. Es obliegt den Hirten, zur Pflege des eucharistischen Kultes zu ermutigen, auch durch ihr persönliches Zeugnis, insbesondere zur Aussetzung des Allerheiligsten sowie zum anbetenden Verweilen vor Christus, der unter den eucharistischen Gestalten gegenwärtig ist.“ (vgl. Ecclesia de Eucharistia 25). Der Papst selbst verbrachte Stunden vor dem Allerheiligsten Sakrament und viele seiner besten Intuitionen wurden gerade hier, in diesen Momenten des Gebets, geboren. Wie schon der hl. Alfonso de’ Liguori, den er hierzu gern zu zitieren pflegte, war der Papst überzeugt von dem großen Wert, den das anbetende Verweilen vor Jesus im allerheiligsten Sakrament hat. Die Eucharistie ist ein unermeßlicher Schatz: Nicht nur ihre Feier, sondern auch das Verweilen vor ihr außerhalb der Messe gestattet uns, an der Quelle der Gnade zu schöpfen (vgl. Ecclesia de Eucharistia 25).
Die Kirche lehnt den Gedanken ab, daß der Glaube das Werkzeug sei, das für die Gegenwart Christi im Sakrament entscheidend ist. Laut der Lehre der katholischen Kirche macht der Glaube Christus nicht gegenwärtig, sondern erkennt diese Gegenwart dankbar an und ermöglich es, daß die heilige Kommunion ihre Früchte der Heiligkeit tragen kann. Das Sakrament ohne Glauben zu empfangen ist fruchtlos, ja, sogar sündig, aber der Mangel an Glauben macht die Gegenwart nicht irreal.
So ist es nicht zuletzt dieser päpstlichen Ermutigung zu verdanken, wenn der Brauch der Aussetzung des Allerheiligsten und der heiligen Stunde der Anbetung neuer Auftrieb gegeben werden konnte. So konnte man feststellen, daß im Jahr 2000 mehr als 1000 Pfarreien in den Vereinigten Staaten die ständige eucharistische Anbetung vorangetrieben haben; weitere tausend haben die Bedingungen für die Anbetung während eines großen Teils des Tages geschaffen17.
Diese Praktiken tun dem Wunsch nach dem Empfang der heiligen Kommunion jedoch keinen Abbruch, sondern regen ihn noch an. Sie verlängern und verstärken die Früchte der aktiven Teilnahme an der Messe. Außerdem bringen sie den Glauben der Katholiken an die volle Bedeutung der Realpräsenz zum Ausdruck. Indem der Herr in dieser sakramentalen Form unter uns bleibt, hält er sein Versprechen, „alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20) bei seiner Kirche zu sein.
Und wenn das Geheimnis der Realpräsenz auch fast unser Fassungsvermögen übersteigt, ist es doch kein Rätsel. Es ist ein tröstliches Zeichen der Liebe, der Macht und der Genialität unseres göttlichen Retters. Er hat in innigste Verbundenheit mit den Gläubigen einer jeden Generation treten wollen, und wollte das auf eine Art und Weise tun, die unserer Natur als geist-leibliche Wesen entgegenkommt.
Die Formen des Hunger und Durst Stillens, die so sehr an die Geschichte des alten Israel erinnern, waren zu allen Zeiten auch für die weniger Gelehrten überaus bedeutungsvoll, symbolisieren sie doch die Nahrung und die spirituelle Labung, die das Sakrament gibt.
Auf einer anderen Ebene rufen sie die Kreuzigung Christi ins Gedächtnis, der für unsere Erlösung Sein Blut vergossen hat. Und schließlich symbolisieren sie auch das ewige Festmahl der Glückseligen im himmlischen Jerusalem. Die vielschichtige Symbolik hat die einzigartige Macht, die Vergangenheit wachzurufen, die Gegenwart zu verwandeln und die Zukunft vorwegzunehmen, weil sie wirklich, tatsächlich und substantiell den Herrn in der Geschichte enthält.

(Mit freundlicher Genehmigung
von Kardinal Avery Dulles, SJ. Deutsche Fassung des Vortrages,
den Kardinal Dulles am 15. Februar 2005 an der Fordham University gehalten hat: 30Tage)



ANMERKUNGEN

1 Zum Vergleich dieser drei Begriffe vgl. Max Thurian, The Mystery of the Eucharist: an Ecumenical Approach (Eerdemans, Grand Rapids, Michigan 1984), SS. 55-58.
2 II. Vatikanisches Konzil, Presbyterorum ordinis 5, wo Thomas von Aquin zitiert wird, Summa theologiae III, q. 65, a. 3, ad 1; cfr. q. 79, a. 1c e ad 1.
3 Vgl. Thomas von Aquin, Summa theologiae III, q. 77, a. 6, „Können die Gestalten Nahrung sein?“. Thomas von Aquin bezieht sich auf 1Kor 11,21, um zu zeigen, daß die Gestalten, in ausreichender Menge verzehrt, Hunger und Durst stillen können.
4 Diese von Paschasius Radbertus ausgehende Denkrichtung wird von Lanfranco und Guitmund von Aversa repräsentiert. Vgl. bald erscheinenden Artikel: Guitmund of Aversa and the Eucharistic Theology of St. Thomas von Mark G. Vaillancourt, in The Thomist 69 (Oktober 2005).
5 Jean Borella, The Sense of Supernatural (T&T Clark, Edinburgh 1998), SS. 71-77. Er findet die Lehre vom „dreifachen Leib Christi“ bei Ambrosius, Paschasius Radbertus und Honorius von Autun. Henri de spricht von Amalarius von Metz und Gottschalk von Orbais als Repräsentanten dieser mittelalterlichen Lehre. Vgl. sein Corpus Mysticum: L’Eucharistie et l’Eglise au Moyen Age, 2. Bd. (Aubier, Paris 1949), S. 37. Diese Theologen leugneten die Identität zwischen dem natürlichen und dem eucharistischen Leib Christi nicht.
6 Thomas von Aquin, Summa theologiae III, q. 76, a. 6. Für einen erklärenden Kommentar vgl. Anscar Vonier, A Key to the Doctrine of the Eucharist (1923; Neudruck: Zaccheus Press, Bethesda, Md, USA 2003), SS. 132-133.
7 Ebd, a. 8, ad 2 und ad 3.
8 Thomas von Aquin, Summa theologiae III, q. 76, a. 3.
9 Ebd, q. 76, a. 7.
10 Judith Marie Kubicki schreibt Karl Rahner, Edward Schillebeeckx und Piet Schoonenberg die Position zu, nach der die Kirche als Sakrament „der erste Ort der Gegenwart Christi in der Welt ist.“ Vgl. ihren Artikel Recognizing the Presence of Christ in the Liturgical Assembly, Theological Studies 65 (2004), SS. 817-837, auf S. 821.
11 Pius XII., Enzyklika Mediator Dei 20.
12 Paul VI., Enzyklika Mysterium fidei 36.
13 Johannes Paul II, Enzyklika Ecclesia de Eucharistia 6.
14 Für diesen Gesichtspunkt typisch ist der Artikel Changing Elements or People? von F. Gerald Martin in America 182 (4. März 2000), S. 22. In seiner Gegenreaktion auf die Tendenz, die Realpräsenz von der heiligen Kommunion zu trennen, verfällt er dem gegengesetzten Irrtum, die Devotion dem heiligen Sakrament gegenüber herabzumindern, so als wäre es gegen den häufigen Kommunionempfang.
15 Der Begriff „Transfinalisation“ scheint von dem französischen Marianisten Jean de Baciocchi geprägt worden zu sein, wurde aber von vielen anderen gebraucht. Der Begriff „Transsignifikation“ wird vor allem mit dem holländischen Jesuiten Piet Schoonenberg in Verbindung gebracht. Zur weiteren Lektüre, vgl. Joseph M. Powers, Eucharistic Theology (Seabury, New York 1967), SS. 111-179, und Colman O’Neill, New Approaches to the Eucharist (Alba House, Staten Island, New York 1967), SS. 103-126.
16 Piet Schoonenberg, The Real Presence in Contemporary Discussion, Theology Digest 15 (Spring 1967), SS. 3-11, a p. 10.
17 Diese Daten stammen aus Amy L. Florian, Adoro Te devote, America 182 (4. März 2000), SS. 18-21, auf S. 18.



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