Rubriken
Aus Nr.01 - 2010


PREDIGT.

Der Stammbaum Jesu und das „Geheimnis der Gnade“


IDavid und Betsabe/I, Marc Chagall.

IDavid und Betsabe/I, Marc Chagall.

Zum 90. Geburtstag von Kardinal Tomás Spidlík am 17. Dezember 2009 zelebrierte Papst Benedikt XVI. eine Messe in der Kapelle „Redemptoris Mater“ im Apostolischen Palast des Vatikan. Die Meßfeier erfolgte mit der Gemeinschaft des Aletti-Zentrums Rom, einem in das Päpstliche Orientalische Institut eingegliederten Bildungszentrum. Hier ein Teil der Predigt des Papstes: „Der Auszug aus dem Matthäusevangelium zeigt uns den ‚Stammbaum Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams‘ (Mt 1, 1), und betont dabei die Treue Gottes zur Verheißung, die er nicht nur durch die Menschen erfüllt, sondern mit ihnen, wenn auch manchmal – wie bei Jakob – auf steinigen und unvorhersehbaren Wegen. Der erwartete Messias, Inhalt der Verheißung, ist wahrer Gott, aber auch wahrer Mensch; Sohn Gottes, aber auch Sohn, geboren aus der Jungfrau Maria von Nazareth, heiliges Fleisch Abrahams, mit dessen Nachkommen sich alle Völker der Erde segnen sollen (vgl. Gen 22, 18). In diesem Stammbaum werden, neben Maria, noch vier weitere Frauen erwähnt. Nicht aber Sara, Rebecca, Lia, Rachel, also die großen Frauenfiguren der Geschichte Israels, sondern vier heidnische Frauen – Rahab, Rut, Betsabe, Tamar –, die die Reinheit eines Stammbaumes eigentlich ‚stören‘. An diesen heidnischen Frauen aber, die an entscheidenden Punkten der Heilsgeschichte auftreten, wird das Geheimnis der Kirche der Heiden ersichtlich, die Universalität des Heils. Es sind heidnische Frauen, an denen die Zukunft sichtbar wird, die Universalität des Heils. Es sind aber auch vier Sünderinnen, und so wird an ihnen auch das Geheimnis der Gnade sichtbar: nicht unsere Werke sind es, die die Welt erlösen, sondern der Herr ist es, der uns das wahre Leben schenkt. Diese Frauen sind zwar Sünderinnen, aber an ihnen wird die Größe der Gnade sichtbar, derer wir alle bedürfen. Dennoch zeigen sie eine mustergültige Antwort auf die Treue Gottes: im Glauben an den Gott Israels. Und so wird die Kirche der Heiden offenbar, Geheimnis der Gnade, und der Glaube als Geschenk und Weg hin zur Gemeinschaft mit Gott.“

(Übersetzung 30Tage)




DIPLOMATIE.

Volle diplomatische Beziehungen zwischen Russland und Hl. Stuhl


Benedikt XVI. mit Präsident Medvedev. [© Paolo Galosi/Vatican Pool]

Benedikt XVI. mit Präsident Medvedev. [© Paolo Galosi/Vatican Pool]

Am 9. Dezember wurde angekündigt, dass der Hl. Stuhl und die Russische Föderation beschlossen haben, volle diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Bisher unterhielten sie „Beziehungen besonderer Art.“




KIRCHE.

Etchegaray: „Der Christ lebt in der Gegenwart“


Kardinal Roger Etchegaray und Papst Benedikt XVI.

Kardinal Roger Etchegaray und Papst Benedikt XVI.

„Gewiss, den letzten Heiligen Abend werde ich nie vergessen; es war ein in vielerlei Hinsicht unvergesslicher Abend... Aber sprechen wir nicht von mir, sprechen wir lieber über den Papst... Ich hatte kein besonderes Verdienst dabei. Sagen wir es einmal so: ich bin durch meinen Sturz in die Geschichte eingegangen.“ Mit diesen Worten kommentierte Kardinal Roger Etchegaray im Corriere della Sera vom 30. Januar die „Attacke“ von Susanna Maiolo, die den Papst bei der Christmette in der Peterskirche zu Fall gebracht hatte. In dem dabei entstandenen Tumult war auch Etchegaray gestürzt und hatte sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen. Nach seiner Operation kann er nun wieder gehen und sich erneut kirchlichen Angelegenheiten zuwenden – wie er dem Corriere della Sera gegenüber erklärte –: „Ein Christ lebt in der Gegenwart und blickt stets nach vorn.“




GNOSIS.

Der Botschafter Israels und die Anhänger Sabbatai Zevis


Sabbatai Zevi.

Sabbatai Zevi.

„Das Judentum gründet auf der Anerkennung der Einheit des Menschengeschlechts, der Bejahung der Moralprinzipien und der Wahrheit, die stets über jeden Menschen erhaben sind, unabhängig von Religion oder Rasse.“ So beginnt der Beitrag des israelischen Botschafters beim Hl. Stuhl, Mordechay Lewy (zu lesen in: Pagine ebraiche, Monatszeitschrift der Union der jüdischen Gemeinschaften in Italien, und am 20. Januar wiederaufgegriffen vom L’Osservatore Romano). In besagtem Text heißt es: „Rabbi Moshe de Coucy hatte im 13. Jahrhundert das Verbot erlassen, ‚sowohl Juden als auch Nichtjuden zu täuschen‘ (SEMAG, 74) [...]. Rabbi Moses Rivkes (1600-1684), Verfasser eines Kommentars über den Shulchan Aruch [den Gesetzeskodex im Judentum], schrieb in der Beer Hagolah, dass die Christen ,an die Erschaffung der Welt glauben, an den Exodus, an die Offenbarung am Sinai‘, und dass sie ,ihr Gebet an den Schöpfer richten‘ (7, 7). In einem Brief an die polnische jüdische Gemeinde appelliert Rabbi Jacob Emdem (1698-1776) an die Christen, die die Sabbatianer wie Abtrünnige behandeln sollen, ,da anerkannt ist, dass auch der Nazarener und seine Jünger, besonders Paulus, vor der Thora der Juden gewarnt haben, der alle Beschnittenen verpflichtet sind. Und wenn sie wahre Christen sind, befolgen sie ihren Glauben in der Wahrheit und dulden diesen unpassenden neuen Messias [...] Sabbatai Zevi [...] nicht in ihrer Mitte. In der Tat ist es gemäß den Verfassern der Evangelien auch einem Juden nicht erlaubt, von seiner Thora abzukommen‘. Dieser Text stammt aus einem Anhang zum Seder Olam Raba von Emdem (Hamburg 1757, S. 33).“ An einer anderen Stelle schreibt Lewy: „Emdem lobt die muslimische und die christliche Lehre: ‚Die Weisen aus Edom und die Ismaeliten [...] sprechen sich dank der göttlichen Lehre, die wir alle erhalten haben, für uns aus [...]. Obgleich einige Törichte fast versucht haben, uns zu vernichten [...]. Die Weisen unter ihnen waren stark wie Löwen gegen die Niederträchtigen, besonders die christlichen Weisen, die stets der Wahrheit folgen [...]. Sie waren unsere Beschützer, und das möge als wohltätiges Handeln ihrerseits anerkannt sein‘.“




BÜCHER.

Wojtyla, Luciani und die Anmerkungen von Wanda Poltawska


Papst Luciani mit Kardinal Karol  Wojtyla.

Papst Luciani mit Kardinal Karol Wojtyla.

Im Januar erschien im San-Paolo-Verlag Tagebuch einer Freundschaft, in dem Wanda Poltawska ihre langjährige Bekanntschaft mit Karol Wojtyla beschreibt. Am 9. Januar veröffentlichte der Corriere della Sera einen Auszug daraus. Hier eine Anmerkung zu jenem September 1978, als Wojtyla nach seiner Teilnahme am Konklave, in dem Johannes Paul I. gewählt wurde, nach Polen zurückkehrte: „Es folgten Wochen intensiver Arbeit: Reisen, Versammlungen, in einem noch hektischeren Tempo als üblich. Die Nachricht vom Tode Johannes Pauls I. kam für alle überraschend, und er sagte zu mir: ‚Ich habe geglaubt, ich hätte mehr Zeit‘. Als er zum zweiten Mal abreiste, fragte ich ihn zum Abschied: ‚Welchen Namen wirst du als Papst wählen?‘. Andrzej, mein Mann, antwortete überrascht: ‚Was heißt hier, ‚welchen‘, Johannes Paul II., das ist doch logisch‘. Er dagegen antwortete nicht.“





Benedikt XVI. und Präsident Lula. [© Associated Press/LaPresse]

Benedikt XVI. und Präsident Lula. [© Associated Press/LaPresse]

DiplomaTIE/1
Abkommen mit Brasilien ratifiziert

Am 10. Dezember kam es im Vatikan zum Austausch der Ratifizierungsurkunden zum Abkommen zwischen dem Hl. Stuhl und der Bundesrepublik Brasilien, das am 13. November 2008 unterzeichnet worden war.


Papst/1
Dekrete über den heroischen Tugendgrad von Pius XII. und Johannes Paul II. approbiert

Am 19. Dezember empfing der Papst den Präfekten der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, Erzbischof Angelo Amato, in Audienz und autorisierte das Dikasterium, 21 Dekrete zu promulgieren zu ebensovielen Seligsprechungskausen. Darunter auch jene über den heroischen Tugendgrad von Pius XII. und Johannes Paul II.


Papst/2
Die Beichte und der Weltfrieden

In einem kurzen Artikel in der Wochenzeitschrift L’espresso (von Ende Dezember) mit dem Titel Und der Papst gemahnte daran, dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist, kommentierte Sandro Magister die Ansprache von Benedikt XVI. an die Römische Kurie (21. Dezember). In besagtem Artikel steht zu lesen: „Dann fügte Benedikt XVI. noch an, dass der Grund, warum auf der Welt vieles schlecht läuft, auch darin liege, ‚dass das Sakrament der Buße aus den Lebensvollzügen der Christen weitgehend verschwunden ist, was ein Symptom für einen Verlust an Wahrhaftigkeit uns selbst und Gott gegenüber ist; ein Verlust, der unsere Menschlichkeit gefährdet und der unsere Friedensfähigkeit vermindert‘. Für den hl. Bonaventura war das Sakrament der Buße – wie Ratzinger anfügte – ‚ein Menschheitssakrament, das Gott in seinem wesentlichen Grund schon unmittelbar nach dem Sündenfall mit der Buße für Adam eingesetzt habe ‘.“


Kardinäle
Glemp wird achtzig. Shirayanagi und Daly verstorben

Am 18. Dezember konnte der polnische Kardinal Józef Glemp, Erzbischof von Warschau von 1981 bis 2006, seinen 80. Geburtstag feiern. Am 30. Dezember verstarb der japanische Kardinal Peter Seiichi Shirayanagi, Erzbischof von Tokio von 1970 bis 2000. Am 31. Dezember verstarb der irische Kardinal Cahal Brendan Daly, Erzbischof von Armagh von 1990 bis 1996. Ende 2009 setzte sich das Kardinalskollegium aus 183 Kardinälen zusammen, 112 davon sind in einem eventuellen Konklave wahlberechtigt.


Geschichte
Levi und das Schweigen von Pius XII.

„Ich wage es nicht, über den Entschluss des Papstes, damals zu schweigen statt zu sprechen, zu urteilen. Wenn der Papst den Holocaust der Juden öffentlich verdammt hätte, hätte er damit eine heroische Tat vollbracht, die sich auf die ganze Kirche ausgewirkt hätte. Aber die italienischen Opfer der Schoah wären dann sehr viel mehr als 8.000 gewesen.“ Das schreibt Arrigo Levi in einem Artikel über Pius XII. (La Stampa, 23. Dezember). Und er bekräftigt an einer anderen Stelle, wo von der weitverzweigten Hilfsaktion der italienischen Kirche für die italienischen Juden die Rede ist: „Ich zähle mich zu den ‚vielen‘, die es nicht nur für wahrscheinlich, sondern sogar für sicher halten, dass der Papst nach dem unvergessenen Schweigen vom 16. Oktober 1943 die – nicht nur in Rom, sondern in ganz Italien – eingeleitete Rettungsaktion für die Juden gutgeheißen hat. Und an dieser Rettungsaktion waren nicht nur Landpfarrer beteiligt, sondern auch Bischöfe und namhafte Kardinäle.“


Aktualität
Yehoshua: Israel, der messianische Traum und der Frieden im Heiligen Land

Verschiedene israelische Rabbiner haben sich im Namen der Sakralität Israels gegen das Regierungsprojekt aufgelehnt, das die für die Wiederankurbelung des Friedensprozesses wichtige Einfrierung neuer Kolonien vorsieht. Avraham Yehoshua (La Stampa, 21. Dezember) kommentiert: „In den vergangenen Jahrhunderten hat das Auftauchen der zionistischen Ideologie, der jüdischen Theologie, in all ihren Varianten, eine religiöse Struktur geschaffen, die zwar die Ansiedlung auf israelischem Boden als notwendige Regel akzeptiert hat, sie aber als messianischen Traum, eine himmlische Erlösung, die nur in Form eines göttlichen Einschreitens bewerkstelligt werden kann, angesehen hat [...]. Wie kann man folgenden Widerspruch lösen: auf der einen Seite die gleichgültige Distanz, mit der die strenggläubigen Juden das Heilige Land jahrhundertelang betrachtet haben und auf der anderen die heutige Einschätzung dieses Gebiets als wichtigstes religiöses Kultzentrum überhaupt, für das man sich, wenn notwendig, auch gegen die weltliche und demokratische Regierung auflehnen muss? Ich bin der Meinung, dass dieser Frage folgende Überlegung zugrunde liegt: Israel existiert ohne Torah nicht. Wer das akzeptiert, betrachtet die – von demokratischen Entscheidungen legitimierte – Landesregierung als bedeutungslos, weil nur die Torah und die Halakha dem Konzept der Nationalität einen Sinn geben können.“ Und weiter: „Die enge religiöse Verbundenheit mit dem Gebiet ist nur ein Vorwand, ein Element der Provokation einer demokratischen Landesregierung gegenüber. Eine Provokation, die an der Basis der jüdischen Identität schon seit Urzeiten besteht und die sich in den letzten Jahren mit der wachsenden Zahl strenggläubiger Juden in Israel verschärft hat. Und es ist eine Provokation, der jede demokratische israelische Regierung die Stirn bieten muss, wenn sie sich aus den 1967 besetzten Gebieten zurückziehen und einen Frieden mit den Palästinensern erreichen will.“


Theologie/1
Die Aktualität des Thomas von Aquin

„Als Dominikaner freut es mich besonders, dass der Papst Thomas von Aquin als Beispiel für die Haltung erwähnt hat, die die Päpstlichen Akademien den Problemen des Dialogs mit der Gesellschaft und der modernen Kultur gegenüber einnehmen.“ So Kardinal Georges Cottier (Interview mit Avvenire, 29. Januar) über die Ansprache des Heiligen Vaters an die Mitglieder der Päpstlichen Akademien. Die Begegnung fand einen Tag vor der 14. öffentlichen Sitzung statt. Der Kardinal fährt fort: „Der Papst erinnert uns daran, dass Thomas von Aquin ein Mann mit einem tiefen Sinn für die Tradition und für den Dialog ist; einer, der offen war für die Probleme seiner Zeit. Er zog Nahrung aus der Schrift und den Kirchenvätern, besonders Augustinus, was sehr wichtig ist. Gleichzeitig war er aber auch mit der Kultur seiner Zeit gut vertraut: er kannte nicht nur die arabische Philosophie, sondern auch die jüdische – er hat oft [Moses] Maimonides zitiert. Ganz zu schweigen von seiner gekonnten Synthese des griechischen Denkens. Das verleiht Thomas von Aquin auch für die Fragen unseres heutigen kulturellen Klimas eine große Aktualität.“


Theologie/2
Die Revanche des Maimonides

Der Artikel La rivincita di Maimonide von Armando Torno (Corriere della Sera, 16. Januar) verweist auf die Aktualität des Denkens von Moses Maimonides (1135-1204), im Kontext einer breiten Debatte innerhalb der jüdischen Welt. Nach einer detaillierten Beschreibung des Lebens des Philosophen, der wegen seines Umgangs mit der Realität und mit der Offenbarung als eine Art „Thomas von Aquin des Judentums“ definiert wird, geht der Artikel auf sein Werk Führer der Unschlüssigen ein: „Darin wird vorgeschlagen, jenen beizustehen, die hin- und hergerissen sind zwischen dem Glauben an die Offenbarung und den Lehren der Philosophie; ja, man versucht sogar, deren Probleme zu lösen. Wie die Lehrer der Scholastik ohne lange zu zögern die Hilfe der Vernunft in Anspruch nahmen, so griff Maimonides auf Aristoteles zurück, um die Existenz Gottes zu ‚beweisen‘. [...] Étienne Gilson, der große Historiker des mittelalterlichen Denkens, nannte den Führer der Unschlüssigen ‚eine echte Summa der jüdischen scholastischen Philosophie‘.“


Kardinäle
Razafindratandra verstorben. Ambrozic wird achtzig

Am 9. Januar verstarb der afrikanische Kardinal Gaétan Razafindratandra (85), von 1994 bis 2005 Erzbischof von Antananarivo in Madagaskar.
Am 23. Januar wurde der slowenisch-stämmige Kardinal Aloysius Matthew Ambrozic achtzig Jahre alt. Von 1990 bis 2006 war er Erzbischof von Toronto in Kanada.
Ende Januar setzte sich das Kardinalskollegium aus 182 Kardinälen zusammen, 111 davon sind in einem eventuellen Konklave wahlberechtigt.


Ernennungen
Neue Erzbischöfe in Prag und Mechelen-Brüssel

Am 18. Januar nahm der Papst das Rücktrittsgesuch des belgischen Kardinals Godfried Danneels (77) an. Seit 1979 war er Erzbischof von Mechelen-Brüssel. Sein Nachfolger wird Msgr. André-Mutien Léonard (70), der seit 1991 Bischof von Namur war.
Am 13. Februar gab der Papst dem Rücktrittsgesuch von Kardinal Miloslav Vlk (78) statt, Erzbischof von Prag seit 1991. Zu seinem Nachfolger wurde der Dominikaner Dominik Duka (67) ernannt, seit 1998 Bischof von Hradec Kralove.


Geschichte/1
Silvestrini: Als Pius XII. versuchte, den Krieg zu vermeiden

„Pius XII. war immer ein überzeugter Nazigegner. Im Winter des Jahres 1940, vor dem deutschen Vorstoß an der Westfront, bat eine Gruppe hochrangiger deutscher Nazi-Offiziere, die Hitler entmachten wollten, den Papst, bei alliierten Regierungen vorzusprechen, um herauszufinden, welche Garantien man ihnen geben könnte. Pius XII. ließ den britischen Botschafter Osborne zweimal in den Vatikan kommen, um den Plan mit ihm zu besprechen. Und er tat das auf direktem Weg, hielt das Staatssekretariat heraus. Das ist auch der Grund, warum man in den vatikanischen Archiven keinen Hinweis darauf findet, sehr wohl aber im Tagebuch Osbornes und in einem Buch Chatwicks.“ So Kardinal Achille Silvestrini in einem Interview (La Stampa am 1. Februar).


Geschichte/2
Lévy: Der Erfinder der schwarzen Legende um Pius XII. war ein Negationist

„Auf die sehr komplexe Geschichte um Pius XII. würde ich, sollte das nötig sein, gern wieder zurückkommen. Ich würde dann über Rolf Hochhuth sprechen, den Verfasser des berühmten Schauspiels Der Stellvertreter, mit dem 1963 die Polemik um das vermeintliche ‚Schweigen von Pius XII.‘ begann. Ich würde insbesondere auf den Umstand zu sprechen kommen, dass dieser unerbittliche Kritiker auch ein ausgemachter Negationist ist. Einer, der mehrfach als solcher verurteilt wurde und der als letzte Provokation vor fünf Jahren in einem Interview in der extrem rechtsgerichteten Wochenzeitung Junge Freiheit David Irving verteidigt hat, der die Existenz der Gaskammern leugnet.“ So Bernard-Henri Lévy im Corriere della Sera vom 20. Januar.


Naher Osten
Yehoshua, der Frieden zwischen Palästina und Israel und die Iran-Krise

„Ein eventueller Friede zwischen Israel und Palästinensern würde das Gift des iranischen Hasses neutralisieren und den fantasiereichen politischen Mechanismus brechen, der Israel mit dem absolut Bösen oder ‚kleinen Satan‘ identifiziert, der um jeden Preis vernichtet werden muss. Wenn Israelis und Palästinenser gemeinsame Front machen würden, könnte das bewirken, dass sich das iranische Volk, das in nicht allzu ferner Vergangenheit gute Beziehungen zum jüdischen Staat unterhielt, gegen den Wahnsinn auflehnt, der sich in seiner Führungsspitze breitgemacht zu haben scheint. Mit einem israelischen oder amerikanischen Militäreingriff würde man riskieren, die Situation nur noch gefährlich zu verschlechtern und das Leid in dieser ohnehin schon geplagten Zone unnötig zu verlängern und zu verstärken. Eine friedliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts wäre dagegen auf lange Sicht viel wirkungsvoller als jegliches militärisches Einschreiten.“ Mit diesen Gedanken endet das Editorial von Avraham B. Yehoshua (La Stampa, 3. Februar 2010).


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