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LOURDES: 11. FEBRUAR-16....
Aus Nr. 01 - 2008

Der 150. Jahrestag der Erscheinungen von Lourdes

Und Bernadette sagte...



Eine Sammlung der Aussprüche Bernadettes und Zeugnisse von Personen, die sie kannten


Von Bernadette gibt es so gut wie gar keinen schriftlichen Nachlaß, in den Archiven des Klosters Saint-Gildard in Nevers befinden sich jedoch die Akten ihres Heiligsprechungsprozesses. Mit den Zeugenaussagen der Mitschwestern und anderer Menschen, die Kontakt zu ihr hatten, vor allem in ihren Klosterjahren – zwischen 1866 und 1879. Es handelt sich um Erinnerungen, Anekdoten, Episoden, Antworten, die ihren Weggefährten im Gedächtnis geblieben sind. Anhand dieses Materials konnte das Kloster Saint-Gildard, auch dank der Studien des Theologen René Laurentin, ein kleines, 1978 in Frankreich mit dem Titel Bernadette disait... erschienenes Büchlein zusammenstellen. Wir haben eine kleine Zusammenfassung vorbereitet, aus der die Persönlichkeit Bernadettes, ihre einfache und tiefe Art, den christlichen Glauben zu leben, hervorgeht. Lesen Sie hier die Zeugnisse in der chronologischen Reihenfolge, in der sie in dem Buch zu finden sind; in einigen Fällen wurde, zum besseren Verständnis, auf den jeweiligen Kontext verwiesen.


Lourdes, 1858-1866

1858

Januar
Bernadette hütet in Bartrès Schafe.
„Sagen Sie meinen Eltern, daß ich sehr traurig bin. Ich würde gern nach Lourdes zurückkehren, dort zur Schule gehen und mich auf die Erstkommunion vorbereiten.“


Die Zeit der Erscheinungen

21. Februar
Nach der sechsten Erscheinung; sie kommt gerade aus dem Büro von Kommissar Jacomet:
„Warum lachst Du?“ wird sie gefragt.
„Der Kommissar hat so gezittert, daß das Glöckchen an seiner Kappe klingelte.“

23. Februar
„Wegen Dir strömen die Menschen in Scharen herbei!“.
„Und warum kommen sie? Ich bin es gewiß nicht, die sie holen geht!“.

24. Februar
„Wie hat sie zu Dir gesprochen? Auf französisch oder im Dialekt?“
„Oh! Das ist ja gut, wollt ihr, daß sie französisch zu mir spricht? Glaubt ihr denn, ich würde das verstehen?“.

25. Februar
Bei der neunten Erscheinung hört man sie wiederholen:
„Buße... Buße... Buße...“.

Am Ende folgt folgender Dialog:
„Aber was hat sie Dir denn gesagt?“.
„Geh’, trink’ aus der Quelle und wasch’ Dich“.
„Und das Gras, das Du gegessen hast?“.
„Auch das hat sie mir gesagt...“
„Was hat sie Dir gesagt?“.
„Du wirst das Gras da essen“.
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„Ich tue es für die Sünder.“

25. März
Bernadette wacht sehr früh auf und zieht sich an.
„Ich muß zur Grotte. Beeilt euch, wenn ihr mitkommen wollt“.
„Sei doch vernünftig, das tut Dir nicht gut...“
„Ich bin aber geheilt“.
„Warte wenigstens, bis die Sonne aufgeht!“
„Nein, ich muß dorthin, und zwar sofort!“.

In der Grotte, vor der Erscheinung:
„Mademoiselle, hätten Sie wohl die Güte, mir zu sagen, wer Sie sind?“.

Auf dem Rückweg von der Grotte muß Bernadette lachen.
„Weißt Du, was?“.
„Du darfst es niemandem sagen, aber sie hat zu mir gesagt: ‚Ich bin die Unbefleckte Empfängnis“.

27. März
Drei Ärzte untersuchen Bernadette:
„Haben Sie manchmal Kopfschmerzen?“.
„Nein“.
„Hatten Sie schon einmal Nervenkrisen?“.
„Nein, nie.“
„Ihr Gesundheitszustand scheint aber prekär zu sein“.
„Ich esse, trinke und kann auch gut schlafen.“

Bei der Untersuchung, zum Thema Jungfrau Maria:
„Ja, ich sehe sie, so wie ich Sie sehe. Sie bewegt sich, spricht zu mir, streckt die Arme aus.“
„Hast Du keine Angst, wenn Du soviele Menschen um Dich siehst?“.
„Ich sehe nichts um mich herum.“

MAI
Bernadette riskiert erneut das Gefängnis:
„Ich habe vor nichts Angst, denn ich habe immer die Wahrheit gesagt.“

4. Juni
Am Tag nach der Erstkommunion Bernadettes, fragt sie Emmanuélite Estrade:
„Was hat Dich glücklicher gemacht: die Erstkommunion oder die Erscheinungen?“
„Es sind zwei Dinge, die zusammen gehören, aber nicht miteinander verglichen werden können. Ich war über beide sehr glücklich.“

16. Juli
Letzte Erscheinung. Als sich der Tag dem Ende neigt, verspürt Bernadette den unwiderstehlichen Wunsch, zur Grotte zu gehen:
„Was hat sie Dir gesagt?“.
„Nichts.“


NACH DEM 16. JULI, DIE BEWEISE:
DER BESUCHERANSTURM

28. August
Zu Abt Fonteneau:
„Ich zwinge Sie nicht, mir zu glauben, aber ich kann Ihnen nur das antworten, was ich gesehen und gehört habe.“
„Nun Bernadette, weil Dir die Heilige Jungfrau den Himmel versprochen hat, mußt Du Dich also nicht mehr um Dein Seelenheil kümmern?“.
„Oh, Pater, ich werde nur dann in den Himmel kommen, wenn ich mich so verhalte, wie es sich gehört.“

17. November
In der Grotte, nach dem Verhör durch die Kommission der Geistlichen:
„Ich bin sehr müde!“.

1859

Mai
Marie de Cornuijer-Lucinière befragt sie zu den Geheimnissen:
„Würdest Du sie dem Papst sagen?“
„Er hat es nicht nötig, sie zu wissen.“

1860

Abt Junqua besucht Bernadette. Nach zweistündiger Unterhaltung sagt er zu ihr:
„Ich werde wiederkommen... Erinnern Sie sich an mich! Versprechen Sie mir, daß Sie sich an mich erinnern werden!“.
„Oh, das kann ich Ihnen nicht versprechen! Ich sehe so viele, und alle möglichen Leute!“.

7. Dezember
Das Verhör vor Msgr. Laurence, Bischof von Tarbes:
„Dich Gras essen zu lassen, ist ja wohl kaum ein Einfall, der der Muttergottes würdig ist.“
„Salat essen wir doch auch!“.

1861-1862

Abt Bernadou will Bernadette fotografieren, um den Ausdruck, den ihr Gesicht bei den Erscheinungen hatte, auf Fotoplatte zu bannen.
„Nein, so geht das nicht. So ein Gesicht hast Du nicht gemacht, als die Muttergottes da war.“
„Aber sie ist doch jetzt nicht da!“.

1864

Sie haben Bernadette fotografiert, und die Fotos werden zum Preis von einem Franken verkauft...
„Findest Du, daß sie Dich zu einem gerechten Preis verkaufen, Bernadette?“
„Für mehr als ich wert bin“.

1866

Am Vorabend der Abreise nach Nevers sucht Justine, die Tochter ihrer Ziehmutter, Marie Lagües, Bernadette auf:
„Tut es Dir nicht leid, wegzugehen?“.
„Die wenige Zeit, die wir auf der Welt sind, müssen wir gut nutzen.“


Nevers, 1866-1879

Zeugnisse der Mitschwestern und Personen, die Bernadette während ihres Aufenthalts im Mutterhaus der Kongregation der „Soeurs de la Charité“ in Nevers kennenlernten, von 1866 bis zu ihrem Tod am 16. April 1879.

1866

JULI
Schwester Emilienne Duboé:
Bernadette wurde mir bei ihrer Ankunft im Noviziat anvertraut, ich sollte ihr helfen, sich einzugewöhnen... Was ihr großen Schmerz bereitete, war, die Grotte nicht mehr zu sehen. „Wenn Du wüßtest,“ sagte sie, „was ich dort Schönes gesehen habe.“ Ich war versucht, sie danach zu fragen, aber sie sagte, daß sie nichts sagen dürfe, daß es ihr die Novizenmeisterin verboten hätte. „Wenn Du wüßtest, wie gut die Muttergottes ist!“.
Eines Tages machte mich Bernadette darauf aufmerksam, daß ich das Kreuzzeichen schlecht machte. Ich antwortete ihr, daß ich es gewiß nicht so gut könnte wie sie, die es schließlich von der Muttergottes gelernt hätte. „Man muß aufpassen,“ sagte sie zu mir, „weil es sehr wichtig ist, das Kreuzzeichen gut zu machen.“

Schwester Charles Ramillon:
Die Art, wie sie das Kreuzzeichen machte, beeindruckte mich tief; wir haben oft versucht, es ihr nachzutun, aber es ist uns nie gelungen. Da haben wir uns gesagt: „Man sieht, daß es ihr die Muttergottes beigebracht hat.“

Schwester Emilie Marcillac:
Schwester Marie-Bernard hatte eine süße, einfache Frömmigkeit, an der nichts Auffälliges war. Sie war sehr pflichtbewußt, hielt stets das Schweigen ein, aber in der Mußestunde zog sie durch ihre Munterkeit alle an wie ein Magnet. Sie hielt nichts von übertriebener Frömmigkeit. Eines Tage zeigte sie auf eine Novizin, die immer die Augen schloß, und sagte lachend: „Sehen Sie Schwester X? Wenn sie keine Kameradin hätte, die sie führt, könnte ihr noch ein Unfall passieren. Warum die Augen schließen, wo es doch so wichtig ist, sie offen zu halten?“.
Bei ihren Asthmakrisen hatte sie Hustenanfälle, die ihr fast den Brustkorb zerrissen; und obwohl sie Blut erbrach, fast erstickte, hörte man von ihr kein Klagen, kein Jammern. Ich hörte sie nur den Namen Jesu aussprechen. Nachdem sie „Oh mein Jesus!“ geflüstert hatte, betrachtete sie das Kreuz, und in ihren Augen lag etwas Unaussprechliches, aber doch so Vielsagendes...

OKTOBER
Schwester Emilie Marcillac:
Im Oktober, am 25., ging es ihr sichtlich schlecht... Wir dachten, daß sie die Nacht nicht überstehen würde... Groß war meine Überraschung am Morgen darauf, als ich mich ihrem Bett näherte, um zu sehen, wie es ihr ging: Sie lag nicht, wie ich vermutete, im Sterben, sondern sagte mit klarer Stimme: „Es geht mir besser. Der Herr hat mich nicht gewollt, ich bin bis zum Tor gekommen und er hat mir gesagt: geh wieder zurück, es ist zu früh.“

1867

Mai
Schwester Bernard Dalias:
Ich war seit drei Tagen in Nevers und mußte überrascht feststellen, daß ich Bernadette nicht kannte. Die Oberin, die mich begleitet hatte, zeigte mir eine kleine, lächelnde Novizin, die in ihrer Nähe stand, und sagte: „Bernadette? Da steht sie doch!“. Mir entfuhr die wenig respektvolle Bemerkung: „Das ist alles?“. Und sie antwortete: „Ja, mein Fräulein, das ist alles!“. Ich kann sagen, daß sie von diesem Moment an eine große Sympathie für mich zeigte.

Schwester Brigitte Hostin:
Ich war Noviziatskollegin von Schwester Marie-Bernard; ein Privileg, das ich sieben, acht Monate lang hatte. Ich konnte ihre große Frömmigkeit bewundern, ihre – was man so selten findet – große Ausgeglichenheit und kindliche Einfachheit, vor allem aber eine große Demut; die sie – wenn sie verpflichtet war, auf die Briefe zu antworten, die ihr einige wichtige Persönlichkeiten bezüglich der Gunstbeweise schrieben, die sie von der Muttergottes erhalten hatte – sagen ließ: „Wenn es mir nicht der Gehorsam gebieten würde, würde ich gar nicht antworten!“.

September
Schwester Joseph Caldairou erinnert sich an einige Aussprüche Bernadettes:
„Nur Gott weiß, wieviel es mich kostet, vor Bischöfe, Priester, soviele Menschen treten zu müssen.“
„Ich kann keine Muttergottes schön finden, nachdem ich das Original gesehen habe!“.

1868

Schwester Charles Ramillon:
Eines Tages hat eine von uns, in meinem Beisein, zu ihr gesagt: „Haben Sie die Geheimnisse der Muttergottes der Generaloberen gesagt?“. „Nein.“ „Nicht einmal der Novizenmeisterin?“. „Auch der nicht.“ „Und wenn Sie der Heilige Vater danach fragen würde?“. „Ich würde darüber nachdenken.“

November
Graf Lafond:
Msgr. Chigi [apostolischer Nuntius in Frankreich, Anm. d Red.] ließ Schwester Marie-Bernard ins Besuchszimmer rufen. „Meine liebe Tochter, hast Du denn keine Angst gehabt, als Dir die Muttergottes erschien?“. „Oh ja, Monsignore, sehr sogar, aber nur das erste Mal – sie war so schön!“.

1869

August
Schwester Bernard Dalias:
Jedes Wort aus ihrem Mund war eine wahre Wohltat. Wer Schmerz litt, dem sagte sie: „Ich werde für Sie beten.“ Mehrmals habe ich sie mit tränenüberströmtem Gesicht ertappt. Ich warf ihr einen fragenden Blick zu. „Oh, wenn ich doch nur einmal die Grotte wiedersehen könnte,“ flüsterte sie. „Nur ein einziges Mal, nachts, wenn es niemand erfahren würde...“. Ich hatte die Aufgabe, das Lied zum Beitrag der Mußestunde anzustimmen. Einmal, nach dem Gebet, näherte sich mir Schwester Marie-Bernard und sagte: „Singt doch einmal ‚Je la verrai cette mère chérie‘.“ Und dabei wurde ihr Blick träumerisch, traurig, undefinierbar, und zwei dicke Tränen liefen ihr über die Wangen...
Man mußte nur hören, wie sie voller Überzeugung sagte: „Bitte für mich arme Sünderin, vor allem in der Stunde meines Todes“, um zu verstehen, daß ihr vollkommen klar war, daß sie die ihr wegen ihrer Treue von der Jungfrau versprochene Wirkung erflehen mußte.

Schwester Emilienne Robert:
Sie sprach zu uns vom Korrigieren unserer Fehler, und ich sagte ihr, daß das schwierig wäre. Da sah sie mir fest in die Augen und winkte ab: „Unsinn! Da erhält man so oft das Brot der Starken und soll nicht mehr mutig sein?“.

Oktober
Graf Lafond:
Der Abt von M. sagte in meinem Beisein, daß sie aus Lourdes kam und Pater Hermann und Herrn Lasserre getroffen hätte, die beide ihre Sehkraft wiedererlangt hatten. Schwester Marie-Bernard öffnete ihre großen Augen, die sie zuvor niedergeschlagen hatte. Der Abt meinte: „Ich habe die Statue gesehen, die sie in der Grotte aufgestellt haben. Sie hat die Hände so gefaltet. Ist Ihnen die Muttergottes so erschienen?“. „Ja, Pater, aber als sie mir gesagt hat: ‚Ich bin die Unbefleckte Empfängnis‘ hat sie so gemacht.“ Und sie machte eine Geste von solcher Schönheit, daß wir alle zu Tränen gerührt waren. Es war, als würden wir eine Kopie der Königin des Himmels sehen, wie sie in der Grotte von Massabielle erschienen ist.
Eine Frau aus Nevers fragte sie einmal: „Und Sie haben die Jungfrau Maria seit den 18 Erscheinungen nicht mehr gesehen?“. Die zwei Tränen, die wie Perlen auf ihren Wangen glänzten, waren die einzige Antwort.

Schwester Cécile Pagès:
Ich sagte Schwester Marie-Bernard, daß viele Menschen, nach einer Novene, mit dem Wasser von Lourdes geheilt worden waren. „Oh,“ sagte sie, „die Jungfrau will manchmal, daß man lange betet, und jemand ist erst nach neun Novenen geheilt worden.“

1870

April
Schwester Angèle (damals Postulantin):
Schwester Marie-Bernard sagte zu mir: „Was haben Sie, mein Fräulein?“. Ich antwortete: „Ich habe eine schlechte Nachricht erhalten: Meine Mutter liegt im Sterben; vielleicht ist sie schon tot.“ Schwester Marie-Bernard blickte mir fest in die Augen und sagte mit einem Lächeln, das ich nie vergessen werde: „Weinen Sie nicht, die Muttergottes wird sie gesund machen; ich werde für sie beten.“

August
Schwester Madeleine Bounaix:
Am 15. August 1870 befand ich mich in der Krankenstation St. Josef; sie reichte mir eine Frucht, und während wir über das Fest des Tages sprachen, sagte ich zu ihr: „Schwester, beten Sie heute für mich?“. „Ja, aber unter einer Bedingung: daß Sie dasselbe für mich tun.“ Da fügte ich an: „Wie schön muß das Fest im Himmel doch sein, und wie schön muß auch die Muttergottes sein.“ „Oh, ja,“ sagte sie, „wenn man sie gesehen hat, kann man nicht mehr an der Erde hängen!“.
Einige Zeit später erhielt Schwester Marie-Bernard einen Brief vom Pfarrer von Lourdes, Peyramale, dem ein Foto der Basilika beilag. Sie betrachtete es und fragte mich: „Kennen Sie Lourdes?“. Als ich verneinte, sagte sie „Hier, nehmen Sie das Foto von der Basilika“, und zeigte mit dem Finger auf die Grotte. Ich fragte: „Wo waren Sie, als Ihnen die Muttergottes erschienen ist?“. Sie zeigte es mir, und ich meinte: „Was muß das doch für eine süße Erinnerung sein!“. Da verdunkelte sich ihr Blick, und mit fast trauriger Stimme antwortete sie: „Oh, ja! Aber ich hatte kein Recht auf diese Gnade.“

Dezember
Graf Lafond:
Schwester Marie-Bernard... diese Schwester ist zu nichts nutze, und wird doch wie ein Schatz in Saint-Gildard gehütet; sie wird wie das Palladium der Bischofsstadt betrachtet, und man schreibt ihr die Rettung bei der Invasion von 1870 zu; die Preußen waren überall in der Nähe, fast vor den Toren von Nevers. Chevalier Gougenot des Mousseaux, der Bernadette damals gesehen hat, stellte ihr einige Fragen: „Haben Sie in der Grotte von Lourdes oder danach irgendetwas über das Schicksal Frankreichs erfahren? Hat Ihnen die Jungfrau Maria nicht den Auftrag gegeben, Frankreich vor irgendwelchen Bedrohungen zu warnen?“. „Nein.“ „Die Preußen stehen vor den Toren: macht Ihnen das keine Angst?“. „Ich fürchte nichts außer den schlechten Katholiken.“ „Sie fürchten nichts anderes?“. „Nein, nichts.“

1871

Mutter Marie-Thérèse Bordenave:
Ende 1870 oder Anfang 1871 gab es im Mutterhaus noch ein Ambulatorium; eines Tages brach in der Apotheke ein Feuer aus; die diensthabende Novizin war derart geschockt, daß sie 24 Stunden lang schreckliche Schmerzen litt. Schwester Marie-Bernard empfand großes Mitleid mit ihr und als ihr kein Arzneimittel helfen wollte, sagte sie zu einer Schwester: „Geben Sie ihr Wasser aus Lourdes und betet inbrünstig mit mir!“. Das taten sie – nur wenige Minuten später hörten die Schmerzen auf.

Vor dem Monat August
Schwester Madeleine Bounaix:
Ich war beeindruckt von ihrer Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Ich glaube nicht, daß sie jemals gelogen hat. Ich kann mich auch an eine Episode erinnern, die das bestätigt. Eines Tages sprachen wir von Lourdes und Bartrès, und da sagte sie zu mir: „Sie können sich nicht vorstellen, wie ungebildet ich war. Als mich mein Vater einmal besuchen kam, war ich gerade sehr traurig. Er fragte mich nach dem Grund, und ich antwortete ihm: ‚Schau Dir nur meine Schafe an, sie haben alle einen grünen Rücken‘. Er lachte und meinte: ‚Das ist das Gras, das sie gefressen haben, das steigt ihnen in den Rücken; vielleicht werden sie eingehen‘. Da brach ich in Tränen aus, und als mich mein Vater so untröstlich sah, wollte er mich beruhigen und erklärte mir, daß das das Zeichen des Viehhändlers war, der sie verkauft hatte.“ Über diese Geschichte mußte ich lachen. „Sie waren wirklich so naiv, das zu glauben?“ fragte ich. „Meine Liebe, da ich nicht lügen konnte, glaubte ich alles, was man mir sagte,“ meinte sie.
Wir sprachen einmal von den Übungen der Marienfrömmigkeit. Ich sagte ihr, daß es eine gab, die mir besonders viel bedeutete: 12 Ave Maria zu Ehren der 12 Privilegien der Gottesmutter zu beten. Da meinte sie zufrieden: „Machen Sie nur weiter so, die Muttergottes sieht das nur allzu gern.“

August
Schwester Vincent Garros, mit weltlichem Namen Julie Garros, Bernadettes Jugendfreundin:
In Lourdes gab es eine Schwester, die Mademoiselle Claire genannt wurde, und die sehr fromm und seit einiger Zeit leidend war. Bei meiner Ankunft im Mutterhaus fragte mich Bernadette nach ihr und ich antwortete: „Sie erträgt ihr Leid nicht nur mit großer Geduld, sondern hat mir auch folgende Worte gesagt, die mich wirklich überrascht haben: Ich muß viel Leid ertragen, aber sollte es nicht reichen, möge der Herr noch anderes dazugeben!“. Woraufhin Schwester Marie-Bernard kurz nachdachte und dann meinte: „Sie ist wirklich großzügig; ich würde nichts anderes tun. Ich begnüge mich mit dem, was er mir schickt.“
Gern erzählte sie mir auch, daß in der Herde, die sie hütete, ein kleines weißes Lamm war, das sie besonders gern hatte. Wenn sie auf dem Feld eine provisorische Kapelle errichtete, kam es und stieß mit dem Kopf dagegen, bis sie einstürzte; und wenn sie die Herde führte, pflegte das Lamm von hinten auf sie zuzulaufen, ihr mit dem Kopf in die Knie zu stoßen und sie so zu Fall zu bringen, was sie sehr amüsierte. Als „Strafe“ gab ihm Bernadette Brot mit Salz – danach war es ganz verrückt.
Im Noviziat sagte ich zu Bernadette, die auf der Krankenstation lag: „Sie müssen viel leiden, nicht wahr?“. Worauf sie mir antwortete: „Was soll’s? Die Muttergottes hat mir gesagt, daß ich nicht auf dieser Welt glücklich sein würde, sondern in der nächsten.“
Sie gab oft den Rat, zu vergeben, die Worte des Vaterunser nicht zu vergessen: „Vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern...“.
Sie sagte mir auch: „Wenn Du bei einer Kapelle vorbeikommst und keine Zeit hast, dort zu verweilen, dann gib Deinem Schutzengel den Auftrag, Deine Botschaft zum Herrn in den Tabernakel zu bringen. Er wird Deinen Befehl ausführen und dann wieder zu Dir zurückkommen.“
Ich glaube, daß Bernadette die Geheimnisse meditierte, denn als ich ihr eines Tages anvertraute, daß es mir nicht gelang zu beten, zu meditieren, gab sie mir folgenden Rat: „Versetz’ Dich an den Ölberg oder zu Füßen des Kreuzes, und verweile dort; der Herr wird zu Dir sprechen, und Du wirst ihm zuhören.“ Manchmal sagte ich zu ihr: „Ich war dort, aber der Herr hat mir nichts gesagt.“ Trotzdem hörte ich nicht auf, zu beten.
Einmal sagte ich zu ihr: „Wie machen Sie es nur, daß Sie solange im Dank ausharren können?“. Und sie antwortete: „Ich glaube, daß es die Muttergottes ist, die mir das Jesuskind gibt. Ich nehme es, spreche mit ihm, und es spricht mit mir.“
Ich weiß, daß sie ganz besonders den hl. Josef verehrte. Sie wiederholte oft folgendes Bittgebet: „Gewähre mir die Gnade, Jesus und Maria so zu lieben, wie sie geliebt werden wollen. Heiliger Josef, bitte für mich. Lehre mich, zu beten.“ Und sie sagte zu mir: „Wenn es einem nicht gelingt, zu beten, muß man sich an den hl. Josef wenden.“
Sie sagte mir auch: „Wenn Du vor dem Allerheiligsten stehst, hast Du auf der einen Seite die Muttergottes neben Dir, die Dir eingibt, was Du dem Herrn sagen sollst, und auf der anderen Deinen Schutzengel, der Deine Zerstreuungen notiert.“
Sie sagte: „Wir müssen den Herrn gut empfangen, es ist in unserem Interesse, ihm einen guten Empfang zu bereiten, einen liebevollen Empfang, weil er uns dann die Miete zahlen muß.“
Sie sagte mir, daß man vor jeder Handlung seine Absichten läutern müsse. Ich machte sie darauf aufmerksam, daß das nicht einfach wäre. „Man muß es tun, weil man so besser handelt und es weniger Anstrengung kostet“ meinte sie.
Sie sagte: „Wenn Du für die Geschöpfe arbeitest, erhältst Du keine Belohnung und mußt Dich viel mehr anstrengen.“
Ein anderes Mal, auf der Krankenstation, sagte sie zu mir: „Hier hast Du eine gute Mahlzeit.“ Sie reichte mir eine eingelegte Frucht und sagte: „Heute ist Samstag, wir werden sie nicht essen; bringen wir der Muttergottes dieses kleine Opfer.“
Bernadette, da bin ich mir ganz sicher, hatte stets ihren inneren Anstoß unter Kontrolle. Sie sagte diesbezüglich: „Der erste Anstoß gehört nicht zu uns, der zweite schon.“
Wenn sie ihre – recht häufigen – Asthmaanfälle hatte, konnte sie einem wirklich leid tun. Doch sie beklagte sich nie, sagte, wenn der Anfall vorüber war, nur: „Danke, Herr!“.
Die Jungfrau hatte sie gebeten, für die Sünder zu beten; und das mußte sie natürlich tun. Wie oft sagte sie zu mir: „Beten wir für diese Familie, damit die Jungfrau sie bekehrt.“
Oft, nach den Gebeten, fügte Bernadette hinzu: „Herr, befreie die Seelen im Fegefeuer.“ Von Zeit zu Zeit beteten wir zusammen den Rosenkranz für die Verstorbenen. Der Schluß ging so: „Süßes Herz Jesu, meine Liebe; süßes Herz Mariens, mein Heil. Mein Jesus, Erbarmen! Schenke den Seelen der verstorbenen Gläubigen die ewige Ruhe.“

November
Schwester Eléonore Bonnet:
An Allerheiligen erfuhr ich, daß Bernadette krank war. Da ich wußte, wie sehr sie Blumen liebte, pflückte ich an der Mauer meiner Küche trotz der Jahreszeit erblühte Veilchen und ließ sie ihr von einer Novizin bringen, die auf der Krankenstation arbeitete.

Mutter Marie-Thérèse Bordenave:
Als sie eine Oberin eines Tages fragte, ob sie niemals Selbstgefälligkeit empfände angesichts der Gunstbezeugungen, die ihr die Muttergottes erwiesen hatte, antwortete sie: „Was denken Sie von mir? Meinen Sie, ich wüßte nicht, daß mich die Muttergottes gerade deshalb ausgewählt hat, weil ich die Einfältigste bin? Wenn sie eine Einfältigere als mich gefunden hätte, hätte sie die genommen.“

Schwester Joseph Ducout:
Ich habe gesehen, wie sehr sie an Geist und Körper gelitten hat. Sie hat ihr Leid ertragen, ohne zu klagen. Sie nahm das Kruzifix in die Hand, schaute es an: das war alles.

Schwester Madeleine Bounaix:
„Was machen Sie hier?“ fragte sie mich. „Ich reise ab, und warte noch auf die Novizenmeisterin.“ „Wohin fahren Sie denn?“ wollte sie wissen. „Nach Beaumont.“ „Nun gut, Schwester, vergessen Sie nicht, was ich Ihnen sage: vergessen Sie nie, allein für den Herrn zu arbeiten. Verstehen Sie? Für den Herrn.“

Dezember
Schwester Victoire Cassou:
Bernadette sagte zu mir: „Setzen Sie sich bei der Mitternachtsmesse zu mir. Da ist Platz.“ Ich war sehr glücklich darüber und konnte so sehen, wie fromm und gesammelt sie war. Hinter ihrem Schleier ließ sie sich von nichts ablenken. Nach der Kommunion versank sie in eine tiefere Sammlung und schien nicht einmal zu bemerken, daß alle hinausgegangen waren. Ich blieb an ihrer Seite, weil ich nicht die geringste Lust hatte, mit meinen Kameradinnen ins Refektorium zu gehen. Ich betrachtete sie lange, ohne daß sie es bemerkte. Ihr Antlitz war strahlend und himmlisch, wie in Ekstase.
Wenn dann die Schwester kam, die die Kirchentür schließen mußte, rasselte sie kräftig mit dem Schlüsselbund. Erst dann erwachte Bernadette aus ihrem ekstaseähnlichen Zustand.
Sie verließ die Kapelle, und ich folgte ihr. Im Kloster beugte sie sich dann zu mir und flüsterte: „Haben Sie (im Refektorium) nichts zu sich genommen?“ „Sie doch auch nicht“, antwortete ich ihr. Sie wandte sich schweigend ab, und ein jeder ging seiner Wege.

1872

August
Schwester Eudoxie Chatelain:
Sie hatte eine besondere Verehrung für den hl. Josef, was mich ein wenig verwunderte; immerhin war sie die Lieblingstochter der Muttergottes. Eines Tages hörte ich sie sagen: „Ich werde meinem Vater einen Besuch abstatten gehen.“ Sie meinte den hl. Josef: sie ging oft in die Kapelle, um zu ihm zu beten.
Sie sagte: „Ihr müßt den Herrn sehr lieben, meine Töchter. Das ist alles.“

August – Oktober
Während einer Mußestunde hob eine Novizin eine auf dem Boden liegende Fledermaus auf. Die Schwestern brachen in Entsetzensschreie aus – auch Bernadette war anwesend. Schwester Julienne Capmartin:
„Oh, wie können Sie ein so gräßliches Tier in die Hand nehmen!“ entsetzte ich mich. „Es ist das Abbild des Teufels!“. Da wurde Schwester Marie-Bernard ganz ernst, drehte sich zu mir um und sagte: „Wissen Sie nicht, Schwester, daß kein Tier das Abbild des Teufels ist? Nur die Beleidigung Gottes kann das sein.“
Sie sagte: „Es gefällt Gott nicht, wenn uns zuviel an etwas liegt.“
Sie ertappte mich einmal dabei, wie ich in meinem Tochter MarienBuch las, wo sie mir doch geraten hatte, immer gut in mein Laken eingewickelt liegen zu bleiben... Sie nahm mir das Buch weg und sagte: „Das nenne ich einen wahren Eifer im Ungehorsam!“. Umsonst flehte ich sie an, mir mein Buch wiederzugeben, ich habe es nie mehr gesehen...

1873

MAI
Elisa (Waise aus Varennes):
Man schrieb das Jahr 1873 (den 12. Mai). Bernadette, zu Besuch im von den Schwestern geleiteten Waisenhaus, wanderte mit einem Dutzend Waisenkindern bis zur Marienstatue im Wald.
Sie war krank gewesen, konnte sich kaum auf den Beinen halten...
Am Ziel ihrer kleinen Wallfahrt angekommen, setzte sich Bernadette vor dem hübschen Schrein nieder und ermahnte die kleinen Mädchen mit ihrer typischen Eindringlichkeit: „Kinder, liebt die Muttergottes sehr, und betet viel zu ihr. Sie wird euch beschützen...“ Dann forderte sie ihr junges Publikum auf, ein Lied zu singen. „J’irai la voir un jour…“ sangen sie.

Juni
Jeanne Jardet (Köchin):
Ich erinnere mich, daß sie in einem Jahr eine lange Krankheit hatte und wir auf ihre Besuche verzichten mußten. Als sie wiederkam, beglückwünschte sie Schwester Cécile (Fauron, Verwalterin, zuständig für das Hauspersonal) zu ihrer Genesung. Bernadettes Antwort lautete: „Dort oben haben sie mich nicht gewollt...“. Und sie sagte das mit einer solchen Anmut, daß mir die Tränen in die Augen stiegen.

Schwester Eudoxie Chatelain:
Eines Sonntags erlaubte uns die Novizenmeisterin, Mutter Thérèse Vauzou, sie zu zwölft oder fünfzehnt zu besuchen. Sie empfing uns mit großer Liebenswürdigkeit, als wären wir ihre kleinen Schwestern... Wir stellten uns im Halbkreis um ihr Bett, und ein jede von uns erzählte ihr etwas.
Eine von uns, eine große, dicke Schwester fragte, ob sie befürchtet hätte, man könnte ihr die Letzte Ölung geben. „Warum sollte ich Angst haben?“ wunderte sich Bernadette. „Ich hätte Angst zu sterben, davor, daß der letzte Moment gekommen ist!“ rief die andere aus. „Oh, wann das ist, wissen wir nie. Und wenn er dann kommt, gibt uns der Herr schon die Kraft, uns ihm zu stellen.“

Schwester Gonzague Cointe:
Ich war auf der Krankenstation. Eine Schwester stellte ein Foto einer Wallfahrt oder der Basilika von Lourdes neben ihr Bett: „Sie würden doch sicher gerne in die Grotte von Massabielle gehen, oder?“. Sie strahlte übers ganze Gesicht, richtete die Augen gen Himmel und antwortete trotz des ihr sichtlich zusetzenden Asthmaanfalls: „Nein, danach verspüre ich kein Verlangen. Es ist mein größtes Opfer, Lourdes nie mehr wiederzusehen. Nur nach einem verlangt es mich: die geliebte Heilige Jungfrau verherrlicht wiederzusehen!“.

Mutter Henri Fabre:
Als der Bischof von Nevers, vor seiner Abreise nach Lourdes, Bernadette fragte, ob sie gerne mitfahren würde, meinte sie: „Ich habe das Opfer von Lourdes gebracht, die Jungfrau Maria werde ich im Himmel wiedersehen, und das wird noch viel schöner sein!“.

1874

Juli
Schwester Vincent Garros:
Eines Tages, in der Sakristei, wollte ich ein Purifikatorium berühren. Sie hinderte mich daran und meinte: „Das darfst Du noch nicht tun.“ Und dann nahm sie das Tuch mit großem Respekt und steckte es wieder in die Tasche. Man hätte meinen können, daß sie dabei betete, mit soviel Respekt hat sie es getan.

1875

Schwester Julie Ramplou:
Schwester Marie Mespoulhé betete manchmal mit ihren Mitschwestern bei der Arbeit den Rosenkranz. Schwester Marie-Bernard betonte die Worte „arme Sünder“. Und als ich sie einmal darauf aufmerksam machte, sagte sie: „Oh, ja! Wir müssen viel für die Sünder beten. Das hat die Muttergottes befohlen.“

1876

Vor dem Monat Juni
Schwester Marcelline Durand:
Es war eine Qual für sie, untätig zu sein. Eines Tages sagte sie zu einer Mitschwester: „Sie werden mit drei Schröpfköpfen davonkommen... mich aber wird nichts hier herausholen.“ Dann richtete sie den Blick gen Himmel und seufzte: „Mein Gott, gesegnet seist Du in allen Dingen. Wir haben alle unsere Mittel und Wege, zu Dir zu kommen.“

Juni
Schwester Ambroise Fenasse:
Als die Statue der Muttergottes von Lourdes gekrönt wurde


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