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APOSTOLISCHE REISEN
Aus Nr. 03 - 2009

Der Pastoralbesuch von Benedikt XVI. in Kamerun und Angola

Afrika liebt den Papst


Der emeritierte Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung berichtet von den Tagen, die der Papst auf dem afrikanischen Kontinent verbracht hat. Einem Kontinent, der das größte Wachstum von Katholiken weltweit verzeichnen kann.


von Kardinal Francis Arinze


Papst Benedikt XVI. mit Kardinal Francis Arinze. <BR>[© Osservatore Romano]

Papst Benedikt XVI. mit Kardinal Francis Arinze.
[© Osservatore Romano]

Dienstag, 17. März
Ich bin sehr froh darüber, dass Benedikt XVI. Afrika seinen Besuch abgestattet hat. Es freut mich auch, dass er mich dabei haben wollte. Und mit mir zwei weitere Kardinäle – den Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone und den Präfekten der Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Ivan Dias –, drei Erzbischöfe, einige Priester und Laien, darunter den Direktor des L’Osservatore Romano, Giovanni Maria Vian. Während des Fluges war der Papst wie immer zu einem Gespräch mit den Journalisten bereit. Eine seiner Aussagen – zum so genannten „Präservativ“ – wurde leider zu einem riesigen Medienspektakel aufgebauscht, woran sich auch einige europäische Regierungen beteiligten. Ein mehr als unwürdiges Schauspiel. Aber die Reise des Papstes war etwas anderes. Und das konnte man sofort sehen.
Landung in Yaoundé. Das afrikanische Volk bereitet dem Papst einen begeisterten Empfang. Der Weg, den das „Papamobil“, von den Sicherheitskräften begleitet, zurücklegt, ist von einer sichtlich begeisterten, gerührten Menschenmenge gesäumt. Ich selbst befinde mich drei Autos hinter dem Papst. Und kann sehen, wie sich die Gesichter der vielen Gläubigen bei seinem Anblick erhellen, wie sie Freudensprünge machen. Manche knien nieder, halten ihm ihre Kinder oder den Rosenkranz entgegen. Alle erflehen den Segen des Papstes. Ein bewegendes Schauspiel, das sich während der ganzen Reise immer wieder wiederholt. Man sieht, dass die Menschen glücklich sind, dass sie Petrus sehen wollen und dafür auch Strapazen auf sich nehmen – sich weder von gleißender Sonne noch Regen abhalten lassen.

Mittwoch, 18. März
Die morgendliche Begegnung des Papstes mit den Ortsbischöfen findet in der „Christ-Roi-Kirche“ statt, nicht in der Kathedrale von Yaoundé. Und das ist schön. Ich kann mir gut vorstellen, dass das der Pfarrer hier sein Leben lang nicht vergessen wird. Am Abend Feier der Vesper in der Basilika „Marie Reine des Apôtres“. In seinen Ansprachen gemahnt der Papst uns Bischöfe, die Priester, Ordensmänner und -frauen, unserem Auftrag treu zu bleiben. Afrika ist Gott sei Dank mit Berufungen gesegnet. Umso wichtiger ist es, ein gesundes Urteilsvermögen walten zu lassen, damit nur jene zu Priestern geweiht werden, die auch wirklich dem Herrn und seiner Kirche dienen wollen, und keine anderen Zwecke verfolgen. Benedikt XVI. erinnert uns auch daran. Und das ist gut so.

Benedikt XVI. bei der Begegnung mit der islamischen Gemeinde, Yaoundé, 19. März. [© Associated Press/LaPresse]

Benedikt XVI. bei der Begegnung mit der islamischen Gemeinde, Yaoundé, 19. März. [© Associated Press/LaPresse]

Donnerstag, 19. März
Heute feiert die Kirche den hl. Josef, Schutzpatron der Weltkirche. Ein Tag, der sozusagen auch für die Feier des Namenstages des Heiligen Vaters steht. Am Morgen findet in der Nuntiatur die Begegnung mit der muslimischen Gemeinde statt. In Kamerun sind die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen allgemein recht gut. Und das gilt auch für andere afrikanische Länder – wenn auch nicht für alle. In meiner Heimat Nigeria gibt es zwar Probleme, aber auch Beispiele für ein harmonisches Zusammenleben. In diesem Zusammenhang verweise ich immer wieder gern darauf, dass zwei nigerianische Bischöfe aus muslimischen Familien stammen. Muslime und Christen können und müssen auch in der Treue zu ihrem jeweiligen Glauben friedlich zusammenleben.
Nach der Begegnung im Sportstadion von Luanda wird die Messe gefeiert, an deren Ende der Papst den Präsidenten der Bischofskonferenzen des Kontinents offiziell das Instrumentum laboris der nächsten Bischofssynode für Afrika übergibt. Und das ist etwas ganz Außergewöhnliches. Normalerweise wird dieses Dokument vom Generalsekretär der Bischofssynode im vatikanischen Presseamt vorgestellt. Der Papst wollte ihm dagegen eine internationale Sichtbarkeit verleihen. Und das ist positiv und ermutigend. Aber damit nicht genug: am Abend trifft der Papst die zwölf Kardinäle und Bischöfe des Sonderrats der Bischofssynode – deren Mitglied auch meine Wenigkeit ist. Das Gespräch dauert länger als eine Stunde, ist keineswegs formell, und wird auch beim nachfolgenden Abendessen fortgeführt. Wo jeder, der bisher nicht die Gelegenheit dazu hatte, seine Meinung äußern kann. Ein richtiges „Arbeitsessen“. Apostolischer Arbeit. Im Instrumentum laboris wird hart mit den multinationalen Konzernen ins Gericht gegangen, die unseren Kontinent ausbeuten. Und genau das war im Sinne der Bischöfe, die dieses Dokument abgefasst haben: sie wollten die Dinge beim Namen nennen, wie es Jesus getan hat, der barmherzig war, aber die Pharisäer mit „übertünchten Gräbern“ verglich…
Vor diesem abendlichen Treffen im Zeichen der Bischofssynode, die kommenden Oktober in Rom abgehalten wird, begab sich der Papst ins Zentrum „Cardinal Léger“. Dessen Gründer, der kanadische Kardinal Léger, hat sein Amt als Erzbischof von Montréal niedergelegt, um seine ganze Energie, all sein Hab und Gut, in den Dienst der Leprakranken zu stellen. Das Zentrum ist ein leuchtendes Beispiel für ein wahrlich gesegnetes Werk. Der Papst ist sichtlich gerührt. Die Kranken freuen sich – auch im Leiden –, den Nachfolger Petri sehen und berühren zu können. Mich persönlich hat ganz besonders die Ansprache der Frau Ministerin beeindruckt, die wirklich eines Lehrers der kirchlichen Soziallehre würdig war. Ich kann sie nur beglückwünschen.

Die Messe auf der Yaoundé-Stadion (Kamerun), 19. März. [© Osservatore Romano]

Die Messe auf der Yaoundé-Stadion (Kamerun), 19. März. [© Osservatore Romano]

Freitag, 20. März
Am Morgen geht es von Yaoundé weiter nach Luanda. Wir Begleiter des Papstes haben es gut. Manche afrikanischen Bischöfe mussten, um so wie wir ihrem Papst folgen zu können, lange Flugreisen auf sich nehmen. Es gibt nämlich keine Direktflüge von Kamerun nach Angola. Auch das ist leider typisch für Afrika. Die Atmosphäre ist die gleiche wie immer, und doch anders. Dass Angola 25 Jahre blutigen Bürgerkriegs hinter sich hat, ist nicht zu übersehen. Es sind auffallend viele junge Menschen da – der Krieg hat unter der Generation ihrer Eltern und Großeltern sichtlich Opfer gefordert. Aber der Enthusiasmus ist der gleiche wie in Kamerun. Auch hier überall riesige Menschenmengen: sie lachen, tanzen, beten, knien vor dem vorbeikommenden Papst nieder. Und wer nicht auf der Straße ist, beobachtet vom Fenster aus. Es ist drückend heiß. Aber das Volk scheint das gar nicht zu bemerken.
Am Nachmittag findet die Begegnung mit den politischen und zivilen Autoritäten und dem Diplomatischen Korps statt; am Abend die mit den Ortsbischöfen. Auch in Kamerun war es zu einer Begegnung mit dem Präsidenten gekommen, eine recht informelle Begegnung, ohne öffentliche Ansprachen. Hier dagegen spricht der Papst, und wendet n und Nutzen daraus ziehen!

Samstag, 21. März
Am Morgen wird in der Kirche „Saõ Paulo“ die Messe gefeiert. Der Papst erinnert die Gläubigen daran, dass das leider noch heute in Afrika weit verbreitete Phänomen der Hexenjagd dem Evangelium widerspricht. Die Begegnung mit den Jugendlichen am Nachmittag wird vom Tod zweier Mädchen überschattet. Die Tragödie hatte sich lange vor der Ankunft des Papstes im Stadion ereignet, aber niemand war darüber informiert worden. So findet die Zeremonie in einem festlichen Klima statt (der Papst ist sichtlich gerührt, als er einen jungen Mann im Rollstuhl bei der Begegnung singen sieht). Erst danach erhalten die Presse, und damit auch der Papst, die traurige Nachricht. Am Tag danach erweisen der Staatssekretär und der Substitut den Opfern die letzte Ehre und versichern die Angehörigen ihres geistlichen Beistands. Ich glaube, dass ihnen die Kirche, was ja nur rechtens ist, auch konkrete materielle Hilfe leisten wird. Vielleicht konnte es zu dieser Tragödie auch deshalb kommen, weil die Behörden der riesigen Menschenmenge den Eintritt ins Stadion erst kurz vor Beginn genehmigten –vielleicht aus Gründen der Sicherheit. Hoffen wir, dass sich derartige Vorfälle nicht wiederholen.

Die Messe auf der Cimangola-Ebene von Luanda, 22. März. [© Associated Press/LaPresse]

Die Messe auf der Cimangola-Ebene von Luanda, 22. März. [© Associated Press/LaPresse]

Sonntag, 22. März
Am Morgen feiert der Papst die Messe auf der Cimangola-Ebene zusammen mit den Bischöfen des IMBISA (Interregional Meeting of Bishops of Southern Africa). Eine riesige Menschenmenge hat sich eingefunden. Eine Million Gläubige, vielleicht sogar mehr. Die Sonne brennt unbarmherzig vom Himmel, aber das Volk ist da. Herrlich. Die liturgische Feier ist feierlich und andächtig, das Volk nimmt großen Anteil. Die Gaben für die Gabenbereitung werden in respektvoller Haltung, mit gemessenem Schritt, zum Altar gebracht. Es ist kein Tanz, keine Zurschaustellung, sondern eine authentische Geste des Gebets. Der Papst sieht es und weiß es zu schätzen. Es ist offensichtlich, dass bei dieser Feier auch jene, die mit so anmutigen Gesten daran teilnehmen, das nicht tun, um sich in Szene zu setzen, sondern um die Geheimnisse Jesu Christi zu feiern.
Am Abend in der Pfarrei Santo António begegnet der Papst den Frauen und katholischen Bewegungen zur Förderung der Frau. Eine einzigartige Begegnung. Ich muss sagen, dass man dem, der die Idee dazu hatte, eine Medaille verleihen müsste. Ein wirklich genialer Einfall. In seiner Ansprache stellt der Papst das Einfühlungsvermögen der Frauen heraus und befürwortet deren wahre Befreiung, die nicht das ist, was gewisse westliche Kreise vorschlagen.

Montag, 23. März
Rückkehr nach Rom. Während des Fluges gibt der Papst den Journalisten ein Interview, in dem er ein bewundernswertes Resümee seiner Reise zieht. Leider wurde die Reise – wie ich höre – vom Großteil der westlichen Massenmedien anders dargestellt als so, wie wir es erlebt haben. Mit Hilfe einiger Politiker und europäischer Regierungssprecher – die statt Afrika wirklich zu helfen und ihr Gewissen bezüglich dessen zu erforschen, was sie in Sachen Afrika getan haben und immer noch tun – wurde fast ausschließlich das „Präservativ-Problem“ breitgetreten. Und das ist wirklich geschmacklos. Es zeugt von wenig Respekt vor dem Papst und wenig Respekt vor Afrika, das eine ganz andere Behandlung verdient hätte. Aber es ist besser, sich über diese Fragen nicht weiter auszulassen, so gravierend sie auch sein mögen. Wichtig ist, dass Afrika den Nachfolger Petri sehen und seine Stimme hören konnte. Und dass der Papst den Trost einer so jungen Kirche wie der afrikanischen erfahren konnte, die zwar ihre Probleme hat, aber den Herrn Jesus liebt und wahrlich reich ist an Glauben, Hoffnung und Liebe.


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