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MEDITATION
Aus Nr. 06/07 - 2009

„Die Gnade Gottes, des Retters: frei, ausreichend, notwendig für uns“


Mit diesen Worten beschrieb Giovanni Battista Montini in den Notizen, die er sich als junger Priester zu den Paulusbriefen machte, die Erfahrung und die Botschaft des Apostels.


von Don Giacomo Tantardini


<I>Paulus</I>, Mosaik der Cappella Palatina, Palermo.

Paulus, Mosaik der Cappella Palatina, Palermo.

Vielen Dank für die Einladung in die schöne Stadt Ortona, in deren Kathedrale die sterbliche Hülle des Apostels Thomas ruht. Ich danke Herrn Erzbischof Ghidelli, dass er unser Treffen mit seiner Anwesenheit beehrt hat.
Eigentlich habe ich keine besondere Kompetenz, um über Paulus zu sprechen. Was ich über Paulus weiß, das weiß ich aus seinen Briefen, aus den Lesungen bei der heiligen Messe und aus denen des Breviergebets, und ich glaube, das ist das wichtigste. In einer Ansprache bei einer Exegeten-Tagung über die Auferstehung Jesu hat Paul VI. Augustinus zitiert und festgestellt, dass man, wenn man die Schrift verstehen will, „praecipue et maxime orent ut intelligant“, „vor allem darum beten muss, zu verstehen.“
So kann man im Gebet die Intuition jener Erfahrung erhalten, die Paulus gemacht hat; der Erfahrung, von Jesus geliebt zu werden. Zum Beginn des Paulusjahres hat Papst Benedikt XVI. gesagt, dass Paulus ein nichts sei, das von Jesus Christus geliebt werde. „Ich bin nichts,“ sagt Paulus über sich selbst am Ende des Zweiten Briefs an die Korinther (2Kor 12, 11). Und im Brief an die Galater schreibt er: „Er hat mich geliebt und sich für mich hingegeben“ (Gal 2, 20).
So kann es auch uns – in der unendlichen Entfernung, die uns von dem Apostel trennt – widerfahren, dieselbe Erfahrung zu machen; dieselbe Gemeinschaft der Gnade zu erfahren, weil die Gemeinschaft der Heiligen etwas Reales ist. Und diese Übereinstimmung der Erfahrung – der Erfahrung, unentgeltlich von Jesus Christus geliebt zu werden –, lässt die Worte des Apostels wiederaufleben, kann Paulus so sehr in unsere Nähe rücken, ihn uns so nah, so vertraut werden lassen.
Ich möchte zu Beginn einige Worte vorlesen, die Papst Benedikt beim Angelusgebet vom Sonntag, 25. Januar, gesagt hat. Dieses Jahr fiel das Fest der Bekehrung des Paulus auf einen Sonntag, und der Papst hat über die Begegnung des Saulus mit Jesus auf dem Weg nach Damaskus (auch in der heutigen heiligen Messe haben wir aus der Apostelgeschichte gelesen) folgende Worte gesagt, die mich überrascht und getröstet haben und die ich wieder und wieder gelesen haben: „In jenem Augenblick [als er Jesus begegnet ist: „Ich bin Jesus, den du verfolgst“ (Apg 9, 5)] verstand Saulus, dass sein Heil [wir können auch sagen, seine Glückseligkeit, weil der menschliche Widerschein des Heils die Glückseligkeit ist, der menschliche Widerschein seiner Gnade der Genuss seiner Gnade ist] nicht von den guten Werken abhing, die er gemäß dem Gesetz wirkte [hier hat mich das Adjektiv gut beeindruckt. Gute Werke. Der Papst wollte betonen, dass das Heil nicht von den guten, gemäß dem Gesetz vollbrachten Werken abhängt – wie gut und heilig ist doch das Gesetz (vgl. Röm 7, 12)] –, sondern von der Tatsache, dass Jesus auch für ihn, den Verfolger, gestorben [„Er hat mich geliebt und sich für mich hingegeben“ (Gal 2, 20)], und auferstanden war und ist.“ Das andere Wort, das mich beeindruckt hat, war jenes im Präsens gebrauchte Verb: „Er war, und ist, auferstanden.“
Benedikt XVI. hat dieses Jahr bei seinen Generalaudienzen 20 Meditationen zum Thema Paulus gehalten. Eine davon, vielleicht die schönste, die elfte, befasst sich mit dem Glauben des Paulus an die Auferstehung des Herrn. Als Kommentar zu Kapitel 15 des Ersten Briefs an die Korinther hat der Papst herausgestellt, dass Paulus das überliefert, was auch er empfangen hat (vgl. 1Kor 15, 3), dass nämlich „Christus für unsere Sünden gestorben ist gemäß der Schrift“; und dass er „begraben worden“ und „am dritten Tag auferweckt worden ist gemäß der Schrift, und dem Kephas erschien, dann den Zwölf“ (1Kor 15, 3-5). Die Auferstehung Jesu ist ein Fakt, der sich zu einem bestimmten Moment in der Zeit zugetragen hat; und er, der in diesem bestimmten Moment auferstanden ist, ist nun, in diesem Moment, lebendig. Er ist auferstanden und daher lebendig in der Gegenwart.
Die Bekehrung des Paulus vollzieht sich – so der Papst – in diesem Übergang. Im Übergang von der Ansicht, dass das Heil von seinen guten, dem Gesetz Gottes gemäß vollbrachten Werken (das Gesetz ist das Gesetz Gottes, das Gesetz sind die Zehn Gebote Gottes) abhinge, zur Erkenntnis, dass das Heil einfach nur die Gegenwart eines anderen war und ist. Es war und ist die Gegenwart Jesu.
Ebenfalls im Angelusgebet vom 25. Januar hat Papst Benedikt XVI. gesagt (und das hat mich schon allein deshalb so beeindruckt, weil auch der Oberrabbiner von Rom, Riccardo Di Segni, den ich sehr schätze und als Freund von 30Giorni bezeichnen kann, diesen Hinweis des Heiligen Vaters herausstellen wollte), dass man eigentlich nicht von einer Bekehrung des Paulus sprechen könne, weil Paulus ohnehin schon an den einen und wahren Gott geglaubt und „untadelig“ gewesen wäre, was das Gesetz Gottes anging. Das sagt er ja auch selbst im Brief an die Philipper (3, 6).
Die Bekehrung des Paulus (erlauben Sie mir, hier die Worte wieder aufzugreifen, die Augustinus im Bezug auf seine eigene Bekehrung gebraucht) ist schlichtweg der Übergang von seiner Hingabe an Gott zum Erkennen dessen, was Gott in Jesus getan hat und auch weiterhin tut.
Augustinus beschreibt seine Bekehrung wie folgt: „Als ich den Apostel Paulus gelesen [und gleich darauf – weil es nicht ausreicht, einfach nur die Schrift zu lesen – fügt er an:] und als Deine Hand die Traurigkeit meines Herzens von mir nahm, habe ich den Unterschied verstanden zwischen inter praesumptionem et confessionem / zwischen Hingabe und Erkennen.“ Praesumptio bedeutet nicht automatisch etwas Schlechtes. Auf lange Sicht wird es zur schlechten Anmaßung, anfänglich aber meint es den Versuch des Menschen, das Gute zu erlangen, das er intuitiv erkennt. Die christliche Bekehrung ist der Übergang von diesem Versuch des Menschen, das Gute zu tun (die guten Werke, wie Papst Benedikt sagte), zum schlichten Erkennen der Gegenwart Jesu. Von der praesumptio, Hingabe, zur confessio, zum Erkennen. Die confessio, das Erkennen, ist wie wenn das Kind sagt: „Mama.“ Wie wenn die Mutter auf das Kind zugeht und dieses zu ihr sagt: „Mama.“
<I>Bekehrung des Paulus</I>, Caravaggio, Cerasi-Kapelle in der Kirche „Santa Maria del Popolo“, Rom.

Bekehrung des Paulus, Caravaggio, Cerasi-Kapelle in der Kirche „Santa Maria del Popolo“, Rom.

Die christliche Bekehrung ist für Augustinus und Paulus (erlauben Sie mir, einen von Don Giussani geprägten Ausdruck zu gebrauchen, der meiner Meinung nach nicht seinesgleichen hat) der Übergang vom Enthusiasmus der Hingabe zum Enthusiasmus der 220; Mit demselben Begriff beschreibt Augustinus die Beziehung zwischen der Tugend der Menschen und den ersten kleinen Schritten dessen, der die Hoffnung auf die Gnade und die Barmherzigkeit Gottes setzt.
Wir könnten auch sagen, dass immer dann, wenn man aus Gnade die Erfahrung macht, die Paulus gemacht hat, die gleiche Erfahrung wie er – in der unendlichen Entfernung, die uns von ihm trennt – das so ist, als würden alle christlichen Worte – das Wort Glaube, das Wort Heil, das Wort Kirche – die Initiative Jesu Christi durchscheinen lassen. Er ist es, der den Glauben hervorbringt. Der Glaube ist sein Werk. Er ist es, der rettet. Es ist seine Initiative, die das Heil schenkt. Er ist es, der seine Kirche baut. „Aedificabo ecclesiam meam“ (Mt 16, 18). Aedificabo ist Zukunftsform: „Ich werde meine Kirche bauen“ auf das Glaubensbekenntnis des Petrus, auf die Gnade des Glaubens, die dem Petrus geschenkt wurde (vgl. Mt 16, 18). Er selbst baut, in der Gegenwart, seine Kirche auf ein von ihm gemachtes Geschenk.
Wie schön ist es doch, diese einfachen christlichen Worte zu sagen: Glaube, Hoffnung, Liebe, in dem Bewusstsein, dass diese Worte eine Initiative seinerseits beschreiben, eine Geste seinerseits, dass sie sein Handeln durchscheinen lassen. Wie es der hl. Therese vom Kinde Jesus widerfahren ist: „Wenn ich wohltätig bin, so ist das nur Jesus, der in mir wirkt.“
In der zweiten Woche nach Ostern haben wir Priester im Brevier – aus der Offenbarung des Johannes – die Sendschreiben verlesen, die Jesus an die sieben Kirchen sandte. In einem dieser Briefe sagt Jesus: „Du hast den Glauben an mich nicht verleugnet“ (Offb 2, 13). Den Glauben an mich. Den Glauben an Jesus.
Gratia facit fidem.“ Wie schlicht und schön ist doch dieser Satz, den Thomas von Aquin geprägt hat! Die Gnade ist es, die den Glauben schafft. Er, Jesus, ist es, der sich zu erkennen gibt. „Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater ihn zu mir führt“ (Joh 6, 44.65) sagt Jesus. Und Augustinus kommentiert: „Nemo venit nisi tractus / Niemand kommt [zu Jesus], wenn er nicht angezogen wird.“ Der Glaube ist eine Initiative seinerseits. Das Heil ist eine Initiative seinerseits. Die Kirche ist eine Initiative seinerseits.
Erlauben Sie mir, Ihnen von einer meiner ersten Begegnungen mit Don Giussani zu erzählen. Die Gelegenheit dazu hatte sich ergeben, als ich in meinem Seminar in Venegono Angelo Scola kennengelernt hatte, der heute Patriarch von Venedig ist. Er hat mich zu Don Giussani gebracht. An diese Begegnung in Mailand kann ich mich noch gut erinnern. Giussani sprach zu einer Gruppe Jugendlicher. Irgendwann fragte er: „Was stellt uns in Beziehung zu Jesus Christus? Was ist es, das uns in Beziehung zu Jesus Christus stellt?“. Es kamen folgende Antworten: „Die Kirche“, „die Gemeinschaft“, „unsere Freundschaft“, usw. Am Ende wiederholte Giussani seine Frage: „Was stellt uns in Beziehung zu Jesus Christus?“, und gab sich dann selbst die Antwort: „Die Tatsache, dass er auferstanden ist.“ Das werde ich nie vergessen! „Die Tatsache, dass er auferstanden ist.“ Wenn er nämlich nicht auferstanden wäre, wenn er nicht lebendig wäre, dann wäre die Kirche eine rein menschliche Institution, eine von vielen. Eine Last mehr. Denn alle rein menschlichen Dinge werden letztendlich zur Last.
„Was stellt uns in Beziehung zu Jesus Christus? Die Tatsache, dass er auferstanden ist.“ Die Kirche ist das Prinzip der Sichtbarkeit, dass er lebendig ist. „Die Kirche hat kein anderes Leben“, heißt es im Credo des Gottesvolkes von Paul VI., „als das der [seiner] Gnade.“ Sie hat keinen anderen Beginn, Moment für Moment, als seine Anziehungskraft, die Anziehungskraft seiner Gnade. Die Kirche ist das sichtbare Ziel der Geste des lebendigen Jesus, der dem Herzen begegnet und es anzieht.
Wenn man Paulus liest, aus Gnade das erlebt, was Paulus (wie der Papst sagt) in seiner Bekehrung verstanden hat, dann wird er, Jesus Christus, aus allen christlichen Worten durchscheinen; dann wird allen christlichen Worten diese Leichtigkeit verliehen. Sonst werden sie schwerfällig. Wenn der Glaube eine Initiative unsererseits wäre, wäre es mit uns vorbei. Da er aber eine von ihm ausgehende Initiative ist, ist es stets möglich, dass sich sein Geschenk erneuert. Es ist also stets möglich, wieder anzufangen. Es ist eine Initiative seinerseits, in jedem Augenblick. „Gratia facit fidem… quamdiu fides durat.“
Es war eine schöne Sache, dass die Evangelisch-Lutherische/Römisch-katholische Studienkommission 1999 gerade diesen Satz des Thomas von Aquin herausstellen wollte; dass sie anerkannt hat, dass es zwischen der Theologie Luthers zur Rechtfertigung durch den Glauben und den wesentlichen Aspekten der dogmatischen Lehre des Konzils von Trient und seinem Dekret De iustificatione eine überraschende Übereinstimmung gibt.
So kann Thomas von Aquin auch sagen, dass „die Gnade den Glauben nicht nur in dem Moment schafft, in dem der Glaube beginnt, sondern solange er anhält.“ Und er fügt folgenden wunderschönen Satz an: es bedarf derselben Anziehung der Gnade, desselben Schatzes der Gnade, und zwar sowohl dafür, dass wir, die wir glauben, nun im Glauben verharren, als auch dafür, dass eine Person (wenn hier jemand wäre, der nicht glaubt) vom Nicht-Glauben zum Glauben geführt wird.
Ich habe das nur gesagt, um herauszustellen, dass sich die Bekehrung des Paulus, wie die eines jeden Christen, in dem Übergang von der Initiative des Menschen zur Initiative Jesu verwirklicht, zum Staunen über die Initiative Jesu, zur confessio supplex. Wie schön war es doch, als man in der heiligen Messe auf lateinisch vor dem Sanctus immer sagte: „Supplici confessione / Lasst uns voll Ehrfurcht bekennen.“ Weil man eine Präsenz, die dich liebt nur erkennen kann, wenn man sie darum bittet, dich weiter zu lieben.
Lassen Sie mich nun drei Betrachtungen anstellen.

<I>Bekehrung des Paulus</I>, Dom zu Monreale, Palermo.

Bekehrung des Paulus, Dom zu Monreale, Palermo.

1. „… im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat…“
Lesen wir Galater 1, 15, wo Paulus den Übergang von seiner Initiative zur Initiative Gottes beschreibt.
„Als aber Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt hat… [es gibt da ein Geheimnis, dem die Gnade des Glaubens entspringt, und das ist die Wahl Gottes, die Erwählung Gottes. Wir können dieses Geheimnis nicht beurteilen: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Joh 15, 16)] … als Gott, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat [wie schön ist doch dieses: er hat mich durch seine Gnade berufen! Die Stimme genügt nicht, nicht einmal die Stimme Jesu, wenn die Anziehungskraft Jesu nicht das Herz rührt. Seine Gnade, seine Anziehungskraft rührt das Herz], mir in seiner Güte seinen Sohn offenbarte...“. Er war so gütig, mir seinen Sohn zu zeigen. Das ist die Bekehrung des Paulus. Er, der, mich erwählt und mit seiner Gnade berufen hat, hat mich seinen Sohn erkennen lassen.
Galater 2, 20: „Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe [in der menschlichen Natur, die von der Ursünde geprägt ist, auch nach der Taufe. Die Taufe nimmt die Sünde hinweg, lässt aber die Schwäche, die aus der Sünde kommt und die zur Sünde verleitet], lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes [in der Erkenntnis des Sohnes Gottes], der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.“
Ich lese jetzt vor, wie Papst Benedikt XVI. diesen Satz kommentiert hat: „Sein Glaube [der Glaube des Paulus] ist die Erfahrung des ganz persönlichen Geliebtseins von Jesus Christus […] Christus hat für ihn sich gegeben […], weil er ihn – Paulus – geliebt hat und als Auferstandener ihn heute liebt. […] Sein Glaube ist nicht eine Theorie, nicht eine Meinung über Gott und die Welt. Sein Glaube ist das Auftreffen der Liebe Gottes in seinem Herzen.“
Der Glaube entspringt dem Auftreffen der Liebe Jesu im Herzen des Paulus. Der Glaube ist die Initiative, die die Liebe Jesu Christi bezüglich seines Herzens ergreift.
Lassen Sie mich einen Satz vorlesen, auf den ich gestoßen bin, als ich in Cascia zur hl. Rita beten wollte (die hl. Rita war verheiratet und hatte zwei Kinder. Ihr Mann wurde ermordet, und sie vergab öffentlich seinem Mörder und bat ihre Kinder, den Vater nicht zu rächen. Dann trat sie ins Kloster der Augustinerinnen in Cascia ein). Der Satz, den ich Ihnen vorlese stammt von einem Augustiner-Mönch, einem Seligen, dessen Text über die Passion Jesu der hl. Rita bekannt war: „Freundschaft ist eine Tugend, Geliebtsein aber ist keine Tugend, sondern Glückseligkeit.“ Mir scheint, dass diese Worte darauf verweisen, woher die Liebe kommt und was die Liebe ist. Freundschaft ist eine Tugend, sie ist der Gipfel der Tugenden. Thomas von Aquin sagt, dass die Liebe Freundschaft ist. Das Geliebtsein aber ist keine Tugend, sondern Glückseligkeit. Zuerst kommt das Geliebtwerden (vgl. 1Joh 4, 19). Um lieben zu können, muss man zuerst einmal geliebt werden. Man muss zuerst einmal glücklich darüber sein, geliebt zu werden.
Augustinus fragt sich in jener herrlichen Passage, in der er die Apostel Petrus und Johannes miteinander vergleicht, wer von den beiden denn nun gutherziger wäre. Seine Antwort lautet, dass es Petrus sei, weil er, als Jesus ihn fragt: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich [agapâs me?] mehr als diese?“ (Joh 21, 15) antwortete: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe [filô se]“. Petrus ist also gutherziger als Johannes. Augustinus vergleicht die Befindlichkeit des Petrus, der Jesus mehr liebt, mit der des Johannes, der von Jesus am meisten geliebt wird, und sagt: „Facile responderem meliorem Petrum, feliciorem Ioannem / Es ist einfach für mich, zu antworten, dass Petrus gutherziger ist [weil er Jesus mehr liebt], aber Johannes ist glücklicher [weil er von Jesus am meisten geliebt wird].“ Das Glücklichsein hängt vom Geliebtsein ab. Es hängt nicht einmal von unserer armseligen Liebe ab. Petrus ist gutherziger, weil er Jesus mehr liebt, aber Johannes ist glücklicher, weil er von Jesus am meisten geliebt wird.
Der Papst sagt, dass der Glaube des Paulus das Auftreffen der Liebe Jesu in seinem Herzen ist, und so löst gerade dieser Glaube, weil er eben das Auftreffen der Liebe Jesu in seinem Herzen ist, die armselige Liebe des Paulus zu Jesus aus, ja ist diese Liebe. Diese Anziehung Jesu aus Liebe, die das Herz des Paulus erfreut, löst auch die armselige Liebe des Paulus zu Jesus aus, armselig wie die des Petrus.
In einer Mittwochsaudienz betont Papst Benedikt als Kommentar zur Frage Jesu an Petrus: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ den Unterschied zwischen den griechischen Verben, die Jesus und Petrus gebrauchen. Jesus gebraucht das Verb agapáo, das auf eine allumfassende Liebe verweist („… liebst du mich? – agapâs me? –“). Petrus dagegen verwendet filéo, das die armselige menschliche Liebe zum Ausdruck bringt („Du weißt, dass ich dich lieb habe – filô se –“). „Ich habe dich lieb mit meiner armseligen menschlichen Liebe.“ Beim dritten Mal (es ist wunderschön, wie der Papst das beschreibt!) passt sich Jesus der armseligen menschlichen Liebe des Petrus an und fragt ihn einfach nur, ob er ihn denn lieb habe, so wie ein armseliger Mensch lieb haben kann.
Ich lese nun 1 Korinther 15, 8 ff. Auch hier beschreibt Paulus die Begegnung mit Jesus auf dem Weg nach Damaskus: „Als letztem von allen…“ Wie schön ist doch dieses letztem von allen! In der ambrosianischen Liturgie sagt der Priester, der die heilige Messe feiert: „Nobis quoque minimis et peccatoribus“. In der römischen Liturgie sagt er nur: „Nobis quoque peccatoribus“. In der ambrosianischen Liturgie sagt jener, der die heilige Messe feiert – ganz gleich, ob er nun ein Bischof oder der geringste unter den Priestern ist: „Auch uns, die wir die Geringsten und Sünder sind.“ So sagt Paulus, dass er der Letzte, der Geringste ist.
„Als letztem von allen erschien er auch mir, dem Unerwarteten, der ‚Missgeburt‘. Denn ich bin der geringste von den Aposteln; ich bin nicht wert, Apostel genannt zu werden, weil ich die Kirche Gottes verfolgt habe. Doch durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin, und sein gnädiges Handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben. Mehr als sie alle habe ich mich abgemüht – nicht ich, sondern die Gnade Gottes zusammen mit mir.“

<I>Hananias tauft Paulus</I>, Dom zu Monreale, Palermo.

Hananias tauft Paulus, Dom zu Monreale, Palermo.

2. Paulus hängt stets von der Initiative Jesu ab
Paulus hängt stets von der Initiative der Gnade ab. Und das ist etwas, das jeden, der seine Briefe liest, am meisten beeindruckt. Nicht nur der Beginn ist Gnade, nicht nur der Beginn ist eine Initiative Jesu. Paulus hängt stets von der Initiative Jesu ab, Moment für Moment. Wie es eben auch in Wirklichkeit für einen jeden von uns ist. Aber die Erfahrung des Paulus ist – von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet – von einer einzigartigen Dramatik und Schönheit.

Ich lese nun eine Passage, die mir schon zu meiner Zeit im Seminar ein großer Trost war. Sie stammt aus dem Zweiten Brief an die Korinther 12, 7 ff. Damals beeindruckten mich die Worte; heute hat der Lebensweg dank seiner Gnade und seiner erneuerten Barmherzigkeit diese Worte Wirklichkeit werden lassen.
Der Zweite Brief an die Korinther ist für mich der schönste, weil es jener ist, in dem Paulus – wie er selbst sagt – sein ganzes Herz öffnet (2Kor 6, 11). Es ist der Brief, in dem Paulus angesichts der „Freundlichkeit und Güte Christi“ (2Kor 10, 1) beschreibt, wie er selbst ist, seine Wehrlosigkeit, seine Zerbrechlichkeit.
„Damit ich mich wegen der einzigartigen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gestoßen: ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe [diesen ‚Stachel im Fleisch‘, diese Schwachheit, diese Versuchung, wie Paulus sagt]. Dreimal habe ich [wegen dieser Leiden] den Herrn angefleht, dass dieser Bote Satans von mir ablasse [dass er dieses Leiden von mir nehme, diese Versuchung, diese Schwachheit]. Er aber antwortete mir: ‚Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit‘.“ Seine Kraft zeigt sich in ihrem ganzen Ausmaß in der Schwachheit.
Erlauben Sie mir eine kleine Richtigstellung eines Satzes, den ich vorhin in einem Schaukasten der Ausstellung über Paulus gelesen habe. Ich hätte nicht geschrieben, dass Paulus „stolz ist auf seine Schwachheit.“ Man kann nicht stolz sein auf die eigene Schwachheit. Der hl. Irenäus, der diese Passage des Zweiten Briefs an die Korinther kommentiert und dabei die Gnosis vor Augen hat (eines der wesentlichen Elemente der gnostischen Häresie ist die Nicht-Unterscheidung zwischen Gut und Böse, bis das Böse – was Hegel theorisiert – in Gott gesetzt und als von ihm kommend betrachtet wird), unterscheidet dabei sehr genau zwischen Schwachheit und Gnade. Die Schwachheit macht die Gnade offensichtlich. Wenn die Schwachheit angenommen wird, macht sie dieses Angenommenwerden besonders deutlich. Aber das Positive ist das Angenommensein, nicht die Schwachheit. In der Schwachheit, die zur menschlichen Natur gehört, wird das unentgeltliche Von-Jesus-Angenommenwerden noch deutlicher. Wenn ein Kind krank wird, haben es sein Vater und seine Mutter fast noch lieber, aber das Kranksein des Kindes ist natürlich keine Tugend. Es ist nur so, dass diese Schwachheit das Geliebtsein offensichtlicher macht. In einer Zeit, in der die Gnosis die kulturelle Mentalität der Welt hegemonisiert hat, ja oft auch die Kirche unseres Herrn, ist dieser Unterschied sehr wichtig! Die Schwachheit an sich ist keine Tugend. Die Schwachheit macht das Angenommensein offensichtlicher, wenn man angenommen ist, das Geliebtsein, wenn man geliebt ist. Sie macht die Unentgeltlichkeit des Geliebtseins offensichtlicher. Eine Sünde ist eine Sünde, und die Todsünde verdient die Hölle, wie es im Katechismus heißt. Doch als Jesus, nachdem er verraten wurde, Petrus anblickte (Lk 22, 61), machte dieser Blick die Liebe Jesu zum armen Petrus noch offensichtlicher.
„Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt.“ Die Schwachheit ist die Bedingung, aufgrund derer sich seine Kraft allen noch deutlicher zeigen kann.

<I>Porträt des Paulus</I>, El Greco, Casa y Museo de El Greco, Toledo.

Porträt des Paulus, El Greco, Casa y Museo de El Greco, Toledo.

3. Das Evangelium, das Paulus weitergibt
Zwei kurze Anmerkungen zur Verkündigung des Paulus.
Was verkündet Paulus? Vor allem, dass auch er etwas empfangen hat. Wie schön das doch ist! Paulus erfindet nichts, er verkündet das, was auch er empfangen hat.
Ich lese nun 1 Korinther 15, 1 ff. In diesen Versen ist die ganze Verkündigung des Paulus enthalten. Die ganze Verkündigung Jesu Christi.
„Ich erinnere euch, Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündet habe. Ihr habt es angenommen; es ist der Grund, auf dem ihr steht. Durch dieses Evangelium werdet ihr gerettet, wenn ihr an dem Wortlaut festhaltet, den ich euch verkündet habe. Oder habt ihr den Glauben vielleicht unüberlegt angenommen? Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf.“ Paulus verkündet das Zeugnis Jesu. „Das Zeugnis Gottes“ (1Kor 2, 1). Das Zeugnis, das Gott abgelegt hat, indem er Jesus von den Toten auferweckte. Das Zeugnis, das Jesus Christus darüber gegeben hat, auferstanden zu sein, als er sich den Jüngern zeigte. Dass sich der Auferstandene den von ihm erwählten Zeugen zeigt, ist Teil des Wesens der christlichen Verkündigung. Wenn er sich den Zeugen nicht gezeigt hätte, wenn er nicht selbst Zeugnis dafür abgelegt hätte, auferstanden zu sein, wäre das Zeugnis der Apostel etwas von ihnen Erfundenes gewesen.
Heinrich Schlier, der meiner Meinung nach der bedeutendste Exeget der Kirche des letzten Jahrhunderts ist, wurde nicht müde, diesen Umstand zu betonen! Jesus ist es, der Zeugnis ablegt über sich selbst, indem er sich sichtbar macht. Jesus selbst legt, indem er sich sichtbar macht, sich berühren lässt und mit ihnen isst, Zeugnis ab über die Realität seiner Auferstehung: „Thomas, schau und berühre mich mit deiner Hand“ (vgl. Joh 20, 27). „Visus est, tactus est et manducavit. Ipse certe erat / Er wurde gesehen, berührt, und aß. Er war es wirklich“, sagt Augustinus in einer Rede gegen die Gnostiker als Kommentar der Erscheinung des auferstandenen Jesus vor den Aposteln im Lukasevangelium (Lk 24, 36-49).
Jesus ist es, der, indem er sich sichtbar macht, Zeugnis dafür ablegt, auferstanden zu sein, lebendig zu sein. Das Zeugnis der Apostel ist ein Widerschein seines Zeugnisses. Das ist sehr wichtig! Das Licht der Kirche ist nur ein widergespiegeltes Licht. „Lumen gentium cum sit Christus / Christus ist das Licht der Völker.“ Die Kirche spiegelt sein Licht wider wie in einem Spiegel. Einer der schönsten Sätze des Paulus, der mir sehr am Herzen liegt , besagt: „Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt [der Widerschein Jesu ist wirksam: er ändert das Leben], von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, durch den Geist des Herrn“ (2Kor 3, 18).
Paulus verkündet das, was er empfangen hat, wofür also Jesus Christus selbst vor seinen Aposteln Zeugnis abgelegt hat.
Ein zweiter Verweis betrifft die Verkündigung des Paulus. Auch diesen wunderschönen Verweis lesen wir im Ersten Brief an die Korinther 2, 1 ff. Die Verkündigung Jesu trägt den Beweis ihrer Wahrheit in sich. Es geht nicht darum, uns zu zeigen, dass Jesus lebendig ist. Jesus selbst ist es, der sich, indem er sich zeigt und wirkt, als lebendig zeigt. Andernfalls mehren wir den Zweifel, und zwar nicht nur bei uns, sondern auch bei den anderen. Jesus ist es, der, indem er wirkt, sich also zeigt, zeigt, dass er lebendig ist. Die Demonstration der Wahrheit des Christentums ist das Wirken und das Sich-Zeigen Jesu in der Gegenwart.
Schlier hat diesbezüglich einen wunderschönen Ausdruck geprägt und gesagt, dass das Kerygma und die Gaben, das Kerygma und die Wunder ein einziges Ganzes formten. Und Paulus sagt das noch einfacher als der große Exeget: „Als ich zu euch kam, Brüder, kam ich nicht, um glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen, sondern um euch das Zeugnis Gottes zu verkündigen [das Zeugnis, das Gott gegeben hat]. Denn ich hatte mich entschlossen, bei euch nichts zu wissen außer Jesus Christus, und zwar als den Gekreuzigten. Zudem kam ich in Schwäche [wie schön ist das doch!] und in Furcht, zitternd und bebend zu euch. Meine Botschaft und Verkündigung war nicht Überredung durch gewandte und kluge Worte [er wollte nicht beweisen, dass Jesus wirklich war], sondern war mit dem Erweis von Geist [der Tatsache also, dass sich der auferstandene Jesus zeigt] und Kraft verbunden [seinem Handeln, seinem Sich-Zeigen], damit sich euer Glaube nicht auf Menschenweisheit stützte, sondern auf die Kraft Gottes“ (1Kor 2, 1-5).
Der Glaube kann allein auf die Kraft Gottes gegründet sein, also auf das Handeln Jesu, auf das Sich-Zeigen Jesu. Die Angst vor dem Tod überwindet man nicht (vgl. Hebr 2, 15) mit den Argumenten der Wissenschaft, mit unseren Reden. Die Angst vor dem Tod wird überwunden, wenn sich Jesus, der in der Gegenwart wirkt, als lebendig zu erkennen gibt. Jesus zeigt sich wirklich, lebendig, wenn er sich zeigt. Wenn er sein Wirken zeigt, wenn er seine Kraft zeigt. Schlier schreibt, dass das durch einen ganz ihm eigenen Beweis geschehe, den man als greifbare Realität erfährt.
<I>Paulus besucht Petrus im Gefängnis</I>, Filippino Lippi, Brancacci-Kapelle, „Santa Maria del Carmine“, Florenz.

Paulus besucht Petrus im Gefängnis, Filippino Lippi, Brancacci-Kapelle, „Santa Maria del Carmine“, Florenz.


Ich schließe mit den Worten, die Giovanni Battista Montini in seinen Notizen zu den Paulusbriefen niedergeschrieben hat, als er zwischen 1929 und 1933 als junger Priester in Rom wirkte: „Niemand ist sich mehr als er [Paulus] der Unzulänglichkeit der Menschen bewusst; niemand hat mehr als er das freie Wirken der Gnade des Herrn, unseres Retters, erkannt und herausgestellt, dass sie allein ausreichend, für uns notwendig ist.“ Das ist doch wunderschön! Frei: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt“ (Joh 15, 16). Allein ausreichend: „Meine Gnade genügt dir“ (2Kor 12, 9). Für uns notwendig: „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15, 5).
Und Montini fügt einen – bezüglich der erlittenen Demütigungen – bewegenden Satz an: „Er [Paulus] litt unter seinem Auftreten, das er als ‚contemptibilis‘ [armselig] empfand.“
Praesentia corporis infirma [schreibt er im Zweiten Brief an die Korinther, 10, 10] / Sein persönliches Auftreten ist matt / et sermo contemptibilis / und seine Worte sind armselig.“
„Er litt unter seinem Auftreten, das er als contemptibilis empfand. Er hat niederschmetternde Depressionen des Geistes erfahren.“
Diese menschliche Schwachheit des Paulus findet sich auch im Zweiten Brief an die Korinther 2, 12, wo er schreibt: „Als ich dann nach Troas kam, um das Evangelium Christi zu verkünden, und mir der Herr eine Tür öffnete [es war ihm also möglich, das Evangelium Christi zu verkünden], hatte mein Geist dennoch keine Ruhe, weil ich meinen Bruder Titus nicht fand. So nahm ich Abschied und reiste nach Mazedonien.“ Ohne den Trost der Gnade des Herrn, die sich auf dem Gesicht eines geliebten Menschen widerspiegelt, hat Paulus nicht einmal die Kraft, das Evangelium zu verkünden. Geliebt einzig aus Widerschein von Gnade.
Und weiter (2Kor 7, 5 ff): „Als wir nach Mazedonien gekommen waren, fanden wir in unserer Schwachheit [in unserem schwachen Menschsein] keine Ruhe. Überall bedrängten uns Schwierigkeiten: von außen Widerspruch und Anfeindung, im Innern Angst und Furcht.“
Wie wahr! „Die Kirche schreitet“, wie es in Lumen gentium heißt, „zwischen den Verfolgungen der Welt und den Tröstungen Gottes [auf ihrem Pilgerweg] dahin.“ In jener Passage von De civitate Dei, der dieser Satz entnommen ist, schreibt Augustinus, dass die Verfolgungen der Welt vor allem im Innern der Kirche ihren Ursprung haben. Auch weil die Verfolgungen der Welt vor allem unsere armseligen Sünden sind, die dem Herzen dessen, der von Jesus geliebt wird und der Jesus ebenfalls lieb hat, Kummer bereiten.
Paulus fährt fort: „Aber Gott, der die Niedergeschlagenen aufrichtet, hat auch uns aufgerichtet, und zwar durch die Ankunft des Titus – nicht nur durch seine Ankunft, sondern auch durch den Trost, den er bei euch erfahren hatte.“ Paulus, der in Troas nicht die Kraft gehabt hatte, das Evangelium zu verkünden, fühlt sich durch die Ankunft des Titus getröstet, weil ihm Titus von der Zuneigung berichtet, die ihm die Menschen in Korinth entgegenbringen.
„Wir wurden aber nicht nur getröstet, sondern darüber hinaus erfreut durch die Freude des Titus, dessen Geist neue Kraft gefunden hat durch euch alle“ (2Kor 7, 13). Weil es nicht genügt, sich an die Zuneigung in der Ferne lebender Menschen zu erinnern, wenn der Sprecher nicht selbst in der Gegenwart frohgemut, zufrieden ist.

Wenn ich mich zum Grab des Paulus in der Basilika St. Paul vor den Mauern in Rom begebe, um, auf Knien, zu beten, spreche ich dort immer denselben Hymnus: „Pressi malorum pondere, te, Paule, adimus supplices / Niedergedrückt von der Last vieler Widrigkeiten [vor allem der unserer armseligen Sünden] kommen wir zu dir, Paulus, mit unseren Bitten / […] quos insecutor oderas defensor inde amplecteris / [...] wir, die du einst als Verfolger hasstest und die du nun als Verteidiger annimmst.“ In diesem Angenommenwerden, in diesem Von-Jesus-Geliebtsein, auch durch die Freunde Jesu, dürfen wir sagen: „Freundschaft ist eine Tugend, Geliebtsein aber ist keine Tugend: es ist Glückseligkeit.“
Danke.


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