Startseite > Archiv > 11 - 2003 > Glaube, Wahrheit, Toleranz
RATZINGER
Aus Nr. 11 - 2003

Glaube, Wahrheit, Toleranz


Der ehemalige italienische Staatspräsident Francesco Cossiga stellte beim Meeting von Rimini das jüngste Buch von Kardinal Joseph Ratzinger vor. Lesen Sie hier seinen Beitrag.


von Francesco Cossiga


Titelbild des Buches von Joseph Kardinal Ratzinger Glaube, Wahrheit, Toleranz, an dessen italienischer Übersetzung (Verlag Cantagalli) unsere Redakteure Silvia Kritzenberger und Lorenzo Cappelletti mitgewirkt haben.

Titelbild des Buches von Joseph Kardinal Ratzinger Glaube, Wahrheit, Toleranz, an dessen italienischer Übersetzung (Verlag Cantagalli) unsere Redakteure Silvia Kritzenberger und Lorenzo Cappelletti mitgewirkt haben.

1. Die Ehre, gerufen zu sein, über das Buch Glaube, Wahrheit, Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen von Joseph Ratzinger zu sprechen, wurde nur von der großen Verantwortung übertroffen, mich mit den Teilnehmern am in Rimini stattfindenden Meeting der Freundschaft unter den Völkern über eine ungewöhnlich reiche und aktuelle Sammlung von Schriften zu unterhalten – alte und neue, einige davon brandneu, aber alle doch sehr aktuell, des großen Theologen, über gleichzeitig klassische und moderne Themen christlicher Theologie, die darüber hinaus mit alten und neuen Problemen der Philosophie und Geschichte der Religion, der kulturellen Anthropologie und auch der Politik verwoben sind und die alle von großer und – wie ich sagen würde – tragischer Modernität sind!
Es ist ein Buch, das uns wieder in das angeregte Klima theologischer Studien führt, von denen das 20. Jahrhundert geprägt war. Es ist das Beispiel für eine Theologie, die eine komplexe Sicht der Realität eröffnet: und daher könnte Joseph Ratzinger, wie schon im Fall des ebenfalls bedeutenden Denkers Romano Guardini, sicherlich einen Lehrstuhls für Katholische Weltanschauung innehaben, einen Lehrstuhl, der zur Zeit seiner Einrichtung gewiß als etwas Merkwürdiges erschienen sein muß und in der akademischen Welt wahrlich keine große Begeisterung ausgelöst hatte – wahrscheinlich auch aus dem Grund, weil nur wenige darauf hoffen konnten, ihn jemals innezuhaben. Heute besteht in der Tat großes Bedürfnis an Anschauungen dieser Art, die in aktueller und moderner, aber stets der Tradition und der Wahrheit treuer Form, das Phänomen der christlichen Existenz verständlich machen und gleichzeitig dieser Existenz eine Einheit wiedergeben, die ihr weitgehend von der sogenannten modernen Kultur entzogen worden ist.
Wie oft stoßen wir auf theologische Arbeiten, die vielleicht von einem spezialistischen Gesichtspunkt ganz gut sind, aber keinen Wert besitzen im Sinne einer Gesamtschau. Auch hier bietet sich das bekannte Sprichwort an, nach dem man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht!

2. Warum hat man mich also gebeten, an diesem Treffen teilzunehmen, und warum ist mir darüber hinaus die nicht einfache Aufgabe im Rahmen des Meetings der Freundschaft unter den Völkern zugefallen, Frucht der Weitsicht und der Einfühlsamkeit von Comunione e Liberazione?
Aus zwei guten Gründen und einem schwachen. Der schwache Grund ist folgender: eine gewisse Qualität als Leser, jemand, der viel liest, und noch dazu Dilettant in Theologie, und zu diesem Ruf hat, ohne es zu wissen, Joseph Ratzinger selbst beigetragen!
Aber auch aus zwei guten Gründen: seiner Freundschaft und der jüngst zu dem mutigen und geschätzten Verlag Cantagalli angeknüpften, die aber bereits eine sehr starke ist, weil sie von einer großen Bewunderung und gemeinsamen intellektuellen Hoffnungen genährt wird, der die Veröffentlichung dieses Buches zu verdanken ist.

Francesco Cossiga bei der Vorstellung des Buches von Joseph Ratzinger, Glaube, Wahrheit, Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen, beim Meeting von Rimini.

Francesco Cossiga bei der Vorstellung des Buches von Joseph Ratzinger, Glaube, Wahrheit, Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen, beim Meeting von Rimini.

3. Das Buch, über das ich hier sprechen soll, ist ein schwieriges Buch, aber ein klares; treu zur wahren und festen Tradition und gleichzeitig auch extrem modern, wie man das vom Denken Joseph Ratzingers schon immer sagen konnte. Es ist sicher kein Buch, das man im Sessel sitzend lesen sollte, sondern am Schreibtisch, mit Stift und Notizblock zur Hand.
Heute muß man allen, vor allem aber den jungen Menschen bei dem helfen, was wir im Sinne Hegels als „Mühe des Erfassens“ bezeichnen könnten: also die Mühe zu denken, mit dem Verstand zu konstruieren, Gedankengänge zu entwickeln.
Allzu oft ersetzt ein gewisser – manchmal als Spiritualität oder gar als Mystizismus ausgegebener – Sentimentalismus das, was aus dem geistigen Horizont des gläubigen Christen nicht wegzudenken ist: den Gebrauch der Vernunft. Es hat fast den Anschein, als wäre die Botschaft, die ja über die Vernunft läuft, eine kalte, als könne sie das Herz nicht erreichen. So als ob das Herz in einem nicht mit einem Verstand ausgestatteten Leib wohnte und nicht von ihm getrennt wäre! Ebenso wie darüber hinaus der Verstand, in einem mit einem Herzen ausgestatteten Leib, nicht von diesem getrennt werden kann. Es darf nicht so sein, weil es nicht so ist! Es wäre keine schlechte Idee, ab und zu Thomas von Aquin, Augustinus und Pascal zu lesen!

4. Es ist auch ein Buch von großer, dramatischer Aktualität, das ich nicht nur für notwendig, sondern für providentiell halte – ganz besonders angesichts gewisser „postkonziliärer Modernismen“, die – durch ein Übermaß an Semplifizierung oder vielleicht auch ein Übermaß an „Liebe“, die nicht mit dem nötigen theologischen Wissen einhergeht oder nicht von der Kardinaltugend der Vorsicht „bemessen“ ist – konfuse theoretische oder praktische Wege geschaffen und Verwirrung gestiftet haben... Und zur Verwirrung können eben gewisse Wege führen, beispielsweise in Sachen „Ökumenismus“, „Dialog zwischen den Religionen“, Beziehung zwischen Philosophie und Glauben, zwischen Glauben und Religion, zwischen Religion und menschlicher Kenntnis, zwischen Monokulturalismus, Interkulturalismus und Plurikulturalismus, wenn man sich nicht in der Tradition verankert fühlt, in der Lehre der Kirche, im christlichen Denken der Kirchenväter, in den mehr als aktuellen John Henry Newman und Antonio Rosmini.

5.. In Wahrheit sind diese Probleme auch einigen falsch verstandenen, wenn auch großzügigen und von Enthusiasmus getragenen, „Gebetsversammlungen“ erwachsen, sowie einigen nicht wahrgenommenen sentimentalen Reaktionen auf Dokumente wie Fides et ratio, die Dominus Iesus, das Dokument über die moralischen Pflichten der Katholiken in der Politik und, schließlich, dem über die Eucharistie.

6. Das Buch von Joseph Ratzinger ist auch hinsichtlich eines Problems erleuchtend, das die oberflächliche und, vielleicht, nicht weitblickende und linguistisch nicht aufmerksame Lektüre der Konzilsdokumente in Sachen Ökumenismus, Toleranz, universales Heil, gewissermaßen im Widerspruch entstehen ließ zu der der Kirche von Christus aufgetragenen apostolischen Missionssendung, die zu recht auf der Ausschließlichkeit und Vollständigkeit der Offenbarung und Seiner Erlösergestalt beruht: Jesus von Nazareth.

7. Als „progressiver“ Katholik, wie man in meiner Jugendzeit zu sagen pflegte, als „wütender Konziliarist“ habe ich mich dann – zugegeben! – vielleicht kühn gefragt, ob, von ihrem „providentiellen“ Wert natürlich einmal abgesehen, die philosophische und theologische Kultur nicht nur des Laientums, sondern und vor allem des Klerus, bereit wäre, die, auch prophetischen Botschaften des II. Vatikanischen Konzils aufzunehmen, und zwar ohne gefährliche Mißverständnisse und abenteuerliche Versuche einer „Flucht nach vorn“. Man denke nur an die Befreiungstheologie und, im liturgischen oder ökumenischen Bereich, an gewisse Fehlinterpretationen, Verzerrungen, Gedankenlosig- oder Oberflächlichkeiten.
Es gibt da in der Tat einen Irrtum, den die Befreiungstheologie mit einer gewissen liturgischen Theologie gemeinsam hat, und der dazu tendiert, der Versammlung der Gläubigen, Klerus und Laien, den Vorrang zu geben vor der persönlichen, vikarischen Funktion Christi, die gerade als solche durch kein Subjekt ersetzt werden kann, auch nicht von einer – mit Gitarren- und Tamburinklang singenden – Versammlung!
Dasselbe gilt für die Befreiungstheologie, wo das historische, und allenfalls auch politische Projekt vorherrscht oder sich mit der Gestalt und der Realität des Reiches Gottes – was noch schlimmer ist! – identifiziert.
Das alles sind Formen, die fast schon den Irrtum des Pelagianismus wiederholten: den, den Menschen für fähig zu halten, allein, aus eigener Kraft, sein Heil zu bewirken. Diese Ängste müssen in einer doppelten Richtung überwunden werden: einer soliden Theologie der Gnade gratis data und einer nicht weniger soliden Übernahme, seitens des katholischen Gläubigen, der Verantwortung vor der Welt, wie es verlangt wird vom „erwachsenen Christen“ von der Lektion des großen protestantischen Märtyrers, des lutheranischen Pastors Dietrich Bonhoeffer.

Auf diesen Seiten, Glasfenster des Regensburger Doms (12. Jh.). Links, die Anbetung der Könige, rechts, die Flucht nach Ägypten.

Auf diesen Seiten, Glasfenster des Regensburger Doms (12. Jh.). Links, die Anbetung der Könige, rechts, die Flucht nach Ägypten.

8. Das Buch von Joseph Ratzinger ist fast schon eine summa gesunder und moderner Lehre dafür, sich diesen Probleme stellen zu können, die die Kirche bereits heute, mehr aber noch morgen, angehen muß: die Kirche, die wir alle sind! In meiner leichten – wenn auch weitgehend unschuldigen! – Unbescheidenheit, war ich so unverfroren, Joseph Ratzinger und meinem Freund Cantagalli zu raten, eine Neuausgabe des Buches herauszugeben: Produkt einer neuen Zusammensetzung der verschiedenen, darin enthaltenen Beiträge, um es systematischer und homogener zu gestalten.

9. Es liegt gewiß nicht in meiner Absicht, hier den reichen Inhalt des Buches zusammenzufassen – was nicht nur den möglichen Rahmen, sondern auch meine Fähigkeiten übersteigen würde –, und das auch wegen seines Umfangs und seiner Tiefe. Ich werde mich also bei dem aufhalten, was mich an dem Buch am meisten beeindruckt, am meisten getröstet hat.

10. Angesichts des „Liebäugelns“ kühner Denker, denken wir vor allem an den gebildeten und frommen Pater Dupuis SJ, mit der orientalischen Spiritualität und besonders mit der hohen Ausprägung, die der große religiöse und politische Denker Radhakrishnan davon gibt, drängt sich die absolute Aussage auf, daß Jesus Christus die einzige reale und definitive Rettung des Menschen ist. Gewiß, das heißt nicht, daß man leugnet, daß in den anderen Religionen ein – auch strahlender – Schimmer des Lichts und der Wahrheit wahrgenommen werden kann – und das natürlich in unvergleichlich größerer und ganz besonderer Weise im Judentum; aber, wenngleich unterschiedlich, auch in anderen Gemeinschaften, in anderen „Religionen“: denn der erste Bund Gottes mit Noah war sicher noch nicht der Bund mit einem auserwählten Volk, sondern mit allen Völkern, und daher sind alle Menschen in Jesus Christus seine Begünstigten, wie Paulus von Tarsus so bewundernswert und treffend lehrt.
Indem man dem allmächtigen Gott die außergewöhnlichen Wege der Gnade überläßt, gibt es also nur und allein in der Kirche Heil; wenn der Heilige Geist auch gewiß über ihre sichtbaren Grenzen hinaus Gnade und Heil spenden kann. Die Position Joseph Ratzingers ist, im Sinn des oben gesagten, eine Position, die eben die Freiheit des Geistes mit dem Auftrag und der Berufung der Kirche in der Realität der Offenbarung in Einklang einbringt.

11. Sehr wichtig sind die Worte, die Joseph Ratzinger über die „religiösen Wege“ geschrieben hat.
Zwei sind die von den großen Religionen angegebenen „Wege“: der „mystische“ und der „monotheistische“. Laut letzterem ist der Weg des Heils der Weg der von Gott dem Menschen geschenkten Gnade; laut dem ersten ist es der Weg des Menschen zu Gott hin, aber im Menschen selbst...
Ein ähnliches Problem ist das der Beziehung zwischen Glaube und Vernunft. Die Vernunft führt zu einem Gott, der natürlich der wahre Gott ist, aber die Offenbarung ist es, die uns den absolut und vollendet wahren Gott erkennen läßt.
Der Glaube wird weder aus einer einfachen Überlegung secundum naturam geboren, noch aus einer mystischen Intuition, sondern aus historisch konkreten und beim Namen genannten Ereignissen: Gott und Noah, Gott und Abraham, Gott und Moses: und, in erschöpfender Weise, dem Vater, dem Sohn (Christus) und dem Heiligen Geist, der Erfüllung der Offenbarung in der barmherzigen und unentgeltlichen Erlösung!

Der Mensch erforscht mit der Vernunft das Geheimnis, weil ihm die Sehnsucht nach diesem Geheimnis als Unterpfand des Glücks in die Natur geschrieben ist: aber die volle Erkenntnis des Geheimnisses ist allein Gabe Gottes!
Und ich habe mir immer das Problem gestellt, ob das „credo ut intelligam“ nicht über den „intelligo ut credam“ überwiegt!

12. Und Jesus, Christus, ist der fleischgewordene Logos, war nicht nur, sondern ist Fleisch! In Ewigkeit! Und „Fleisch“ ist unser Sein und unser Verstand, für immer.
Daher gewiß die Legitimität und die Pflicht der höchsten rationellen Suche, der Philosophie. Und großen Wert haben hier die mutigen Intuitionen und Schlussfolgerungen von Joseph Ratzinger: die Unzulänglichkeit der sogenannten „Neoscholastik“ dabei, die sogenannten Voraussetzungen des Glaubens zu beweisen und die Zugehörigkeit zur wahren Philosophie nicht nur des Augustinus und des Thomas von Aquin, sondern auch des Pascal und des Kierkegaard, des Gilson und des Rosmini: und auch anderer großer jüdischer Denker wie Buber und Levinas. An die Liste der Fides et ratio hätte er, Joseph Ratzinger, gerne noch zwei andere große Denker angefügt, Max Scheler und Bergson, Männer des Glaubens, letzterer auf der Schwelle der Kirche.
Und wenn Christus einen Leib hat, dann hat er ihn vor allem in der Zeit und in der Geschichte: und die „volle“ Geschichte ist folglich auch und vor allem Erlösungsgeschichte.
Und wenn Christus einen Leib hat, im Bezug zu Christus und zum Glauben, ist der spirituellste Teil des natürlichen Leibes der Menschheit die Kultur, verstanden als Gesamtheit von Werten und Erkenntnissen, die unter den Werten und mit den Werten in der zeitlichen Geschichte der Völker reifen.

Das Christentum kann gewiß nicht monokulturell sein: es kann aber nicht in alle Kulturen inkarniert werden, sondern nur in die Kulturen, die ihren Konsens geben.
Sicher nicht Joseph Ratzinger, sondern ich bin eher ein „Okzidentalist“, und nicht so sehr im Sinne von „eurozentrisch“, sondern „euroindoasiatisch“.
Und so glaube ich, daß, da „Religionen“ Teil von Kulturen sind, die Kultur, in der meiner Meinung nach das Ereignis am besten und vollkommen, historisch und gedankenmäßig, menschlich ausgedrückt wird, sicher die dem hellennischen Stamme aufgepfropfte jüdisch-christliche Kultur ist, also die europäische!
Und so kommt es, daß ich, mit dem Protestanten Novalis, an eine Kirche ohne Europa denken kann (obwohl er, ein Lutheraner, ganz und gar nicht so dachte!), aber ich kann gewiß nicht an ein Europa ohne die Grundlage der christlichen Kultur denken!
Wessen Erbe in unserem Westen sind die Welt als Schöpfung, der Mensch als Person und das menschliche Geschick als Geschichte, die nicht zyklische, sondern einmalige, dem Heil zustrebende Geschichte ist?
Sind es absolut grundlegende Konzepte, auf denen Jahrhunderte von Geschichte des Denkens, der Kultur und auch der Institutionen aufgebaut sind, oder nicht?
Und wurden sie etwa nicht von den christlichen Wurzeln hervorgebracht?

13. Unter den vielen von Joseph Ratzinger behandelten Themen ist noch ein letztes, auf das ich hinweisen möchte. Eines, das mich sehr beeindruckt hat. Der Glaube an die Wahrheit: ist eine exklusive Wahrheit mit der „Toleranz“ kompatibel? Hier kommt die konziliäre Erklärung zur Religionsfreiheit ins Spiel, Dignitatis humanae.
Vielleicht haben wir Katholiken zu spät erkannt, daß sich die Religionsfreiheit des Bürgers nicht nur auf Prinzipien der Rechtsgleichheit und Laizität des Staates gründet, sondern auch und vor allem auf das christliche Konzept des Glaubens und der Rettung, was freie Annahme des Gottes ist, der uns auf dem Weg der Gnade für die Rettung entgegenkommt, Rettung, die nicht ohne Freiheit rettet!
Ohne Freiheit kann es keinen wahren Glauben, also Heil, geben, weder für die Christen noch für irgendeinen Menschen. Denn die Liebe wird geschenkt, nicht aufgedrängt; wird einander gegeben, nicht erduldet.
An dieser Stelle endet mein gewiß nicht vollständiges Denken und Schreiben. Sicher, Joseph Ratzinger vorgestellt von Francesco Cossiga ist eine recht bescheidene Sache!
Aber ich hoffe, Sie doch wenigstens dazu angeregt zu haben, sich in einen Stuhl zu setzen, mit einem Bleistift in der Hand und dem ein oder anderen Blatt Papier, um beim Lesen von Glaube, Wahrheit, Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen Notizen machen zu können (und ich würde Ihnen noch etwas empfehlen...: wie wäre es mit etwas Kerzenlicht?).
Und zögern Sie nicht, mit dem Bleistift Textstellen in dem Buch zu unterstreichen! In dem Buch nichts zu unterstreichen ist wie einen Menschen, den man liebt, nicht zu umarmen!
Ein Geständnis möchte ich Ihnen noch machen (was mir hier, in der Ruhe und Geborgenheit eines Krankenhauszimmers leichter fällt): als ich das Buch gelesen habe, hatte ich das Gefühl, eine Luft zu atmen, die ich bereits eingeatmet und gespürt hatte, wie ein mir bereits bekanntes Parfüm! Und ich mußte an folgende herrliche Worte des Christen Blaise Pascal denken, die ich Ihnen an dieser Stelle gerne vorlesen möchte:
„Jahr der Gnade 1654, Montag, 23. November, Festtag des heiligen Papstes Klemens und anderer im Martyrologium, Vorabend des Festtages des heiligen Märtyrers Grisogonos und anderer, von 10.30 Uhr bis 00.30 Uhr. Feuer. Des Gottes Abrahams, des Gottes Isaaks, Gott des Jakob, nicht der Philosophen und der Gelehrten, Stärke, Freude, Frieden, Gott Jesu Christi, Deum meum et Deum vostrum. Der Deine wird mein Gott sein, man findet ihn nur durch die vom Evangelium gelehrten Wege, ‚Größe der menschlichen Seele. Gerechter Vater. Die Welt hat dich nicht erkannt, und auch ich habe dich nicht erkannt, der ich nicht auf ewig von Ihm getrennt sein darf, unter Freudentränen habe ich mich von Ihm getrennt: dereliquerunt me fontem aquae vivae, du wirst mich nicht verlassen: das ist das ewige Leben: daß sie dich einzigen Gott erkennen, den, der Jesus Christus gesandt hat‘: ‚Ich habe mich von ihm getrennt, bin vor ihm geflohen, habe ihn verleugnet, habe ihn gekreuzigt: auf daß ich nicht von ihm getrennt werde, man behält ihn nur durch die vom Evangelium gelehrten Wege, in Freude über die Ewigkeit, für einen Tag der Übung auf Erden...‘.“


Italiano Español English Français Português