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Aus Über die Auferstehung...

Über die Auferstehung Jesu Christi



Vorwort von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI.


Ich begrüße es, daß 30Giorni dem italienischen Publikum das kleine Buch zugänglich gemacht hat, das Heinrich Schlier 1968 in dem von Hans Urs von Balthasar gegründeten und geleiteten Johannes Verlag über die Auferstehung Jesu veröffentlicht hat – in dem Augenblick, in dem in der katholischen Theologie die im protestantischen Raum in verschiedenen Variationen seit langem zirkulierenden Theorien als etwas Neues und als eben errungene sichere wissenschaftliche Erkenntnis dargestellt wurden, wonach Jesus „ins Kerygma hinein auferstanden“ sei (so die Formel Bultmanns) oder Auferstehung nichts anderes bedeute als die Erkenntnis der Jünger, daß „die Sache Jesu weitergehe“ (so W. Marxsen). Schlier war ein herausragender Schüler von Rudolf Bultmann. Zur Verwunderung des Meisters konvertierte er im Jahr 1953 zur katholischen Kirche und sagte über diese seine Konversion, sie sei auf eine durchaus protestantische Weise zustande gekommen, nämlich durch seinen Umgang mit der Schrift. Schlier ist zeitlebens Bultmann dankbar geblieben für alles, was er über den Umgang mit den biblischen Texten bei ihm gelernt hatte, und er blieb auch sein Leben lang eng dem philosophischen Denken von Martin Heidegger verbunden. So hören wir hier einen Meister der Exegese, der die Probleme der Moderne nicht nur von außen kannte, sondern in ihnen groß geworden war und im Ringen damit seinen Weg gefunden hatte.
Für den heutigen Leser könnte es nützlich sein, die Lektüre des Buches mit den letzten zwei Seiten zu beginnen, in denen das Methodenbewußtsein des Verfassers in äußerster Knappheit, aber gerade so auch in größtmöglicher Präzision erscheint. Schlier war sich völlig bewußt, daß die Auferstehung Jesu von den Toten ein Grenzproblem für die Exegese ist, bei dem freilich nur besonders deutlich wird, daß die Auslegung des Neuen Testaments, wenn sie zum Kern der Sache kommen will, immer mit Grenzproblemen zu tun hat. Der Auferstehungsglaube der neutestamentlichen Schriften stellt den Exegeten vor eine Alternative, die ihn zur Entscheidung fordert. Er kann die in der Historie zur Weltanschauung gewordene Auffassung von der Gleichartigkeit aller Geschichte teilen, wonach nur das wirklich geschehen sein kann, was immer geschehen könnte. Dann muß er die Auferstehung als Ereignis ablehnen und zu klären versuchen, was dahinter steckt – wie es zu solchen Vorstellungen kommen konnte. Oder aber er kann sich von der Evidenz eines den Ereigniszusammenhang durchbrechenden Phänomens überwältigen lassen und dann versuchen zu verstehen, was es damit auf sich hat. Das ganze kleine Buch von Schlier zeigt letztendlich einfach dies: daß die Jünger sich von einem sich ihnen zeigenden Phänomen, von einer für sie unerwarteten, zunächst auch unverständlichen Wirklichkeit überwältigen ließen und daß der Auferstehungsglaube aus dieser Überwältigung kam, also aus einem ihrem Denken und Wollen vorausgehenden, ja es umstürzenden Widerfahrnis. Wer das Buch von Schlier liest, wird sehen, daß es dem Verfasser wie den Jüngern ergangen ist: Er ist selbst ein „von der Evidenz eines sich unbefangen von sich selbst her zeigenden Phänomens“ Überwältigter – das heißt ein Glaubender, aber einer, der mit Verstand glaubt. Sein ganzer Weg ist ein solches Sich-überwältigen-Lassen durch den ihn führenden Herrn gewesen. Schlier ebnet das Phänomen der Auferstehung nicht banal ins Gewöhnliche eines normalen Faktums ein. Die Einzigartigkeit dieses Vorgangs, die sich in der Eigenart der Berichte spiegelt, wird in seinem Buch ganz offenkundig. Es ist nicht ein Ereignis wie jedes andere, sondern ein Ausbruch aus dem, was gewöhnlich sich als Geschichte zuträgt. Von daher rührt die Schwierigkeit sachgerechter Auslegung; von da aus begreift man auch die Versuchung, das Ereignis als Ereignis aufzuheben und als geistigen oder existenziellen oder psychologischen Vorgang umzudeuten. Obwohl Schlier – wie gesagt – das Besondere, für uns letztlich Unfaßbare der Auferstehung voll in seiner Besonderheit beläßt, hat er doch – dem Zeugnis der Texte und der Evidenz jenes Anfangs getreu – ganz klar daran festgehalten, daß es das „Unumkehrbare und nicht Reduzierbare von ‚Auferstehungserscheinung‘ – ‚Kerygma‘ – ‚Glaube‘“ in dieser Abfolge und nur so gibt – daß Auferstehung „ein Ereignis, das heißt ein konkretes geschichtliches Geschehen“ meint, oder noch einmal anders gesagt, daß „das Wort derer, die den Auferstehenden sehen – das Wort eines die Zeugen überwindenden Ereignisses war“.
Weil die Versuchungen von 1968 heute genauso aktuell sind wie damals, ist dies auch heute ein hilfreiches Buch, dem ich viele Leser wünsche.


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